Wer für seine Mitglieder erfolgreich arbeiten will, muss sich permanent überprüfen und die Verbandsarbeit an das sich ändernde Umfeld anpassen. Die Fragen sind vielfältig: Sind neue Organisationsformen im Internet eine Bedrohung für klassische Verbandsarbeit? Liegt im veränderten Kommunikationsverhalten der nachwachsenden Generationen eine große Gefahr oder bieten sich dadurch neue Chancen und Möglichkeiten? Wie führt man Verbände, die von einem durchgreifenden Wandel betroffen sind? Fragen, denen sich der 12. Deutsche Verbändekongress am 22. und 23. Februar 2010 in Düsseldorf widmen wird. Die Verbandswelt wird hier zwei Tage lang gemeinsam nach Antworten suchen, wie die Zukunft der Verbände aussehen wird.
„Erfolgreiche Verbandsarbeit erfordert eine permanente Anpassung an die wechselnden Anforderungen der Mitglieder ebenso wie an das sich ändernde Umfeld“, ist Dr. Hans-Joachim Mürau, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verbandsmanagement e.V. (DGVM), überzeugt. Gerade in Zeiten großen Wandels stehen aktuelle Fragestellungen an. „Patentrezepte wird es nicht geben. Schon gar nicht, wenn wir nach innovativen Ansätzen fragen. Wohl aber viele Erfolgsbeispiele von Verbänden, die ausgesprochen gute Arbeit leisten.“
Den Blick in die Zukunft wagt Dr. Dr. Axel Zweck, der als Leiter der Zukünftige Technologien Consulting im VDI Technologiezentrum professionell die Informationsgesellschaft beobachtet: Sind Social Webs wie Facebook, XING und Co. die Verbände von morgen? Die Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts wird geprägt von immer schneller werdender individueller Kommunikation. Insbesondere junge Menschen vernetzen sich in Social Communities wie Facebook, studiVZ, XING und anderen. Was bedeutet die Entwicklung für Personenverbände? Sind Verbände heutigen Zuschnitts langfristig zukunftsfähig? Einen Ausblick auf die Zukunft und ihre Herausforderungen durch internetgestützte soziale Netzwerke liefert Dr. Zweck in einem kurzweiligen wie interessanten Vortrag.
Doch der Wandel macht auch vor der Führung von Verbänden nicht halt. Der ehemalige Hauptgeschäftsführer eines Spitzenverbandes und heutiger Verbandsberater Dr. Hans Werner Busch stellt vier Thesen zur Zukunftsfähigkeit wirtschaftsnaher Verbände auf: Veränderungen im Umfeld und neue Ansprüche der Mitglieder führen zu Verschiebungen in den Führungsaufgaben und den sie tragenden Führungsrollen. Die Organisation in Prozessen und die Führung von Projekten werden Basiselemente der Führung darstellen. Die Fragen des Wissensmanagements und der Professionalisierung werden zu Kern- und Daueraufgaben. Schließlich: Hauptamt und Ehrenamt bedürfen einer neuen Balance.
Das Who is Who erfolgreicher Verbände
Einer der Höhepunkte des 12. Deutschen Verbändekongresses wird die Bekanntgabe des Preisträgers des DGVM INNOVATION AWARD „Verband des Jahres 2010“ sein. Zahlreiche Verbände haben sich um diese Auszeichnung und den damit verbundenen Titel beworben. Die Finalisten sind das Who is Who erfolgreicher Verbände.
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (BITKOM)
In Sachen Informations- und Telekommunikationstechnologie (ITK) ist der BITKOM erster Ansprechpartner für Politik und Presse und hat sich erfolgreich gegen alle anfänglichen Widerstände durchgesetzt. Der Erfolg fiel BITKOM nicht in den Schoß, sondern ist Ergebnis einer klaren Strategie und eines professionellen Managements. Beide beruhen auf unternehmerischen Prinzipien und haben zum Ziel, einen lernenden, lebendigen Verband zu entwickeln.
