Verbändereport AUSGABE 6 / 2010

Geschäftsführer, Verbandsmanager, Führungskraft

Plädoyer für ein hauptamtliches Führungsprofil in Verbänden

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Der folgende Artikel ist die Fortführung des Themas Mitarbeiterprofil Verbandsarbeit aus Ausgabe 05/2009 des Verbändereport und fokussiert auf das Profil hauptamtlicher Führungskräfte in Verbänden. Ausgehend von der These, dass es einen deutlichen Bedarf für eine Definition des Profils von Geschäftsführern in Verbänden gibt, wird der methodische Ansatz für ein solches Profil begründet und der praktische Nutzen und Mehrwert eines Geschäftsführerprofils skizziert. In einem zweiten Teil wird an ausgewählten praktischen Beispielen gezeigt werden, wie ein solches Profil erstellt werden kann und wie es konkret aussehen könnte.

Beginnen wir mit zwei Impressionen aus dem Verbändeleben: Die erste – eine kurze Szene bei einer After-Job-Party der Wirtschaftsförderung einer beliebigen Stadt: „Was machen Sie denn so beruflich? Geschäftsführer in einem Verband? Aha … Und was machen Sie sonst noch?“

Die zweite – aus dem Innenleben der Verbändewelt: Zwei Verbandsgeschäftsführer begegnen sich bei einer Veranstaltung, gesprächsweise tauschen sie sich über die Arbeit in der Geschäftsstelle aus. Man spricht über die Anforderungen an Mitarbeiter und die entsprechenden Qualifikationsprofile, dann über die Zusammenarbeit mit dem ehrenamtlichen Vorstand. Schnell wendet sich das Gespräch so der eigenen Situation zu: z. B. dem schwierigen Spagat zwischen Weisungsgebundenheit und eigener professioneller Kompetenz. Praxistipps werden ausgetauscht, vorsichtige Eingeständnisse frustrierender Erlebnisse oder unbefriedigender Kooperation folgen, am Ende sind sich beide einig, dass das Aufgabenfeld, die Position und die Kompetenz von Geschäftsführern im Verband einer ganz anderen Wahrnehmung und Würdigung bedürften. Am nächsten Tag geht es zurück in den verbandlichen Alltag, der unmittelbaren Handlungs- und Reak-tionsbedarf generiert, und es bleibt bei der ein wenig bedauernden Feststellung „es wäre schön, wenn … aber …“.

Was zeigen diese beiden Schlaglichter? Sie sind als Belege dafür zu lesen, dass es einen deutlichen Bedarf an einem „Berufs-Bild“, einen Bedarf für eine Definition des Profils von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern in Verbänden gibt. Diese Notwendigkeit eines Geschäftsführerprofils und der methodische Ansatz für ein solches Profil sollen hier etwas ausführlicher begründet sowie Nutzen und -Mehrwert eines Geschäftsführerprofils skizziert werden, um damit die Grundlage für eine beispielhafte, praktische Ausarbeitung eines Geschäftsführerprofils zu legen.

Warum ein Anforderungsprofil für Verbandsmanager?

Für die Sinnhaftigkeit eines Geschäftsführerprofils lassen sich drei Argumente anführen, ein praktisches, ein theoretisches und ein verbandsspezifisches Argument. Vorausgeschickt sei, dass in diesen Ausführungen „Geschäftsführer“ den hauptamtlichen, in der Regel angestellten Geschäftsführer in einem Verband meint, also eine Funktion, die nicht nur die formale Geschäftsstellenleitung beinhaltet, sondern auch tatsächlich geschäftsführende Tätigkeiten im Sinne einer operativen Leitung des Verbandes.

