Verbändereport AUSGABE 3 / 2011

Im Tagungsmarkt punkten – mit der geballten Kompetenz einer ganzen Region

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Deutschland gehört zu den führenden Meeting-Destinationen der Welt. Um diese Spitzenposition langfristig zu behaupten, gehen deutsche Tagungs- und Kongressanbieter verstärkt dazu über, die Kompetenzen ihrer Region zu identifizieren und als Motor von Netzwerken zu agieren.

Auf die Förderung von „Schlüsseltechnologien“ kommt es an. Das ist der zentrale Gedanke hinter der „Hightech-Strategie 2020“, mit der die Bundesrepublik im globalisierten Wettbewerb punkten will. „Schlüsseltechnologien“ – dahinter verbergen sich zukunftsträchtige Wissens- und Forschungsfelder, die als Treiber für Innovation gelten: Informations- und Kommunikationstechnologien, Produktions-, Bio- und Nanotechnologien, Mikrosystemtechnik oder bestimmte moderne Dienstleistungen. Sie liefern, so die Regierungs-Website www.hightech-strategie.de, „die Basis für neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen, mit deren Hilfe aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen gemeistert werden können“. Denn: „Die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes hängt davon ab, wie gut wir die Chancen der Schlüsseltechnolo-gien nutzen.“

In Kompetenzfeldern denken – ein Paradigmenwechsel

Wenn die Bundesregierung von Schlüsseltechnologien spricht, dann meint sie bestimmte „Kompetenzfelder“. Und sie ist nicht die einzige Institution, die in solchen Kompetenzfeldern ihr Profil schärft, um sich langfristig Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten. Auch regionale Institutionen, Wirtschaftsförderungen, Verbände und Universitäten gehen verstärkt diesen Weg, der unterschiedlichste Wissenszweige und Branchen betrifft. So fokussiert sich beispielsweise in Bremen der Magistrat auf die Kompetenz der Stadt in Feldern wie Umwelttechnologien und Gesundheitswirtschaft, während sich die Bremer Universität im akademischen Bereich auf wenige Disziplinen konzentriert, die als Forschungs-„Leuchttürme“ zukünftig „noch deutlicher zum Strahlen gebracht werden sollen“.

So umfassend wird mittlerweile in Kompetenzfeldern gedacht, dass man von einem Paradigmenwechsel auf dem Gebiet des strategischen Marketings sprechen kann: Wo früher vor allem mit einzelnen Leistungen, mit besonderen Qualitäten, herausragenden Persönlichkeiten und hervorragenden Rahmenbedingungen geworben wurde, profiliert man sich heute über ganze Wissens- und Themenzweige sowie über die dazugehörigen regionalen und nationalen Netzwerke. Die Identifizierung und Vertiefung vorhandener Kompetenzen und die Erzeugung weitreichender Synergieeffekte skizzieren den Weg zu nachhaltigem Erfolg.

Das hat auch die deutsche Tagungs- und Kongressbranche erkannt. Weshalb sie dabei ist, ihre Vermarktungsstrategie mit Blick auf eine inhaltliche Spezifizierung zu erweitern. Verstärkt gehen Convention Bureaus und Veranstaltungshäuser dazu über, die besonderen fachlichen Kompetenzen der jeweiligen Stadt oder Region zu identifizieren und gezielt dazu passende Tagungen und Kongresse zu akquirieren – oder selbst zu initiieren. Das heißt: Anzahl und Ausstattung der Tagungsräume, die Schönheit der Umgebung oder kurze Wege in der City sind nach wie vor wichtige Argumente, um den Zuschlag für eine Tagung oder einen Kongress zu erhalten. Aber zusätzlich verweisen Marketingverantwortliche heute auf besondere lokale oder regionale Kompetenzfelder – für die sie auch eigene Veranstaltungskonzepte entwickeln.

Wachstumsmöglichkeiten nutzen, Veranstaltungen generieren

In welchem Wissenschafts-, Technik-, Industrie- oder Wirtschaftszweig ist unsere Stadt oder Region führend? Wo haben sich in den letzten Jahren Cluster gebildet – oder wo sollten welche gebildet werden? Welche fachbezogenen Rahmenprogramme ließen sich für Fachkunden organisieren? Und wie wären Synergieeffekte vor Ort zu generieren? Das sind die entscheidenden Fragen, bei deren Beantwortung Convention- und Kongressbüros immer häufiger auf Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen zugehen, um überzeugende Kompetenznetzwerke zu bilden.