Immobilienverband – IVD Bundesverband
Der Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V. ist der Spitzenverband der Immobiliendienstleister. Die Mitglieder des IVD decken alle Sektoren der Immobilienwirtschaft ab. Durch die Verschmelzung von Ring Deutscher Makler (RDM) und Verband Deutscher Makler (VDM) ist der zahlenmäßig stärkste Unternehmensverband der Immobilienwirtschaft entstanden. Erfolgreich überwand der IVD die Konkurrenzsituation zweier Traditionsverbände mit stark gegliederten Strukturen und formte eine neue Marke nach der Fusion.
HessenChemie Arbeitgeberverband Chemie und verwandte Industrien für das Land Hessen e.V.
Bereits zum zweiten Mal ist HessenChemie für den DGVM INNOVATION AWARD nominiert – ein Zeichen großer Leistungsfähigkeit. Für die HessenChemie ist Changemanagement ein Dauerprozess. Der Verband stellt sich permanent den Auswirkungen gesellschaftlicher Entwicklungen für die Branche, die Mitgliedsunternehmen und den Arbeitsmarkt. Der demografische Wandel wird von HessenChemie als besondere Herausforderung und Managementaufgabe begriffen. Die Verknüpfung unterschiedlicher Fachkompetenzen in Teams, ein integriertes Projektmanagement, innovative Wege der Themenfindung und -umsetzung sind dabei nur einige der Erfolgsfaktoren.
BDN – Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V.
In einer Ausnahmesituation hat sich der BDN bewährt: Er stand vor der Herausforderung, unter intelligenter Nutzung des Mitgliederpotenzials eine akute Branchenkrise zu beherrschen. Wie man das Netzwerk der Mitglieder in einer Krisensituation wirksam werden lassen kann, erfolgreich Vertrauen aufbaut und damit die Zukunft des Verbandes aus einer Krisensituation heraus sichert, zeigt das Praxisbeispiel des BDN. Im Rahmen des festlichen Abends der DGVM wird die Jury des DGVM INNOVATION AWARD den Preisträger des „Verbands des Jahres 2010“ verkünden. „Die wiederholt sehr hohe Qualität der Bewerbungen zeigt, dass die Verbandswelt auf gutem Kurs segelt. Allerdings fällt der Jury dadurch auch die Entscheidung immer schwerer“, erläutert Lutz E. Weidner, Vorsitzender der Jury. „In diesem Jahr haben wir vier Verbände nominiert, die den Preis alle verdient haben.“ Bereits zum zwölften Mal schrieb die Deutsche Gesellschaft für Verbandsmanagement den DGVM INNOVATION AWARD für herausragende Leistungen im Verbandsmanagement aus.
Der DGVM INNOVATION AWARD „Verband des Jahres“ ist die solitäre Auszeichnung für Verbände, deren erfolgreiche Arbeit auf einem zukunftsfähigen Konzept, hoher Veränderungsbereitschaft und herausragender Führungsqualität beruht. Sie soll Anerkennung für Leistungen sein, die sich aus dem Durchschnitt deutlich abheben, und Anreiz schaffen für Verbände, neue, Erfolg versprechende Wege zu gehen. Sie wird nur alle zwei Jahre verliehen!
100 Prozent Praxis
Traditionell steht der zweite Tag des Deutschen Verbändekongresses unter dem Motto „Best Practice und Praxistransfer“. In vier parallelen Foren werden eine Vielzahl praxistauglicher, neuer und bewährter Konzepte sowie Anregungen für das moderne Verbandsmanagement vorgestellt. Die Themenpalette reicht dabei von „Mitglieder vernetzen – der Einsatz von Web 2.0-Tools in der internen Kommunikation“ über „Mitarbeiter motivieren – Personalmanagement im Verband wird immer wichtiger“ und „Öffentlichkeit mobilisieren & Politik gewinnen – Aktuelles zum verbandlichen Lobbying und neue Lobbyingstrategien“ bis hin zum Thema, wie Verbände „Mitglieder binden – Ideen zur Mitgliedergewinnung und -bindung“.