Das praktische Argument

Diese Begründung knüpft an das eingangs geschilderte zweite Beispiel an. Die ganz konkrete Alltagserfahrung von Geschäftsführern zeigt, dass dieser Personenkreis aufgrund seiner besonderen Position an der Schnittstelle zwischen Haupt- und Ehrenamt einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf: Geschäftsführer sind in der Regel „weder Fisch noch Fleisch“, das heißt, sie sind weder in einer eindeutigen Führungsposition (da sie einen in der Regel ehrenamtlichen, übergeordneten Vorstand haben) noch sind sie „Mitarbeiter“ in dem Sinne, wie es die sonstigen hauptamtlichen Mitarbeiter der Geschäftsstelle sind. Sie haben also ein „Zugehörigkeitsproblem“, das sich unmittelbar in den ihnen zugeordneten Aufgaben und Tätigkeiten niederschlägt und von einer klaren Profil-Definition profitieren würde – ganz abgesehen davon, dass die erwähnte „Schnittstellen-Position“ die „Einsamkeit der Führungskraft“ vielleicht noch stärker als in anderen Wirtschaftsbereichen betont, da Geschäftsführer bei einer durchschnittlich geringen Geschäftsstellengröße in der Regel Einzelkämpfer sind und kein geschäftsführendes Team an ihrer Seite haben.

Geschäftsführer (und natürlich auch am Thema interessierte ehrenamtliche Führungen) behelfen sich selbst und sich untereinander in diesem Dilemma in der Regel mit einer praxisorientierten Definition und Fortschreibung ihrer Aufgaben und Kompetenzen. Es existiert quasi eine „oral history“-Definition des Geschäftsführer-Profils; die geschäftsführende Tätigkeit definiert sich über geübte Praxis und den Austausch unter den Akteuren. Hier wäre eine Systematisierung und Strukturierung hilfreich, damit nicht jeder Verband das Rad immer wieder neu -erfinden muss und damit Transparenz über Verbandsgrenzen hinweg entsteht. Ein zusätzlicher Aspekt ist, dass es im Zuge der zunehmenden Professionalisierung von Verbänden (s. u.) unter Geschäftsführern einen geäußerten Bedarf an Auseinandersetzung mit der Führungsrolle und an Weiterqualifizierung gibt. Ein Geschäftsführer-Profil könnte hier Grundlage für ein entsprechendes Angebot sein.

Das theoretische Argument

Zwischen Wissenschaft und Verbandspraxis lässt sich eine „Lücke“ beobachten, was die Eigenart und das Profil von Verbandsgeschäftsführungen angeht. Es gibt zwar auf dem Gebiet der NPO, also zu einem Ausschnitt im Verbände-Spektrum, einiges an Forschung und Auseinandersetzung mit dem Thema Führung, aber speziell zu den Themen Verbände und Führung und zu Praxis der Führungskräfte in Verbänden wurde offenbar wenig geforscht. Anders formuliert: Die Lücke zwischen Forschung/Theorie und Verbands-Führungs-Praxis wurde bisher nicht immer in zufriedenstellender, also strukturierter und systematischer Weise geschlossen, während es durchaus Darstellungen zum verbandlichen Personalmanagement allgemein gibt.

Im Vorfeld der Auflage neuer Studiengänge in diesem Bereich gibt es einige Forschungsberichte, die vom Ansatz her für ein Geschäftsführer-Profil nützlich sein können. So hat Bettina Hohn die Ergebnisse eines Forschungsprojekts Berufsfeldanalysen und Kompetenzentwicklung im Non-Profit-Management dargestellt (Verbändereport 6/2009), die dann in einen entsprechenden Studiengang mündeten. Allerdings sind diese Projekte naturgemäß eher auf potenzielle Ausbildungsinhalte und zudem oft auf Ausschnitte der möglichen Tätigkeitsfelder bezogen und erheben daher auch nicht den Anspruch einer vollständigen Beschreibung eines Geschäftsführerprofils.