Zu den Institutionen, die sich übergreifend mit diesen Fragestellungen beschäftigen, gehört das GCB German Convention Bureau. Das GCB ist die Dachorganisation der deutschen Tagungs- und Kongressbranche. Zu seinen Kernaufgaben gehört es, Deutschland international und national als Tagungs- und Kongressstandort zu vermarkten. Außerdem analysiert es die Anforderungsprofile der Kunden und entwickelt entsprechende Produkte und Leistungen. Um nicht nur den veränderten Rahmenbedingungen innerhalb der Branche Rechnung zu tragen, sondern auch um im verstärkten Wettbewerb bestehen und die sich daraus ergebenden neuen Chancen und Wachstumsmöglichkeiten optimal nutzen zu können, konzentriert sich das GCB ebenfalls auf ausgewählte Kompetenzfelder. Es versteht sich dabei als zentraler Ansprechpartner, als Impulsgeber und Zentrum für branchenspezifische Innovationsthemen – mit dem Ziel, in für Deutschland wichtigen Branchen Netzwerke zu etablieren, Themen zu erkennen und Plattformen zu schaffen. Damit soll das Interesse potenzieller Veranstalter an und in Deutschland verstärkt und die Zahl der hier stattfindenden Tagungen und Kongresse kontinuierlich gesteigert werden.

Kompetenzfelder für die deutsche Tagungs- und Kongressbranche

Die Kompetenzfelder, die das GCB ins Auge fasst, orientieren sich an bestehenden und bereits identifizierten Kompetenzen der deutschen Wirtschaft und Wissenschaft. Zurzeit werden zu den führenden Unternehmen, Verbänden, Agenturen und professionellen Kongressorganisationsdienstleistern (PCOs) eines jeden Kompetenzfeldes Kontakte geknüpft und Veranstaltungen initiiert, die dem Profilbildungsprozess des Tagungs- und Kongressstandorts Deutschland dienen. Dass ein solcher Ansatz auch im Interesse potenzieller Kunden liegt, unterstreicht ein Statement von Kristin Mirabal, Senior Meeting Manager der Optical Society of America. Sie betonte kürzlich noch einmal die Bedeutung eines themen- und netzwerkorientierten Ansatzes bei der Akquise von Firmen- und Verbändeveranstaltungen: „Als Verband bin ich sehr daran interessiert zu wissen, welche Institute und Firmen aus meiner Branche es in Ihrer Region gibt – mehr als welche Tagungseinrichtungen und Hotels die Stadt besitzt. Sie müssen zuallererst meine Aufmerksamkeit für Ihre Stadt gewinnen, indem Sie mir konkret sagen können, welche Industrien aus Ihrer Region für meine Teilnehmer von Interesse sein könnten.“

Deutschlands Kompetenzen – von Biotech bis Logistik

Nicht umsonst sieht auch das GCB in der Biotechnologie eine besondere Stärke Deutschlands, mit Potenzial für die hiesige Tagungswirtschaft. Hatten im Jahr 2008 beispielsweise 501 Unternehmen in der Bundesrepublik ganz oder überwiegend mit Verfahren der modernen Biotechnologie gearbeitet, waren es im Jahr 2009, so das Portal www.biotechnologie.de, bereits 531. Auch im Bereich der „sonstigen biotechnologisch-aktiven Firmen“, also unter anderem bei Pharma- und Chemieunternehmen oder Saatgutherstellern, gab es einen Zuwachs von 24 Prozent. Insgesamt beschreibt das Fachportal eine auch in Krisenzeiten stabile Branche: „So finden neue Ideen offenbar auch in einem schwierigen Umfeld ihren Platz. Gleichzeitig scheinen die bereits aktiven Unternehmen so verankert zu sein, dass auch ein globaler Sturm der Weltwirtschaft sie nicht umwerfen kann.“ Die vier größten Biotechnologie-Cluster in Deutschland finden sich im Raum Frankfurt am Main, in München, Berlin und Köln/Düsseldorf.

