Verbändereport AUSGABE 7 / 2011

Kongresszentren, Kongressbüros, Convention Offices und PCOs in Deutschland

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Die aktuellen Trends zeigen: In Deutschland boomt die Tagungsbranche. Kongresszentren rüsten daher auf, Kongressbüros und Convention Offices benachbarter Städte werben oftmals gemeinsam um Tagungsgäste. Und dort, wo die meist kostenlose Hilfe der Kongressbüros endet, treten die PCOs, Professional Congress Organizers, auf den Plan. Der Verbändereport stellt einige Neuigkeiten aus der Branche vor.

Der deutschen Tagungsbranche geht es gut, die Wirtschaftskrise hat in diesem Bereich bislang kaum Schaden angerichtet. Damit die Aussichten gut bleiben, werden derzeit vielerorts Kongresszentren renoviert und modernisiert.

Kassel: Anbau zur Umsatzsteigerung

Kurz vor dem Weltsolarkongress, den Ende August rund 700 internationale Teilnehmer besuchten, eröffnete das historische Kongress Palais Kassel seinen Erweiterungsbau. Durch den neuen, rund 2.900 Quadratmeter großen Kolonnadenflügel, der innerhalb eines Jahres für 6,1 Millionen Euro erbaut wurde, vergrößert sich das Flächenangebot des Kongress Palais auf rund 7.000 Quadratmeter. Mit Kapazitäten für insgesamt bis zu 4.350 Personen ist das „Green Globe“-zertifizierte Haus nun für die Zukunft gerüstet.

„Unser Ziel ist eine Umsatzsteigerung von 30 Prozent“, so Stadtkämmerer Jürgen Barthel, gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender von Kassel Marketing und Tagungszentrum Stadthalle Kassel (TSK). Zudem soll Kassel durch die Erweiterung in die Liga der Gastgeber großer Kongresse aufsteigen.

Friedrichshafen: Letzter Bauabschnitt im GZH

In Friedrichshafen sind die Modernisierungsmaßnahmen noch in vollem Gange. Seit Mitte Juli ist daher der große Saal- und Bühnenbereich im Graf-Zeppelin-Haus (GZH) für Veranstaltungen gesperrt. Die gesamte Ton- und Lichttechnik von Bühne und Saal wird verbessert, außerdem sollen Bühne und Orchestergraben vergrößert werden. In den kleineren angrenzenden Sälen und Foyers können seit Ende September wieder Veranstaltungen stattfinden.

Seit 2008 werden in jedem Sommer Modernisierungsmaßnahmen für insgesamt rund 6,5 Millionen Euro am GZH durchgeführt. 2011 findet bis Ende November der letzte Bauabschnitt statt. Das Haus, das vor knapp 26 Jahren eröffnet wurde, soll durch die Umbauarbeiten weiterhin seinem Ruf als modernes Veranstaltungshaus gerecht werden.

Zum 25-jährigen Bestehen des Graf-Zeppelin-Hauses im vergangenen Jahr war eine positive Bilanz gezogen worden: Seit der Eröffnung 1985 fanden rund 32.000 Veranstaltungen mit etwa 7,2 Millionen Besuchern statt. Das entspricht einem Besucherdurchschnitt von jährlich rund 290.000 Gästen bei etwa 1.280 Veranstaltungen. Dieses Ergebnis übertraf die Erwartungen weit, die vor Baubeginn an das Haus gestellt wurden.

Hannover: Investitionen vor dem Jubiläum

Um Zukunftsfähigkeit geht es auch in Hannover. In die Gebäude des Hannover Congress Centrums (HCC) werden in den nächsten vier Jahren jeweils zwei Millionen Euro investiert, um zum 100-jährigen Bestehen der Stadthalle im Jahr 2014 wettbewerbsfähiger auf dem Tagungsmarkt agieren zu können.

