Verbändereport AUSGABE 5 / 2009

Studie zur Vergütung von Führungskräften in Verbänden

Aktuelle Ergebnisse der Kienbaum-Vergütungsstudie 2009

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Der folgende Artikel stellt einige Ergebnisse der neuen von der Kienbaum Vergütungsberatung durchgeführten Marktumfrage zur Vergütung der Führungskräfte in Verbänden 2009 vor. Gegenstand der in diesem Jahr zum 19. Mal durchgeführten Untersuchung waren die Höhe und Struktur der Vergütung vor dem Hintergrund verschiedener Merkmale der Verbände und Verbandsführungskräfte. An der Befragung im Frühjahr 2009 beteiligten sich insgesamt 280 Verbandsbetriebe mit Angaben zu 838 Führungspositionen.

Die Aufgaben von Verbänden werden umfassender und vielfältiger. Die stete Anpassung an politische und wirtschaftliche Veränderungen und die steigende Erwartungshaltung der Mitglieder erfordert eine stetige Professionalisierung auf Managementebene. Um Mitglieder kompetent betreuen zu können, brauchen Verbände qualifizierte und engagierte Mitarbeiter. Für diese Mitarbeiter sind genügend starke Eintritts- bzw. Bleibeanreize bereitzustellen. Zugleich müssen die Verbände ihre Personalkosten unter Kontrolle haben. Eine transparente und sowohl intern als auch extern angemessene Vergütung ist daher eine wichtige Voraussetzung für eine Optimierung des Vergütungssystems, eine wettbewerbsfähige Vergütungspolitik und motivierte Mitarbeiter.

Entwicklung der Bezüge

Von April 2008 bis April 2009 stiegen die Gehälter der Führungskräfte in Verbänden um durchschnittlich 3,5 Prozent. Aufgrund der abgeschwächten konjunkturellen Entwicklung durch die Finanzmarktkrise ist ein Trend zur grundsätzlich restriktiveren Verteilung des Budgets bei Unternehmen festzustellen. Der mittlere Bereich der Gehaltserhöhungen reicht von 0,2 Prozent bis 6,5 Prozent. Die erheblichen Unterschiede in den Erhöhungssätzen zeigen sich weniger zwischen den verschiedenen Positionen oder Verbandsarten, sondern bilden sich zum größten Teil in Abhängigkeit zum Lebensalter. Die jüngeren Führungskräfte können die höchsten Gehaltszuwächse verzeichnen. Dies ist damit zu erklären, dass jüngere Führungskräfte zunächst über einen Zeitraum von einigen Jahren an das eigentliche „Zielgehalt“ ihrer jeweiligen Position herangeführt werden. Mit zunehmendem Alter der Positionsinhaber nimmt die Höhe der Steigerungssätze folglich tendenziell ab. Auch bei der Betrachtung der Erhöhungssätze in Abhängigkeit von der Größe der Verbandsbetriebe ist ein Zusammenhang zwischen Größe und Höhe der Steigerungsrate zu erkennen.

Gehaltshöhe und Einfluss­faktoren

Ähnlich wie in Wirtschaftsunternehmen werden Höhe und Struktur der Gehälter von Führungskräften in Verbandsbetrieben durch eine Vielzahl von Einflussgrößen geprägt. Diese Faktoren überlagern einander; je nachdem, in welche Richtung sie wirken, verstärken oder verringern sie ihre Wirksamkeit. Die Darstellung in Abbildung 1 beleuchtet einige wesentliche Einflussfaktoren der Gehaltshöhe. Grundsätzlich ist die Höhe der Vergütung vor dem Hintergrund des Beitrages zu bestimmen, den der Mitarbeiter zur Erreichung der Ziele des Verbandsbetriebes leistet. Von entscheidender Bedeutung für die Entgelthöhe ist also die betriebsinterne Wertigkeit der ausgefüllten Position einerseits, das Maß, in dem diese Position aufgrund von Qualifikation, Erfahrung und Einsatzbereitschaft von der jeweiligen Führungskraft ausgefüllt wird, andererseits. Die Streuung der Gehälter von Verbandsführungskräften ist beträchtlich. Hierbei ist zu beachten, dass je höher die Mitarbeiter in der Verbandshierarchie angesiedelt sind, desto stärker streuen die Gehälter. Die Bandbreite der monetären Gesamtbezüge (= Grundgehälter + Weihnachts-/Urlaubsgeld + eventuelle variable Vergütung) reicht je nach Position von etwa 49.000 Euro bis über 315.000 Euro.