Ähnliches Potenzial besitzt das Kompetenzfeld Medizintechnologie. Hier gilt Deutschland laut Germany Trade & Invest, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik, als „führender Standort in Europa“, der ebenfalls „der internationalen Rezession trotzt“. Ein großer Teil der medizintechnologischen Produktion konzentriert sich im süddeutschen Raum, und zwar in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg. Im internationalen Vergleich haben sich einzelne Bundesländer erfolgreich als hoch spezialisierte Standorte in den verschiedensten Unterbranchen des medizintechnologischen Sektors positioniert.

Daneben ist die Bundesrepublik laut Germany Trade & Invest aufgrund ihrer zentralen Lage innerhalb der EU „der ideale Standort für Logistik- und Verteilungszentren in Europa“. Gleichzeitig „sorgen über 100 Universitäten und Fachhochschulen für den Wissensvorsprung im Logistikbereich und machen Deutschland so bei der Entwicklung und Vermarktung von neuen und innovativen Technolo-gien zur Nummer eins in der Welt“. Auch die Automobilindustrie ist laut Germany Trade & Invest eine Schlüsselindustrie der Bundesrepublik – nicht zuletzt weil hier jeder siebte Arbeitsplatz direkt oder indirekt mit ihr in Verbindung steht. Etwa die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Branche ist unmittelbar am Bau von Kraftfahrzeugen beteiligt, im Ländervergleich der Autobauer steht die Bundesrepublik hinter Japan, den USA und China auf Platz 4. Die andere Hälfte der Beschäftigten arbeitet der Automobilherstellung zu. Hinzu kommen Ingenieurbüros, Autohändler, Werkstätten und Tankstellen. Der Umsatz der hiesigen Automobilbranche beläuft sich auf rund ein Fünftel des Gesamtumsatzes der deutschen Industrie. Autobauerstädte sind etwa Stuttgart und München, wobei der Großraum um die bayerische Landeshauptstadt auch eine Automotive-Hochburg ist, in der zahlreiche Komponenten hergestellt werden. In Braunschweig wiederum findet sich ein Kompetenzzentrum für den Bereich Verkehrstechnik.

Kompetenzfeld Transport: zum Beispiel Stuttgart

Denkt man an all die Beteiligten, die ein solches Kompetenzfeld ausmachen – an Unternehmen, Verbände, Hochschulen und Forschungseinrichtungen mitsamt ihren herausragenden Persönlichkeiten –, dann kann man den Schub erahnen, der sich für einen Tagungs- und Kongress-standort ergibt, wenn er diese Beteiligten in einem Netzwerk zusammenführt. Ziehen in der Folge alle Partner am selben Strang, können Großveranstaltungen mit spannenden Rahmenprogrammen akquiriert oder selbst entwickelt werden, von deren Umsetzung die gesamte Region profitiert. In der Autostadt Stuttgart etwa arbeiten das örtliche Kongresszentrum und die Kraftfahrzeugbranche gezielt Hand in Hand. „Am hiesigen Standort können wir von einem fruchtbaren Zusammenspiel zwischen der Automobilindustrie und unserer Salesabteilung sprechen“, erklärt Stefan Lohnert, Bereichsleiter am ICS Internationalen Congresscenter Stuttgart der Landesmesse Stuttgart GmbH. „Seit der Eröffnung des ICS im Jahr 2007 verfügt die Region Stuttgart über ein Tagungszentrum, das sich mit den größten neun deutschen Mitbewerbern messen kann. Die Freude über ein solches Format und Raumangebot löste auf der Seite der hiesigen Autofirmen von Anbeginn an regelmäßige Nachfrage aus. So kamen wir recht schnell in einen fruchtbaren Dialog und spielen uns dabei Themen und Kontakte zu.“ Inzwischen sind laut Lohnert regelrechte Netzwerke entstanden, die auch das vielfältige Umfeld der großen Automobilfirmen einbeziehen und „bei der Akquise neuer Projekte eine herausragende Rolle spielen“. Konkret: „Von der Wirtschaftsförderung und dem Fraunhofer Institut über ortsansässige Zulieferfirmen bis hin zur Fachpresse (AMS) nehmen wir alle Botschafter mit ins Boot.“ Zu den größeren Veranstaltungen, die so akquiriert oder entwickelt wurden, gehören die internationale Enhanced Safety of Vehicles Conference 2008, die „Auto – Motor – Sport“-Veranstaltung „Die besten Autos“, die Messe „i-mobility“ und zahlreiche Corporate-Veranstaltungen insbesondere ortsansässiger Marken. „Dabei wächst“, so Lohnert weiter, „die Palette der Möglichkeiten für Rahmenprogramme von Jahr zu Jahr. Seit 2009 das neue Porsche-Museum eröffnete, verfügt Stuttgart zum Kernthema neben dem DaimlerMuseum über ein weiteres Museum eines hiesigen Herstellers. Werksbesichtigungen sind natürlich beliebte Programmpunkte, auch bei den Zulieferern. Mit Mahle im Bereich Kolben oder Bosch und Elbe haben wir weitere Global Players vor Ort.“