„Gerade, da wir uns an den vorrangigen Arbeitsfeldern der Verbände orientieren, schlagen wir am zweiten Kongresstag einen Bogen von Theorie zu Praxis. In den Foren werden insofern praktische Beispiele und Fallstudien erörtert, die jeweils Lösungsansätze für die Zukunftsfähigkeit von Verbänden auf allen Ebenen bieten“, erläutert Dr. Hans-Joachim Mürau.
Forum I: Mitgliederkommunikation
Wie sich Mitglieder vernetzen können und welche Erfahrungen einzelne Organisationen dabei gemacht haben, wird Schwerpunkt des ersten Praxisforums sein. Next Generation Verband für Next-Generation-Mitglieder, überschreibt Detlev Maaß, Kommunikationspraktiker und Geschäftsführer eines Personenverbandes, seinen Vortrag zum Einsatz von Web-2.0-Tools in der internen Kommunikation von Verbänden.
Verbände bieten Mitgliedern materielle und immaterielle Güter für einen bestimmten Mitgliedsbeitrag. Die Verbandsleistung ist der Mehrwert für das Mitglied, sinkt dieser Wert, ist die Mitgliedschaft für das Mitglied nicht mehr erstrebens- oder erhaltenswert. Maaß untersucht, wie sich die Digitalisierung von Wissen und Information auf Verbandsleistungen auswirkt. Hierbei standen Applikationen aus dem Internet im Zentrum der Betrachtung, die unter dem Schlagwort Web 2.0 subsumiert werden können. Seine Schlussfolgerung: Der Einsatz solcher Applikationen kann eine fundamentale Veränderung der Verbandskultur zur Folge haben.
Bereits vielfach umgesetzt hat Jens Bender den „Verband 2.0“ und stellt die Chancen zur Mitgliederbindung und personalisierten Mitgliederkommunikation durch Web 2.0 dar. Zentrale Bestandteile des Verbandslebens sind die persönlichen Kontakte und die Beziehungen zu und zwischen den Verbandsmitgliedern. Durch die rege Nutzung von Web-2.0-Technologien im Internet können Verbände ihre Mitglieder noch besser miteinander vernetzen und stärker an den eigenen Verband binden. Als „Verband 2.0“ bleibt mit einer eigenen Verbandsplattform im Internet der exklusive Zugang zu den Mitgliedern erhalten und der Verband bietet einen Service, von dem alle Beteiligten profitieren.
Der Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland e.V. (BDY) implementierte, um die interne Kommunikation zu vereinfachen, einen neuen Internetauftritt sowie die interaktive Mitgliederplattform meinBDY. Worauf zu achten ist und welche Chancen bestehen, stellt die Geschäftsführerin Dr. Doris Hafner in der Fallstudie vor.
Dr. Jörg Ansorg, Geschäftsführer vom Berufsverband der Deutschen Chirurgen BDC e.V., zeigt auf, dass eine gute Seminarverwaltung gerade für einen Verband, der Fort- und Weiterbildung als wichtige Aufgabe versteht, fundamental für das Gelingen von Veranstaltungen ist. Diese zweite Fallstudie stellt Technologien vor zur Vor- und Nachbereitung von Seminaren im Web 2.0.
Wissensmanagement hat nicht zuletzt auch etwas mit Wissensaustausch, Kommunikation und Mitgliedervernetzung zu tun. Wie dieser Prozess aus Sicht der Geschäftsführung von Verbänden vereinfacht und zielgerichtet gesteuert werden kann, verdeutlicht Jens Hansen, Experte für Social-Media von KontextWork. Der Erfolg von Wikipedia hat eine neue Art des Wissensaustausches in die Öffentlichkeit getragen, der nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken ist. Durch die vielseitigen Einsatzzwecke von Wikis bieten sich auch interessante Szenarien in der Verbandsarbeit an. Insbesondere besteht die Möglichkeit, Mitglieder auf eine einzigartige Weise zusammenzubringen und neue Kommunikationswege zu öffnen. Neben Wikipedia entstanden bereits viele erfolgreiche Initiativen, die interessante Anregungen für eigene Projekte geben können. Die passenden Open-Source-Lösungen vereinfachen die ersten Schritte zum eigenen Wiki.