Neben einer Verbesserung der Akustik im Kuppelsaal steht die Aufwertung mehrerer Tagungsräume, sowohl optisch als auch tagungstechnisch, auf der Agenda. Einige Dächer und die sanitären Anlagen werden außerdem saniert. Darüber hinaus sollen Energiesparmaßnahmen an Fenstern, Türen und der Heizungsanlage umgesetzt werden. Zusätzlich wird bis Mitte nächsten Jahres eine überdachte Parkpalette – eine einfache Parkanlage –für 900 Fahrzeuge errichtet. Bei den Sanierungsarbeiten werden ökologische und historische Aspekte des teilweise unter Denkmalschutz stehenden Gebäudekomplexes berücksichtigt. HCC-Direktor Joachim König: „Durch die Investitionen wird sichergestellt, dass das Haus unter dem Slogan ‚Tradition und Innovation’ auch nach dem 100-jährigen Bestehen Perspektiven hat.“ Im HCC finden jährlich rund 1.300 Veranstaltungen mit insgesamt knapp 500.000 Besuchern statt.

Dass das HCC mit seinem Flair und seiner Geschichte überzeugt, zeigte sich kürzlich bei der Verleihung des Live Entertainment Awards (LEA). Der Preis in der Kategorie „alt und schön“ ging an den Kuppelsaal – er wurde zur Halle/Arena des Jahres 2010.

Husum: Neue Kongresshalle

Im hohen Norden eröffnete vor einem Jahr ein neues Kongresszentrum. Die Messe Husum wurde um ein Kongress- und Veranstaltungszentrum, das NordseeCongressCentrum (NCC), erweitert. Der 5.000 Quadratmeter umfassende Neubau eignet sich für Messen und Ausstellungen, für Konzerte, Tagungen und Seminare. Der barrierefreie Gebäudekomplex ist mit einem Leitsystem für Blinde und Sehbehinderte ausgestattet.

Die acht tageslichthellen Kongressräume sind 36 bis 85 Quadratmeter groß und für 30 bis 80 Personen ausgelegt. Der Multifunktionssaal verfügt über rund 610 Quadratmeter für maximal 900 Personen. Da die Räume variabel nutzbar sind, können sie bis zu 2.500 Personen fassen.

Ende August, genau ein Jahr nach der Eröffnung, sagte Peter Becker, seit Oktober 2010 Geschäftsführer von Messe Husum & Congress: „Wir sind sehr zufrieden und freuen uns über ein erfolgreiches erstes Veranstaltungsjahr des NordseeCongressCentrums.“ Die Bilanz nach einem Jahr wies über 110 Veranstaltungen an rund 130 Tagen auf.

In den nächsten Monaten findet das „Internationale Figurentheater Festival in Husum“, die sogenannten 28. Pole Poppenspäler Tage – benannt nach einer Figur von Husums bekanntestem Autor Theodor Storm –, im NCC statt. Außerdem werden zum Casablanca Model Contest mehr als 2.000 Besucher erwartet. Zur HUSUM WindEnergy 2012 rechnet die Messe Husum & Congress mit 36.000 Besuchern aus 90 Nationen.

München: Mehr Räume im Veranstaltungscenter

Das M,O,C, Veranstaltungscenter in München wurde im Sommer 2010 erweitert. Das Veranstaltungshaus arbeitet mit einem sogenannten Salonmessekonzept, es handelt sich dabei um eine aus Atrien und Salonräumen bestehende Konstellation. Um die Atrien gruppieren sich Showrooms, sodass sowohl Messen als auch Kongresse und Tagungen durchgeführt werden können. Dieses Raumkonzept wurde erweitert, daher stehen seit Juli 2010 im Salonmessebereich im ersten und zweiten Obergeschoss des Atriums vier zusätzliche Salonräume für Veranstaltungen zur Verfügung. Bei Tagungen eignen sich die zahlreichen Showrooms als Break-out-Räume.

Durch diese Veränderungen verfügt das M,O,C, Veranstaltungscenter auf einer Fläche von insgesamt 30.000 Quadratmetern über mehr als 150 Räume: Vier Messehallen, sechs Konferenzräume, zwei Atrien und 142 Showrooms können zeitgleich auf verschiedene Arten miteinander kombiniert werden.