Kompetenzfeld Luft- und Raumfahrt: zum Beispiel Bremen

Auch die Bremer Tagungs- und Kongressanbieter agieren bereits mit Blick auf regionale Kompetenzfelder. Als vielversprechender Ansatzpunkt gilt hier die in der Folge der Strukturkrise der Achtziger-jahre gestartete Technologieoffensive der Stadt, die auf enge Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft zielt und im Technologiepark Bremen ihren Kristallisationspunkt gefunden hat. Dort arbeiten in mehr als 350 Hightechunternehmen über 6.000 Menschen an der Entwicklung von Satelliten, Fertigungsverfahren oder Computersoftware. Daneben entstand rund um die technischen Fakultäten der Hochschule Bremen ein Gründerzentrum, und im Kraftfeld der privaten Jacobs University Bremen (JUB) wird es einen Science Park geben. Weitere aussichtsreiche Kompetenzfelder sieht die Stadt in der Mikrosystemtechnik, in der Nahrungsmittel- und der Biotechnologie sowie – es klang bereits an – in den Umwelttechnologien und der Gesundheitswirtschaft.

Zu den wichtigsten Kompetenzfeldern des Bundeslandes Bremen gehört jedoch die Luft- und Raumfahrttechnik. Das Bundesland Bremen zählt in diesem Bereich zu den bedeutendsten Regionen Europas. Global Players der Branche wie die European Aeronautic Defence and Space Company (EADS) mit ihren Gesellschaften Airbus Deutschland GmbH und ASTRIUM GmbH, die Rheinmetall Defence Electronics GmbH und die OHB-System AG sind hier ebenso vertreten wie zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen. In Bremen und Bremerhaven arbeiten mehr als 12.000 Beschäftigte an weltweit bekannten Projekten wie dem Airbus A 380, den Oberstufen der Ariane-Raketen sowie dem Raumtransporter ATV und dem ISS-Modul Columbus-Labor.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat in Bremen einen seiner Standorte, und seit 2007 gibt es hier das Institut für Raumfahrtsysteme, das sich neben Analyse und Entwicklung auch der Ausbildung von Ingenieuren der Systemtechnik widmet – in Zusammenarbeit mit Universitäten. Von Vorteil ist, dass die Landespolitik die Luft- und Raumfahrt zu einem Schwerpunktthema für das Bundesland erklärt hat und die weitere Profilierung in diesem Bereich forciert. Die Vernetzung der Luft- und Raumfahrtbranche mit Politik, Wirtschaft und weiteren standortrelevanten Arbeitsgebieten ist erklärtes Ziel. Auch die Tagungs- und Kongressbranche ist hier stark involviert. „Durch die Cluster- und Kompetenzcenterbildungen in einer Stadt entstehen Netzwerke und Verbindungen aus Wissenschaft, Wirtschaft und städtischer Wirtschaftsförderung. Daraus ergeben sich Themen und gemeinsame Zielsetzungen, zum Beispiel die Austragung eines renommierten internationalen Kongresses oder eines nationalen Verbandskongresses“, erklärt Andrea Hess, Leiterin Kongress- & Veranstaltungsservice im Bremen Convention Bureau der Bremer Touristik-Zentrale (BTZ), die Strategie. „Man empfängt die Fachelite und Kollegen aus der ganzen Welt mit absolutem Heimvorteil. Dazu gehört neben der Programmgestaltung auch die Möglichkeit für Unternehmen oder Institute, sich persönlich vorzustellen. Und: Selbstverständlich haben alle in der Luft- und Raumfahrt agierenden Firmen und Institute ihre Tore für Fachbesuchergruppen des Kongresses geöffnet.“