Beispiele aus der Fachliteratur zeigen, dass man sich in der Regel eher auf das „Wie“ von Führung in Verbänden konzentriert und das „Wer“ weniger im Vordergrund steht. Stephan Kohler bezieht sich in seinem Artikel Human Ressource Management im Verband (Verbändereport 5/2009) auf das Freiburger Management-Modell und macht grundlegende Aussagen zu allen Facetten des Personalmanagements in Verbänden, ohne spezifisch auf die Rolle und das Profil des hauptamtlichen Geschäftsführers abzuheben. Einschlägige Fachbücher zum Beispiel zur strategischen Führung in NPO beschränken sich auf eine Darstellung der Begründung für diese Form der Führung oder gehen allenfalls kurz auf die Führungspersönlichkeit im Hauptamt und das Geschäftsführerprofil ein.

Verbände sind besonders – und auch ihre Führung(en)!

Anschließend an Letzteres geht es in diesem Abschnitt um das dritte, das verbandsspezifische Argument: In der Welt der Verbände, welchen Typs sie auch immer sein mögen, ist generell eine Tendenz zur „Entbürokratisierung“ festzustellen, eine Entwicklung weg von verwaltungsähnlichen Strukturen mit einem entsprechenden Selbstverständnis und einer damit zusammenhängenden öffentlichen Wahrnehmung dieses Teils des dritten -Sektors hin zu einer stärkeren Professionalisierung der Organisationen und der in ihr tätigen Menschen. Verbände verstehen sich heute – zumindest in Teilbereichen – fast als Wirtschaftsunternehmen und verwenden aus diesem Bereich entlehnte Management- und Führungsmethoden.

Das Image von Verbänden allgemein und von Verbandsgeschäftsführern im Besonderen hat aber mit dieser aktuellen Entwicklung nicht immer Schritt gehalten. Nach wie vor verdeckt die ungute und undifferenzierte Lobby-Kritik eine Wahrnehmung des gesellschaftlichen Beitrags und der notwendigen Arbeit von Verbänden. Das „gesamtgesellschaftliche Wissen“ darüber, was Verbände eigentlich tun und worin die Arbeit der hauptamtlichen Verbandsführungen besteht, ist eher gering und zu großen Teilen veraltet. Marcus Stumpf, Professor für Marketing und Relationship Management an der Fachhochschule Salzburg, hat beim 12. Deutschen Verbändekongress berichtet, dass bei einer Absolventenbefragung nur sieben Prozent der Absolventen sich eine Tätigkeit in einem Verband vorstellen konnten. Auch dies ist als Hinweis auf die Notwendigkeit einer „Öffnung durch Öffentlichkeitsarbeit“ von Verbänden und ihren Protagonisten zu lesen, oder, am Beispiel der Geschäftsführer formuliert: Wer in seiner Rolle und Bedeutung (besser) wahrgenommen werden möchte, muss sich selbst wahrnehmbar machen. Ein Instrument hierfür ist die Positionierung durch ein spezifisches Profil „Geschäftsführer im Verband“.

Ein Faktor, der mangelndes Wissen und problematisches Image mit verursacht, liegt in ebender eigentlich positiven Entwicklung der Professionalisierung begründet. Im Prozess der Angleichung der Verbändewelt an die Unternehmenswelt als Folge der Professionalisierung der Verbandsarbeit und der Verbandsführungen werden tendenziell eher Muster aus dem Unternehmensmanagement übernommen statt eigene Parameter entwickelt; das gilt auch für Personalmanagement in Verbänden. Als Folge daraus werden auch Anforderungen und Qualifikationen an Verbandsmanager mit den Management-Instrumenten der Unternehmenswelt, quasi „durch die Brille der Unternehmen“, definiert. Das heißt: Es gibt bisher keine oder wenig Versuche, das Profil von Geschäftsführern sozusagen „aus eigener Kraft“ mit dem Hintergrund des Alleinstellungsmerkmals von Verbänden gegenüber Unternehmen und Verwaltungen zu beschreiben.