Kongressbüros unterstützen die Tagungsplanung

Damit die Kongresszentren einer Stadt oder Region effizient ausgelastet werden, arbeiten vielerorts Kongressbüros oder Convention Offices. Allen voran das GCB German Convention Bureau, das als Dachorganisation ein zentraler Ansprechpartner für Kongresse, Tagungen, Incentives und Events in Deutschland ist. Die GCB-Mitarbeiter unterstützen Verbände kostenlos dabei, Tagungen zu planen, und vermitteln Ansprechpartner in den verschiedenen Städten. Das GCB ist dazu mit rund 250 Anbietern wie Kongressbüros und -zentren, Tagungshotels und Veranstaltungsagenturen vernetzt.

Die Kongressbüros oder Convention Offices der Städte und Regionen agieren ebenfalls in der Regel kostenlos. Sie beraten bei der Tagungsplanung und der Etatberechnung, sie helfen bei der Suche nach geeigneten Tagungsräumen und Übernachtungsmöglichkeiten. Da sich die Mitarbeiter der Kongressbüros meist bestens in den Regionen auskennen, können sie oftmals hilfreiche Anregungen für das Abend- oder Rahmenprogramm geben.

In einigen Regionen ist man in der Vergangenheit dazu übergegangen, nicht nur eine Stadt, sondern ganze Regionen von einem Kongressbüro vermarkten zu lassen. Mancherorts haben sich mehrere benachbarte Kongressbüros als Partner zusammengeschlossen, um gemeinsam aufzutreten.

Stuttgart und Region: Gemeinsam stark

Stuttgart und die angrenzende Region setzen das Konzept der gemeinsamen Vermarktung momentan um: Ende Juni wurde ein neues Logo präsentiert, mit dem Stadt und Region künftig werben. Mit dem Logo, das aus zwei Sprechblasen besteht, die zusammen ein „S“ ergeben, und dem Claim „Region Stuttgart – spricht für sich“ wird das gemeinsame Auftreten untermauert.

Seit etwa anderthalb Jahren arbeiten Stuttgart und die Region verstärkt zusammen. Grundlage für die Neuausrichtung war eine Untersuchung des gesamten Tourismusmarktes der Stadt und der Umgebung. Ergebnis der Analyse ist ein Konzept, das Tagungsreisende verstärkt als separate Zielgruppe versteht. Durch die gemeinsame Vermarktung von Stadt und Region soll diese Zielgruppe nun einheitlich angesprochen werden. Durch die Untersuchung wurde zudem deutlich, dass mehr finanzielle Mittel und mehr Personal für den Bereich der Tagungen nötig sind. Das soll nun umgesetzt werden, um mehr Großkongresse in die Region zu locken. Im Zuge der Neuausrichtung präsentierte sich die baden-württembergische Landeshauptstadt zusammen mit der Region 2011 erstmals bei der Messe IMEX an einem gemeinsamen Messestand.

Die Neuausrichtung, die sich auf die gesamte Tourismusbranche bezieht, hat im ersten Quartal 2011 bereits Erfolge erzielt: Die Zahl der Übernachtungen in der Gesamtregion Stuttgart stieg im Vergleich zum Vorjahr um 11,3 Prozent.

Rhein-Neckar: Synergieeffekte durch Zusammenarbeit

Die Tagungsbranche ist auch in der Metropolregion Rhein-Neckar, am Dreiländereck von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen, ein bedeutender Wirtschaftszweig. Um noch mehr Tagungen in die Region zu holen, verständigten sich sieben große Veranstaltungshäuser im Jahr 2008 darauf, enger zusammenzuarbeiten. Im gleichen Jahr wurde als neutrale Vermarktungsplattform das Convention Bureau Metropolregion Rhein-Neckar gegründet. Mittlerweile zählen knapp 30 Partner zum Netzwerk, über 50.000 Kongresse und Tagungen mit mehr als sieben Millionen Teilnehmern werden jährlich in der Metropolregion veranstaltet.

Der Gründung des Netzwerks war eine Analyse des Europäischen Instituts für Tagungswirtschaft vorausgegangen. Diese Untersuchung hatte gezeigt, dass das Angebot der Region zusammengenommen den Wettbewerb mit etablierten Tagungsstandorten nicht zu scheuen braucht, wenn die Stärken gemeinsam vermarktet werden. Die Veranstaltungsinfrastruktur mit 30 Tagungszentren in einem Radius von 50 Kilometern hatte schon damals großes Potenzial. Nach mittlerweile drei Jahren zogen die Partner eine positive Bilanz, da sie vom Austausch mit den Kollegen und Synergieeffekten profitieren.