Wo immer die Kompetenzen der Stadt liegen, sie bergen großes Veranstaltungspotenzial. Noch einmal Andrea Hess: „In allen Feldern ist das Convention Bureau der Bremer Touristik-Zentrale in der Akquisition aktiv. Wir bauen Kontakte mit Vertretern von Wirtschaft und Wissenschaft auf oder aus und führen Gespräche, um eine gemeinsame Zielsetzung zur Platzierung von Kongressen und Tagungen in Bremen zu vereinbaren. Darüber hinaus unterstützen wir bei der Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen – der sogenannten „Bid Books“ – und bei Präsentationen, bei der Angebotseinholung und bei der späteren organisatorischen Durchführung und Abwicklung.“

Mit Stolz verkündet Andrea Hess, dass Bremen aus diesem Ansatz heraus „im Bereich Luft- und Raumfahrt bereits den ‚Veranstaltungs-Olymp’ erklommen hat“. So konnte die Stadt im Jahr 2003 den International Astronautical Congress (IAC) mit 2.500 Teilnehmern aus aller Welt durchführen. Absolutes Highlight aber war die COSPAR Scientific Assembly im Juli 2010 – der weltweit größte internationale Raumfahrtkongress, den es je gab. Hier wurde mit 3.800 Teilnehmern aus 58 Nationen ein neuer Teilnehmerrekord aufgestellt. Mit der diesjährigen Ausrichtung des 60. Luft- und Raumfahrtkongresses der DGLR wird die Erfolgsgeschichte fortgeschrieben.

Kompetenzfeld Mikro-Nano-Opto: zum Beispiel Dresden

Als „Stadt der Wissenschaften 2006“ verfügt Dresden über eine beeindruckende Zahl an Forschungsinstituten, die sich mit Verbänden, Unternehmen und anderen Einrichtungen zu schlagkräftigen Netzwerken zusammengeschlossen haben. So ist Dresden mit zwölf Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft Deutschlands „Fraunhofer-Hauptstadt“. Hinzu kommen sechs Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft, das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), drei Max-Planck-Institute und das 2006 gegründete Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) als jüngstes Forschungszentrum der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Einige dieser Institute beteiligen sich wiederum an DRESDEN concept, einer deutschlandweit einmaligen Allianz aus Universität, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und kulturellen Einrichtungen, die Synergieeffekte in den Bereichen Forschung, Ausbildung, Infrastruktur und Verwaltung anstrebt.

Die Stadt Dresden selbst hat drei regionale Kompetenzfelder definiert: 1 Mikroelektronik, Informations- und Kommunikationstechnologie, 2. Life Sciences/Biotechnologie und 3. Neue Werkstoffe/Nanotechnologie/Photovoltaik. Diese decken sich in Teilen mit dem vom GCB definierten Kompetenzfeld Mikro-Nano-Opto und weisen imposante Eckdaten auf. So gehören mehr als 1.200 Unternehmen mit über 40.000 Beschäftigten zu „Silicon Saxony“, dem größten europäischen Cluster im Bereich der Mikroelektronik/Informations- und Kommunikationstechnologie. Insgesamt wurden in Dresden seit den 90er-Jahren mehr als 17 Mrd. Euro im Bereich der Mikroelektronik investiert. Die große Dynamik hier spiegelt sich auch in der Weiterentwicklung des Clusters wider: Inzwischen wurden neue Kompetenzen erarbeitet, beispielsweise auf den Gebieten Photonik, Software und Displaytechnik. Dresden ist ein Center of Excellence für neuartige organische Halbleiter und führendes Zentrum in der Weiterentwicklung von OLED-Technologien. Mit SENSONET Sensoriknetzwerk Dresden, Organic Electronics Saxony oder dem Kompetenznetzwerk Mikrotechnische Produktion haben sich weitere Branchennetzwerke gebildet.