Schranken in der Umsetzung der verschiedenen Ideen im Web 2.0 bestehen in der jeweiligen Rechtssetzung. Besonders Fragen des Datenschutzes im Internet sind zu beachten. Viele Organisationen nutzen Online-Technologien bereits in ihrem Arbeitsalltag und veröffentlichen entsprechende Anwendungen im eigenen Internet oder Intranet. Daneben sind weitgehend alle Verbände mit Internetauftritten öffentlich vertreten, schicken Newsletter und Mitgliederinformationen per E-Mail. Zunehmend werden Mitarbeiter- und Projektblogs, organisationsinterne Wikis oder Social Networks wie auch Empfehlungs- oder Bewertungsfunktionalitäten, Social-Bookmarking-Anwendungen oder RSS-Reader eingebunden. Doch stehen ihnen rechtliche Risiken entgegen, die es zu kennen gilt. Wen darf ich wann per E-Mail anschreiben? Welche rechtlichen Notwendigkeiten bestehen im Internet? Welche Datenschutzvorschriften müssen beachtet werden? Fragen, die der auf Medien spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Carsten Ulbricht beantwortet.
Forum II: Personalmanagement
Innovationsfähigkeit geht von einer guten Führungspraxis im Verband aus. Diese kann jedoch nicht nur auf wenige Geschäftsführer begrenzt sein, sondern fordert die Anerkennung jedes Mitarbeiters. Gleichzeitig auch deren Identifikation mit dem Verband und seinen Zielen. Somit erfüllen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Verbänden ein spezifisches Anforderungsprofil, das sich nicht unwesentlich von den Anforderungen an vergleichbare Aufgaben in Unternehmen oder Verwaltung unterscheidet. Das Personalmanagement in Verbänden muss sich an diesen verbandsspezifischen Anforderungen orientieren. Dr. Sabina Fleitmann stellt in ihrem Einführungsreferat Überlegungen und Beispiele vor.
Hohe Leistung und hohe Zufriedenheit der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die herausfordernden Ziele in der Mitarbeiterführung. Diese Ziele gelten – in leicht abgewandelter Form – auch für die ehrenamtlichen Funktionsträger. Was sind die entscheidenden Parameter guter Führung und wie können wir diese auch in der Beziehungsgestaltung zum Ehrenamt nutzen? Die Verbindung von „Mitarbeiter gesucht und gefunden“ zu „Mitarbeiter motivieren und einbinden“ stellt der Diplom-Psychologe Claus Philippi, von der B‘VM GmbH, Beratergruppe für Verbandsmanagement, her.
Einen Blick ins Ehrenamt wirft Dr. Ulrich Lotz, Geschäftsführer des Bundesverbandes Betonbauteile Deutschland e.V.: Wie können heute Ehrenamtsträger noch für die Verbandsarbeit gewonnen und motiviert werden? Diva oder Ignorant – Typologien von Ehrenamtsträgern und wie sie vom Hauptamt sinnvoll „gehandelt“ werden. Er beschreibt, wo die Grenzen des Hauptamts liegen und das Ehrenamt unschlagbar bleibt.
Rechtsanwalt Gerhard Kronisch vom VAA – Führungskräfte Chemie leuchtet die arbeitsrechtliche Stellung des Verbandsgeschäftsführers aus. Ebenso wie Geschäftsführer der Privatwirtschaft können auch Verbandsgeschäftsführer mit arbeitsrechtlichen Problemen konfrontiert werden. Was ist zu tun? Welche Rechte habe ich als Verbandsgeschäftsführer? Gilt für mich das Kündigungsschutzgesetz? Welche sonstigen arbeitsrechtlichen Schutzgesetze gelten für mich? Bin ich trotz des „hochtrabenden Titels“ vielleicht nur gewöhnlicher Arbeitnehmer? Oder bin ich leitender Angestellter? Eine pauschale Antwort lässt sich selten geben, auch in diesem Bereich lautet das Credo: Gut im Vertrag formuliert, löst viele Probleme.