Partnerschaft statt Konkurrenz

Das Tagungsdreieck Magdeburg.Halle.Dessau. verbindet seit Anfang 2006 die drei größten Städte Sachsen-Anhalts. Ende 2007 wurde die Zusammenarbeit mit einem Kooperationsvertrag zwischen Magdeburg Marketing Kongress und Tourismus, dem Stadtmarketing Halle (Saale), der Stadt Dessau-Roßlau (Amt für Kultur, Tourismus und Sport) und der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt geschlossen. Die Kongressbüros der drei Städte arbeiten seitdem zusammen. Hat eine der angefragten Städte keine Kapazitäten für eine Tagung, verweist das Kongressbüro auf die Angebote der Partnerstädte. Aus der vermeintlichen Konkurrenzsituation wurde eine Partnerschaft.

Zusammenarbeit wird auch am Rhein belohnt: Die Kongressbüros von Köln und Düsseldorf schlossen sich 2010 zur Städtekooperation „KÖLNDÜSSELDORF –The Meetropolis“ für die internationale Werbung zusammen und wurden im gleichen Jahr beim Landeswettbewerb „Erlebnis.NRW“ prämiert. 640.000 Euro brachte der Wettbewerb für die gemeinsame Arbeit ein. Ziel des Zusammenschlusses ist es, gemeinsam mehr internationales Tagungspublikum in die Rheinmetropolen zu holen. Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen deutschen Großstädten soll durch den Schulterschluss gestärkt werden.

Die Marketingkooperation Städte in Schleswig-Holstein (MakS) ist die offizielle touristische Städtevertretung in Schleswig-Holstein. 14 im Norden gelegene Städte vertritt die Kooperation. In einem 150 Seiten starken MICE-Guide werden sie mit ihren Vorzügen so vorgestellt, dass sie sich ergänzen. Jeder Stadt ist ein Typ von Tagungsgast zugeordnet: Der Feingeist wird sich in Lübeck wohlfühlen, der Paradiesvogel eher in Bad Bramstedt. Wer nicht sicher ist, was er genau sucht, kann im MICE-Guide zunächst einen Test ausfüllen und sich spaßeshalber selbst unter die Lupe nehmen.

Gute Erfahrungen mit der zentralen Vermarktung eines ganzen Bundeslandes hat auch Brandenburg gemacht (Verbändereport 5/2011). Das Netzwerk Tagung/MICE, das 2008 gegründet wurde, besteht aus mehr als 30 Partnern des Brandenburg Convention Office und sorgt mit Mitteln dieser Partner für die Bewerbung des Bundeslandes. Dadurch ist es laut Netzwerk-Manager Stefan Thaufelder
gelungen, explizit für die Tagungsbranche des ganzen Landes zu werben, was vorher allein mit dem Budget der Tourismus-Marketing
Brandenburg GmbH nicht möglich war.

Wenn die eigenen Kapazitäten nicht ausreichen

Kongressbüros sind jedoch nicht die einzigen Ansprechpartner in Sachen Tagungsplanung: Reicht Verbänden die Hilfe der Convention Offices nicht oder haben sie nicht genug Mitarbeiter, um eine Tagung selbst zu betreuen, helfen PCOs, Professional Congress Organizers. Diese Veranstaltungsagenturen übernehmen bei Bedarf die gesamte Tagungsplanung oder -durchführung. In Deutschland gibt es zahlreiche Anbieter, die zum Teil auf verschiedene Veranstaltungen spezialisiert sind. Das GCB führt auf seiner Website einige dieser Agenturen auf, die einen gewissen Qualitätsstandard und bestimmte vom GCB festgelegte Kriterien erfüllen. Denn das GCB arbeitet nur mit Unternehmen zusammen, die über Erfahrungen im Veranstaltungsgeschäft verfügen. Natürlich gibt es darüber hinaus weitere kompetente Unternehmen, nach denen Interessierte selbst recherchieren können. 

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