Prinzipien, Modelle und Vorgehensweisen aus der Unternehmenswelt – beispielsweise aus den Bereichen BWL, VWL, Führung, Personalmanagement – können aber nicht immer 1:1 in die Verbändewelt übertragen werden, sondern müssen an die spezifischen Rollen und Anforderungen an Führungskräfte in Verbänden angepasst und es müssen auch eigene Standards und Instrumente entwickelt werden. Die Autorin plädiert daher für einen Perspektivenwechsel, also dafür, bewusst die Verbändewelt als Ausgangspunkt zu wählen, diese Welt mit ihren Parametern, Eckpunkten und Eigenheiten in den Blick zu nehmen, zu erfassen und zu beschreiben und in einem zweiten Schritt das Führungsprofil aus dieser Beschreibung abzuleiten.

Ein Bewusstsein über die Spezifika der Verbandsarbeit als Voraussetzung für ein Führungsprofil ist nur scheinbar eine Selbstverständlichkeit, denn in der Praxis zeigt sich oft, dass es sich eher um „gefühltes Wissen“ als um systematische Berücksichtigung dieser Spezifika in Geschäftsverteilungsplänen und Personalmanagement und um eine durchdachte Beschreibung eines Profils handelt.

Als erster Ansatz für ein Geschäftsführerprofil seien hier ­folgende Thesen vorgestellt:

  1. Für das Geschäftsführerprofil/das Profil des Verbands­managers gilt im Wesentlichen das Kompetenz-Spektrum, das auch für das generelle Mitarbeiter-Profil Verbands­arbeit gilt. Dieses leitet sich aus den besonderen Spezifika von Verbänden ab.
  2. Zusätzlich zeigen sich für Führungskräfte im Verband spezifische Anforderungen, die so weder in Unternehmen noch in Verwaltungen auftreten bzw. dort eine erheblich geringere Rolle spielen.
  3. Ein großer Teil dieser Anforderungen und Qualifikationsmerkmale ist in der „Doppel-Struktur“ von Verbänden begründet, die von Geschäftsführungen/Verbandsmanagern eine flexible „Wanderung zwischen zwei Welten“ verlangt. Die Berufswelt von Geschäftsführern ist, insbesondere durch die duale Führungsstruktur von Verbänden, von Polaritäten geprägt.
  4. Ein weiterer Teil der spezifischen Anforderungen hängt mit dem Phänomen des „virtuellen Verbands“ zusammen und erfordert eine besondere Ausprägung von „weichen“ Management-Techniken.

Zu These 1:

Die Autorin fasst hier die Ausführungen zu den wesentlichen Merkmalen von Verbandsarbeit (Verbändereport 5/2009) zu­sammen:

  • Verbandsarbeit ist „Beziehungsarbeit“ und Kontaktpflege (intern und nach außen gerichtet): Kunden-/Mitglieder­beziehungen, Lobby-Beziehungen, Netzwerk-Beziehungen
  • Verbandsarbeit ist Dienstleistungsarbeit (gegenüber Mitgliedern und Mitgliederinteressen, gegenüber Politik und politischer Administration)
  • Verbandsarbeit ist Dienstleistung im besonderen Feld: indirekte Leistungen, Problem der Quantifizierbarkeit und Messbarkeit, Lobbying
  • Verbandsarbeit ist Umgehen mit der Vielfältigkeit von ­„Orten“ im Beziehungsnetz und von Anspruchsgruppen
  • Verbandsarbeit ist größtenteils indirekte, „entpersönlichte“ Kommunikation im „virtuellen Verband“
  • Verbandsarbeit ist Arbeit unter der Bedingung von starker Fluktuation im personellen (v. a. ehrenamtlichen) Bereich
  • Verbandsarbeit ist vorrangig Organisation von Prozessen und weniger produkt- und ergebnisorientiert

Zu Thesen 2 und 3:

Die Beschreibung eines Geschäftsführerprofils und die De­finition der „Wertigkeit“ dieser Position müssen aus zwei Richtungen erfolgen: nach innen (innerhalb des eigenen Verbandes bzw. der Verbändewelt, also im Rahmen der Fachwelt) und nach außen (gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit, gegenüber Politik und politischer Administration und gegenüber (potenziellen) Mitarbeitern („Arbeitsmarkt“). Kriterium der Beschreibung der verschiedenen Anforderungen und Kompetenzen sind dabei die unterschiedlichen Anspruchsgruppen von und in Verbänden, von den Mitgliedern über die ehrenamtlichen Funktionsträger bis hin zum Verbandsumfeld. Die Polarität der Anforderungen als prägendes Merkmal des Tätigkeitsfelds (zum Beispiel Vermittlungsfähigkeit, Fähigkeit zum Interessenausgleich zwischen den Forderungen des Ehrenamts und den Bedürfnissen der Mitarbeiter der Geschäftsstelle) ist differenziert aufzuschlüsseln und die daraus hervorgehenden Qualifikationsanforderungen sind entsprechend zuzuordnen.

Als Führungsqualitäten in Verbänden sind besonders gefragt:

  • Handlungskompetenz im Schnittpunkt von vielfältigen Ansprüchen und Anspruchsgruppen
  • Dienstleistungsbewusstsein und Mitgliederorientierung
  • Souveränität und Selbstbewusstsein bzgl. der eigenen ­professionellen Kompetenz
  • Definition des Selbstverständnisses über die Identifikation mit den Verbandszielen

Geschäftsführer benötigen eine „mehrdimensionale“ fachliche Kompetenz, die über reine Branchenkenntnis oder zum Beispiel rein juristisches oder steuerliches Know-how weit hinausgeht, ­vielmehr sollten sie fachlich möglichst breit aufgestellt sein. Sie sind im Zuge der Professionalisierung der Verbände zu­nehmend als „Vertreter der Sache“ gefragt, die auch nach außen stärker auftreten; Führungskräfte in Verbänden müssen dasselbe Maß an Professionalität haben wie ihre externen Partner in Politik und politischer Administration. Führungskräfte benötigen darüber hinaus eine­ ­aktuelle Medienkompetenz, die bewusst auch die sogenannten Neuen Medien zu nutzen in der Lage ist (Stichwort Web 2.0), inklusive einer sozialen Integrationsfähigkeit (s. u.); dabei spielt auch eine Rolle, dass Geschäftsführer im Zusammenspiel mit dem Ehrenamt neue Entscheidungsprozesse und -strukturen etablieren müssen, um nach außen adäquat und zeitnah (re)agieren zu können – das erfordert auch eine stärkere Konsistenz der Verbandspolitik nach innen (so ­Hans-Werner Busch in einem Vortrag beim 12. Deutschen Verbändekongress).

Zu These 4:

Geschäftsführer und Verbandsmanager benötigen eine hohe Sozialkompetenz. Sie müssen über spezifische „verbands­taugliche“ Soft Skillsverfügen (zum Beispiel „Team-Tauglichkeit“ und Leitungskompetenz auch in nicht persönlich zusammenarbeitenden Arbeitsgruppen). Im Vorfeld zum neuen BA-Studiengang „Dienstleistungs-/Verbandsmanagement“ an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, der in Kooperation mit der DGVM zum Herbst 2010 aufgelegt wird, ist der Bedarf an Vermittlung von Soft Skills, so der Initiator des Studiengangs, Günter Käßer-Pawelka, vermehrt durch die dualen Partner-Firmen und -Verbände der Hochschule betont worden, gerade auch im Verhältnis zu den fachlichen Kompetenzen. Schlüsselqualifikationen im Zentrum sind beispielsweise Kommunikation, Einfühlungsvermögen, Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit. Die Zukunft gehört nicht der strikten hierarchischen Leitungsstruktur, sondern verstärkt der Teamarbeit als Arbeitsmodus innerhalb der Geschäfts­stellen und zwischen Haupt- und Ehrenamt.