Ähnlich beeindruckende Daten und Fakten ließen sich auch für die anderen beiden Dresdener Kompetenzfelder, Life Sciences/Biotechnologie und Neue Werkstoffe/Nanotechnologie/Photovoltaik, nennen. Damit sich so viel Kompetenz und Kooperation auch in Wissenschaftstagungen und Kongressen vor Ort in Dresden niederschlägt, arbeitet die Dresden Marketing GmbH eng mit Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. „Als Dachmarketingorganisation von Dresden sind wir für die Vermarktung Dresdens nicht nur als attraktives Reiseziel verantwortlich, sondern auch als herausragender Wissenschafts-, Wirtschafts- und Kongressstandort. Dabei möchten wir für den Kongressbereich verstärkt die Institutionen und Unternehmen aus den Kompetenzfeldern dazu ermutigen, ihre Tagungen und Kongresse gemeinsam mit uns nach Dresden zu holen“, erklärt Dr. Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Dresden Marketing GmbH. „Denn da wo die Branche arbeitet und forscht, da soll sie sich auch mit ihren internationalen Kollegen austauschen. Das stärkt die Kongressdestination und gleichzeitig die internationale Wahrnehmung in den einzelnen Wissenschafts- bzw. Wirtschaftssparten“, so Dr. Bunge weiter. 2010 gab die Dresden Marketing GmbH erstmals eine Markenanalyse in Auftrag, die sich speziell der Zielgruppe Forscher und Wissenschaftler widmete, um diese Zielgruppe in Zukunft stärker bei der Vermarktung der Stadt ansprechen zu können. Durch selbst ins Leben gerufene oder intensiv unterstützte Veranstaltungen wie die „Dresdner Lange Nacht der Wissenschaften“, die 2012 zum 10. Mal stattfinden wird, und den „Dresden Congress Award“, mit dem jährlich lokale Professoren geehrt werden, die Kongresse und Tagungen aus ihren Fachgebieten nach Dresden geholt haben, motiviert die Dresden Marketing GmbH „ihre“ Wissenschaftler und Forscher vor Ort zur Mitwirkung in der Akquise. Zu den jüngeren Kongressen, die unter langer Vorbereitung und ausgiebiger Nutzung der bestehenden Netzwerke in Dresden stattfanden, gehört der 52. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. im April dieses Jahres mit insgesamt 3.500 Teilnehmern.

Kompetenzfelderstrategie im Aufbau: zum Beispiel Frankfurt am Main

Neben Städten, die bei der Generierung von Veranstaltungen bereits gezielt auf die Vermarktung bestimmter Kompetenzfelder setzen, gibt es andere Städte und Regionen, die sich noch mitten im Strategieänderungsprozess befinden. Eine von ihnen ist die Hessenmetropole Frankfurt am Main. „Wir beginnen jetzt damit“, sagt Jutta Weisbrod, Leiterin des Frankfurt Convention Bureaus bei der Tourismus+Congress GmbH Frankfurt am Main, auf die Frage, wie weit die regionalen Tagungs- und Kongressanbieter hier mit Blick auf die Kompetenzfelderstrategie sind. „Der Prozess ist natürlich durch die Neuausrichtung des GCB angeregt, aber auch durch die immer wichtiger werdenden Cluster, mit denen sich außer uns noch andere Institutionen in Frankfurt beschäftigen, beispielsweise die Wirtschaftsförderung.“

Als die drei wichtigsten Kompetenzfelder im Großraum Frankfurt nennt Weisbrod den Finanz-, den Logistik-&-Mobilitäts- und den Biotech-Cluster. Im Logistik-Cluster kann die Stadt mit rund 1600 Logistik- und 580 logistikverwandten Unternehmen, den großen Arbeitgebern Deutsche Lufthansa AG, Deutsche Bahn AG und Fraport AG oder mit dem Gründerzentrum HOLM – House of Logis-tics and Mobility aufwarten, aber auch mit diversen Logistikstudiengängen und -lehrstühlen an der Fachhochschule sowie zwei logistikbezogenen Stiftungsprofessuren an der Goethe-Universität. Auch das Biotech-Cluster glänzt mit zahlreichen renommierten Unternehmen, mit drei Chemie-/Pharma-Industrieparks, einem Biotech-Forschungs- und Gründerzentrum oder verschiedenen Fachbereichen und Studiengängen an Fachhochschulen und Goethe-Universität.