Den Bogen im zweiten Praxisforum vom Anforderungsprofil über Fragen zur Motivation hin zum Anstellungsvertrag führt Prof. Dr. Marcus Stumpf von der Fachhochschule Salzburg zur Frage weiter, wie eigentlich die Besten gewonnen werden können. Employer Branding gehört zu den viel zitierten Schlagworten in Zeiten des „War for Top Talents“. So oft wie der Begriff eingesetzt wird, so unterschiedlich wird er interpretiert und nicht selten sogar auf Stellenanzeigen reduziert. Professor Stumpf stellt Relevanz, Aufgaben, Instrumente und Erfolgsfaktoren für Verbände und Organisationen beispielhaft dar.
Ein Schmankerl des zweiten Kongresstages stellt das Referat von Dr. Henning von Vieregge, freiberuflicher Verbändecoach und Publizist, dar: Wenn 68er 68 werden … Burn-out- und Ausstiegsprobleme bei Verbänden. Ist hauptamtliche Verbandsarbeit durch überalterte, ausgebrannte und in der Teamarbeit weitgehend ungeübte, unfähige und unwillige Mitarbeiter gekennzeichnet? Werden beim Ausscheiden von Führungspersonal die gleichen Fehler gemacht wie in vielen Unternehmen? Henning von Vieregge hat über drei Jahrzehnte in Verbänden gearbeitet und befragte als gelernter Sozialwissenschaftler aktuell Führungspersönlichkeiten der Wirtschaft, die kürzlich aus der angestellten Vollbeschäftigung ausgeschieden sind, nach ihren Erfahrungen und Empfehlungen.
Forum III: Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying
Vor allem über die Medien genießt der geneigte Beobachter Berlin als „Aufmerksamkeitsmonster“, wie Martin Bialecki, ehemaliger DPA-Hauptstadt-Korrespondent, feststellt. Hingegen: Wie verhält sich das mit dem politischen Berlin in Wirklichkeit? Sitzen die Bedeutenden der Hauptstadt wirklich immer nur im Restaurant Borchardt und teilen alles Wichtige unter sich auf? Wie ist das mit den berühmten Hintergrundkreisen? Wer hat welche Einflussmöglichkeiten, nutzt welche Zugänge zur Macht? Ein Insiderbericht über Klischees und Realität aus einer Stadt, in der Politik, Wirtschaft, Verbände und Medien hart arbeiten und heftig ringen – und das beileibe nicht immer mit fairen Mitteln.
Nach einer – zugegebenermaßen pointierten, aber nicht weniger korrekten Sicht – auf Berlin beobachtet Dr. Hubert Koch, Dr. Koch Consulting e.K., eine Konkurrenzsituation auf dem Feld des Lobbyings. Zahlreiche Hauptstadtbüros von Konzernen und Unternehmen, die im Herzen Berlins entstanden sind, zeugen davon, dass Unternehmen sich beim Lobbying nicht mehr allein auf die Verbände verlassen. Durch Konzern-Repräsentanzen, eigene Public-Affairs-Abteilungen oder durch „hired-guns“, die Lobbyagenturen, vertreten sie ihre politischen Interessen immer häufiger in Eigenregie. Dr. Koch beschreibt, welche Auswirkungen dieser Umstand auf Verbände hat und welchen Anforderungen sich die Verbandsführungen gegenübersehen.