Verbandsmanager sollten auf ein besonderes Rollenbewusstsein und ein spezifisches Rollen-Repertoire hin qualifiziert werden, mit dem Ziel der zielorientierten Führung nach innen.

Ausblick: Nutzen und Mehrwert eines Geschäftsführerprofils

Mit einer zunehmenden Professionalisierung, einer Beschreibung des Profils Verbandsmanager sowie dessen Kommunikation nach außen, also mit Werbung und Öffentlichkeitsarbeit und schließlich mit der Etablierung von dem Profil angepasster Ausbildung und Studium Verbandsmanagement und den daraus folgenden Bildungsstandards ließe sich

  1. sowohl ein Beitrag leisten zum Profilieren und Positionieren von „Verbandsarbeit als solcher“, das heißt zur angemessenen fachöffentlichen und öffentlichen Wahrnehmung dieses Sektors einer politikaffinen Gesellschaft (Zukunftssicherung für Verbände, Stärkung des Image von Verbänden),
  2. als auch insbesondere die Wertstellung und die Anerkennung von Geschäftsführern und Verbandsmanagern stärken und die Positionierung der Berufsgruppe in der Fachwelt und gesellschaftlich verbessern,
  3. in der Folge quasi eine allgemeingültige Vereinbarung über Kriterien und Eckdaten des Berufsfelds und damit auch eine „Öffnung“ des Arbeitsmarktes erreichen,
  4. auch Kriterien für die Bewertung der Leistung von Verbandsmanagern festschreiben, die dann z. B. ganz konkret auch in Gehaltsverhandlungen argumentativ einfließen könnten
  5. und den ehrenamtlichen Arbeitgebern Entscheidungshilfen für die Einstellung von Geschäftsführern geben.

„Entbürokratisierung“ und Etablierung eines eigenen Geschäftsführerprofils bedeutet für die Verbände auch Rückgang der Bedeutung von verwaltungswissenschaftlicher Herkunft; auch das früher oft übliche Hineinwachsen als „Branchengewächs“ aus dem Ehrenamt in die Geschäftsführung, der Aufstieg innerhalb der Organisation, ist nicht mehr so häufig anzutreffen. Geschäftsführer sind auf dem gleichen Hintergrund zunehmend akademisch qualifiziert (Professionalisierung bedeutet immer auch Akademisierung der Profession).

Verbandsmanager werden deshalb in Zukunft vermutlich eher eine kürzere Verweildauer in ein und demselben Verband haben – Geschäftsführung wird vermehrt als eine Stufe auf der Karriereleiter gesehen werden, also als eine Station im Rahmen einer Gesamt-Karriereplanung und nicht mehr so stark als „Beruf auf Lebenszeit“. Umso wichtiger wird im Arbeitsmarkt, so argumentiert Marcus Stumpf, das employer branding der Verbände werden. Auch von den ehrenamtlich geführten Verbänden befinden sich eine ganze Reihe im Übergang, an der Schnittstelle zwischen Noch-Ehrenamtlichkeit und Noch-nicht-ganz-professioneller-Führung. Für diese kann ein Geschäftsführerprofil Empfehlungen geben für den Prozess der Professionalisierung. Mit einem Wort: Geschäftsführer in Verbänden positionieren sich zunehmend als eine „hoch qualifizierte Spezies“, die sich mit dem Management großer Unternehmen durchaus vergleichen und messen kann und die aus den festgestellten Qualifikationen eine ideelle wie materielle Wertschätzung sowohl sich selbst gegenüber als auch dem Ehrenamt und der Öffentlichkeit gegenüber vertreten kann und sollte.

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Autor/in

Sabina Fleitmann

ist Organisationsberaterin und -entwicklerin für Verbände und NPO, u. a. mit den Schwerpunkten strategische Weiterentwicklung, Strukturreform, Personalentwicklung, Haupt- und Ehrenamt, Interessenvertretung und Lobbying.

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