„Der Finanzcluster ist sicherlich der größte Cluster in Frankfurt“, erklärt Jutta Weisbrod, und das ist kaum verwunderlich. Sind hier doch neben 267 Kreditinstituten, rund 50 Investmentgesellschaften und einigen der größten Wirtschaftsprüfgesellschaften Institutionen wie die Wertpapierbörse, die Europäische Zentralbank, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und das Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (CEIOPS) angesiedelt. In puncto Ausbildung und Forschung glänzt Frankfurt mit dem House of Finance und dem E-Finance Lab (beide an der Goethe-Uni), der Frankfurt School of Finance & Management, der Goethe Business School oder dem Studiengang Finance and Law an der Fachhochschule. Dass hier über Besichtigungen, Museumsbesuche (zum Beispiel im Geldmuseum der Deutschen Bundesbank) und Vortragsveranstaltungen auch spannende Rahmenprogramme zu realisieren sind, versteht sich von selbst.

Zurzeit werden einzelne Institutionen des Finanzclusters, aber auch der anderen herausragenden Cluster mit Blick auf Kooperationen im Tagungs- und Kongressbereich angesprochen, darunter die Goethe-Universität und das H.O.L.M – House of Logistics & Mobility. „Außerdem“, so Jutta Weisbrod weiter, „arbeiten wir eng mit der Messe zusammen, die neue Messen und Kongresse für bestimmte Themenfelder einwerben möchte – eben auch für die hier genannten.“ Erste Erfolge sind bereits zu verbuchen, zum Beispiel im Bereich Logistik & Mobility. Hier konnte im September 2010, auch in Kooperation mit H.O.L.M., die „ZEIT KONFERENZ Logistik & Mobilität – Zukunft auf den Weg bringen“ in Frankfurt realisiert werden. Darüber hinaus befindet sich das Frankfurt Convention Bureau gemeinsam mit der Messe Frankfurt im Pitch um einige Großveranstaltungen.

Kompetenzfelderstrategie im Aufbau: zum Beispiel Köln

Auch in Köln hat man die Zeichen der Zeit erkannt und stellt seine Strategie um. „In der Vergangenheit wurde der Fokus bei uns auf Kundenbindung gelegt“, erklärt Bernhard Conin, Geschäftsführer KölnKongress. „Im Jahr 2010 implementierte KölnKongress dann den neuen Bereich Marketing, Vertrieb & Kommunikation, und so werden wir zukünftig auch gezielt nach Kompetenzfeldern akquirieren.“ Um welche Kompetenzfelder es sich handeln soll, das wird zurzeit gemeinsam mit dem Cologne Convention Bureau definiert beziehungsweise erarbeitet. Erste Ergebnisse weisen auf Wissenschaft und Medizin, die Pharmaindustrie, Banken und Versicherungen und die Automobilindustrie hin.“ Zukünftig sollen verstärkt die Netzwerke in der Stadt genutzt und Initiativen gestartet werden, ebenfalls in enger Kooperation mit dem Cologne Convention Bureau. Conin: „Geplant sind gemeinsame Messeauftritte, Kundenbesuche und Präsentationen in Fachkreisen. Verbände, Unternehmen und der Bereich Medizinische Kongresse liegen im Fokus unserer Neukundengewinnung. Die Akquise beginnt in Deutschland, aber auch der europäische Markt darf nicht außer Acht gelassen werden.“ Mit Blick auf die Kompetenzfelderstrategie konnten in Köln ebenfalls schon erste Erfolge verbucht werden, und zwar im genannten Bereich Medizinische Kongresse. Hier wurde unter anderem der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR), der KIT2010 – Kongress für Infektionskrankheiten, der Kinderonkologie-Kongress 2014 und der Europäische Kongress für Gefäß-Chirurgie 2015 akquiriert. Dabei können Rahmenprogramme, so Conin, „durch die enge Bindung zum Cologne Convention Bureau auf die Kundenwünsche zugeschnitten werden. Sie werden dann auch vom Cologne Convention Bureau angeboten und betreut.“Die genannten Beispiele zeigen nicht nur eine Branche im Umbruch, sondern deuten auch an, welches Potenzial in der konsequenten Umsetzung der neuen Kompetenzfelderstrategie steckt. Als Tagungs- und Kongressdestination ist Deutschland schon jetzt europaweit die Nummer 1, im weltweiten Vergleich liegt es hinter den USA auf Platz 2. Wenn es den deutschen Städten und Regionen gelingt, die Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Verbände vor Ort zu attraktiven Kompetenznetzwerken zusammenzuschließen und über diese Netzwerke Tagungen und Kongresse nicht nur zu akquirieren, sondern auch zu generieren, dann eröffnen sich hier beste Möglichkeiten, diese herausragende Position auf Dauer zu sichern.

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