Neben Fragen des Lobbyings macht Kommunikation häufig einen Großteil verbandlicher Arbeit aus. Was ist aber, wenn der Verband „redet und keiner zuhört“? Diese Feststellung hat zwei Seiten: interne und externe Kommunikation. Zwei Arbeitsfelder, deren sich Daniel Günther, DIALOG Public Relations, und Adrian Teetz, selbstständiger Kommunikationsberater, annehmen. Klappt der Informationsfluss im Verband nicht, werden die Mitglieder schnell unruhig. Welche Kanäle funktionieren, um Mitglieder effektiv zu erreichen, und wie von der Verbandsführung vermieden wird, dass Informationen in der täglichen Nachrichtenflut untergehen, erläutert Daniel Günther. Einmal nach innen gut kommuniziert, muss die Botschaft noch nach außen gebracht werden. Dort zählt, nach Adrian Teetz, „gezielter statt mehr“. Ein Verband erringt einen großen politischen Erfolg, die Mitglieder aber fühlen ihre Interessen nicht engagiert genug vertreten. Der Verbandsgeschäftsführer kommt prominent in den Medien zu Wort – aber im Gremium wird diskutiert, ob er nicht besser etwas anderes betont hätte. Freilich: Hätte er es nicht so gesagt, wäre er nicht vorgekommen. Die Unzufriedenheit über Kommunikation in Verbänden ist nicht das Ergebnis einer Verschwörung, sondern ein Organisationsdilemma. Unter extremem Zeitdruck muss der Verband widersprüchliche Anforderungen aus Politik, Medien und der eigenen Organisation überbrücken. „Gezielter statt mehr“ sowie ein bewusster und professioneller Umgang mit diesen besonderen Herausforderungen sind der Ansatz zu erfolgreicher Kommunikation.
Auch im Bereich der Kommunikation können Allianzen geschmiedet werden. Als ein Partner steht der nationale Hörfunk mit seinen Programmen Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur zur Verfügung. Christian Sülz, Redakteur beim Deutschlandfunk/Deutschlandradio Kultur, stellt die Programme vor. Besonders durch die Attribute „bundesweit“ und „werbefrei“ hat das Deutschlandradio dabei in der deutschen Medienlandschaft eine zentrale Funktion als Agendasetter, Multiplikator und Kooperationspartner. Der nationale Hörfunk ist somit auch ein wichtiger Gesprächspartner für die Verbände in Deutschland. Ob als Interviewpartner, Informationsquelle, Ideengeber oder Kooperationspartner – die Rolle der Verbände in diesem Dialog kann sehr variabel und vielseitig sein.
Forum IV: Mitgliedergewinnung und -bindung
Das vierte Praxisforum legt sein Augenmerk auf das Ziel der Mitgliederbindung und nicht zuletzt auch deren
-gewinnung. Vielfältige Beispiele runden das Themenangebot des 12. Deutschen Verbändekongresses in Düsseldorf ab.
Den Anfang macht der Erfolgsbericht des Sozialverbandes SoVD Niedersachsen, der als Grundlage für eine erfolgreiche strategische Verbandsentwicklung gemeinsam mit der forum! Marktforschung GmbH (Mainz) eine erste Analyse zur Emotionalen Mitgliederbindung inklusive einer systematischen Zielgruppensegmentation unter den Bestandsmitgliedern und einer Neu-Mitgliederpotenzialanalyse in der niedersächsischen Bevölkerung durchführte. Aus den gewonnenen Daten entwickelte der Vorstand eine Strategie, um die selbst gesetzten Ziele im Bereich der Emotionalen Mitgliederbindung und Neu-Mitgliedergewinnung bis 2011 zu erreichen. Der Geschäftsführer des Verbandes, Dirk Swinke, und Stefan Eser, Prokurist und Bereichsleiter Mitgliederbefragungen von forum! Marktforschung, stellen die Ergebnisse vor.
Verbände haben die Themenbereiche „Social Marketing“ und „Virales Marketing“ zwar nicht von der Begrifflichkeit her erfunden, beherrschen jedoch diese Kommunikationsstrategie schon viel länger als der sekundäre Sektor. Doch wie kann ein Verein die vielen (ehrenamtlichen) Mitarbeiter in der Fläche zielgerichtet ansprechen und gleichzeitig effizient mit Marketing-Materialien und Messe-Equipment versorgen? Welche Möglichkeiten gibt es, ehrenamtliche Mitarbeiter immer wieder zu motivieren und gleichzeitig nicht die Kommunikationsziele des Vereines aus dem Auge zu verlieren? Eine Herausforderung für einen Personenverband wie den VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V. mit besonders verzweigten regionalen Strukturen. Der Projektleiter Björn S. Böker stellt gemeinsam mit Anselm-Christian Scherl, Verbandsberater, den erfolgreichen Weg aus dem Dilemma dar.
Gerade in Zeiten von Krise hinterfragen Mitglieder ihre Mitgliedschaft im Verband. Gleichzeitig ist eine Krise auch Chance, erfolgreiche Kampagnen zur Mitgliederbindung und Mitgliederwerbung zu implementieren. Dr. Christian Wenzler vom Fachverband Schreinerhandwerk Bayern berichtet über erprobte und erfolgreiche Maßnahmen, mit denen „seine“ Mitglieder enger an den Verband gebunden sind. Denn auch die beste Kampagnenidee kann nur erfolgreich sein, wenn sie wirklich bis ins Detail professionell umgesetzt wird.
Einen vergleichbaren Weg schlug das Metallhandwerk ein. Clubkonzepte sind bei Personenverbänden alltäglich. Wie aber lassen sich Clubkonzepte in einem Wirtschaftsverband erfolgreich umsetzen? Die Wirtschaftsgesellschaft „Metall & mehr GmbH – Der Vorteilsclub des Metallhandwerks“ bietet den Mitgliedsbetrieben einzelner Verbände zusätzlichen Nutzen und Mehrwerte. Wie ein Clubkonzept auch in einem Handwerksfachverband die Mitgliedsbetriebe begeistert, berichtet der Geschäftsführer der Metall und mehr GmbH in seinem Praxisvortrag. Ergänzend dazu berichtet die Deutsche Post AG über Kooperationsangebote für Verbände im Marketingbereich (Mitgliederwerbung, Rahmenangebote, Gemeinschaftsmarketing).
Alle Bindungsinstrumente und Kampagnenideen gehen mit einem Prozess der Reorganisation einher. Diesen Prozess vernünftig zu gestalten, ist wesentliche Voraussetzung für eine höhere Mitgliederbindung. Dr. Charles Giroud von der B‘VM AG, Beratergruppe für Verbandsmanagement, in Bern verdeutlicht im Abschlussvortrag, dass Changemanagement eine zentrale Führungsaufgabe ist. Anpassungs-, Veränderungs- und Innovationsprozesse im Verband gehen mit Veränderungen der Strategie, der Struktur, der Entwicklung neuer Management-Systeme und gelegentlich auch mit Fusionen einher. Wer Veränderungsprozesse erfolgreich in Gang setzen will, wird sich mit Fragen der Erzielung von Veränderungsbereitschaft, der Erreichung von Akzeptanz und insgesamt der erfolgreichen Abwicklung von derartigen Prozessen auseinandersetzen müssen.
Ziele definieren – Wege finden: Ein Festival der Ideen
Die über 30 verschiedenen Vorträge, Fallbeispiele und Diskussionen und die Beteiligung hochkarätiger Referenten machen den 12. Deutschen Verbändekongress zu einem „Festival der Ideen“, wie Dr. Mürau von der DGVM betont. „Wobei wir sehr viel Wert auf das Ziel legen und weniger, welche Abteilung der Geschäftsführung schließlich die Aufgaben umsetzt. Damit möchten wir auch verdeutlichen, dass gute Verbandsarbeit immer auch Teamarbeit ist.“
Wie auch in den vergangenen Jahren, bietet der Verbändekongress eine ideale Möglichkeit zum intensiven Gedanken- und Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen.
Der Deutsche Verbändekongress ist das zentrale Treffen der Führungskräfte hauptamtlich geführter Verbände und findet im nächsten Jahr zum 12. Mal statt. Am 22. und 23. Februar 2010 widmet sich der Kongress dem Thema „Innovatives Verbandsmanagement – Herausforderungen und Lösungen“. Die Deutsche Gesellschaft für Verbandsmanagement e.V. (DGVM), Bonn, ist ideeller Träger des Kongresses. Mehr als 250 Verbände sind in dieser führenden Querschnittsorganisation für hauptamtlich geführte Verbände organisiert. Als Verband für Verbände moderiert sie den Erfahrungsaustausch, liefert Informationen, neue Impulse und unterstützt die Führungskräfte der Verbände in ihrer Arbeit.