Hierarchischer Rang/Position

Die hierarchische Einstufung einer Führungskraft hat ganz wesentlichen Einfluss auf ihr Gehalt. Diese Einstufung spiegelt die Wertigkeit einer Position innerhalb der Unternehmensorganisation wider. Am deutlichsten ausgeprägt ist das Vergütungsgefälle zwischen der obersten Führungsebene — den Hauptgeschäftsführern — und der unmittelbar unterstellten Ebene — stellvertretende Geschäftsführer und/oder Abteilungsleiter (zum Überblick vgl. Abbildung 2). Der Abstand der Jahresgesamtgehälter von Hauptgeschäftsführern zu Geschäftsführern der 2. Ebene beträgt unter Berücksichtigung unterschiedlicher Größenstrukturen etwa 20 Prozent bis 60 Prozent. Im Vergleich zu den ihnen unterstellten Referats- und Abteilungsleitern liegt das Gehalt von Hauptgeschäftsführern 70 Prozent bis über 100 Prozent höher.

Tätigkeitsfeld des Verbandes

Die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder, auf denen die Verbände aktiv sind, und ihre differierenden Aufgabenstellungen haben auch in vergütungspolitischer Hinsicht unterschiedliche Strukturen hervorgebracht. Die Wirtschaftsverbände weisen schon aufgrund ihrer Aufgabenstellung und Mitgliederstruktur eine große Nähe zum Unternehmen auf; dies schlägt sich auch im Vergütungsniveau ihrer Führungskräfte nieder (vgl. Abbildung 3). Dagegen spielen soziale Aufgabenstellungen, ehrenamtliches Engagement, ideelle Anreize vor allem in den sozialen und politischen Verbänden eine große Rolle. In vielen Fällen sind die Vergütungsstrukturen aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen von den Entgeltregularien und dem Gehaltsniveau des öffentlichen Dienstes geprägt. Einen mittleren Rang nehmen die soziokulturellen Verbände ein. Hier zeigen sich innerhalb der Gruppe erhebliche Unterschiede, die Ausdruck sehr heterogener Aufgaben und Zielsetzungen dieser Verbände sind.

Größe des Verbandsbetriebes

In Verbandsbetrieben (ähnlich wie in Wirtschaftsunternehmen) existiert ein enger Zusammenhang zwischen der Größe der Organisationen und der Gehaltshöhe: Mit zunehmender Größe — gemessen am Etat oder der Beschäftigtenzahl des Verbandsbetriebes — wachsen für Führungskräfte vor allem der höheren Ebenen Aufgabenbereich und Verantwortungsumfang. So beträgt die durchschnittliche Gehaltshöhe des Hauptgeschäftsführers in einem Verbandsbetrieb mit einem Etat bis 500 Tsd. Euro mit 71 Tsd. Euro weniger als die Hälfte des Kollegen mit einem Etat von 25 Mio. Euro (154 Tsd. Euro). Auf der Ebene der Referatsleiter beträgt diese Differenz noch etwa 35 Prozent.

Ausbildung der Verbands­führungskräfte

Neben den bisher behandelten Einflussfaktoren der Vergütungshöhe, die sich auf die Position oder den Verband beziehen, lassen sich auch Unterschiede im Vergütungsniveau aufgrund der einzelnen Führungskraft, welche die Position ausfüllt, feststellen. Neben der Einsatzbereitschaft und dem Erreichen von gesteckten Zielen, die häufig durch leistungsabhängige Vergütungskomponenten vergütet werden, ist die Qualifikation der Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung. Verbandsmanager weisen verglichen mit ihren Kollegen in Wirtschaftsunternehmen eine höhere formale Qualifikation auf: 88 Prozent der Studienteilnehmer haben ein Universitäts- oder Fachhochschulstudium absolviert, 72 Prozent verfügen über einen Universitätsabschluss, 18 Prozent mit Promotion (vgl. Abbildung 4). In Wirtschaftsunternehmen liegt der Anteil der Universitätsabsolventen mit 38 Prozent und der Promovierten mit 9 Prozent deutlich niedriger. Das Qualifikationsniveau liegt in den Wirtschafts- sowie politischen Verbänden besonders hoch. Unter den Hochschulabsolventen dominieren Wirtschaftswissenschaftler (29 Prozent), gefolgt von den Juristen (28 Prozent) und den Ingenieur- und Naturwissenschaftlern (zusammen 20 Prozent). Besonders der hohe Anteil von Juristen unterscheidet die Verbandsbetriebe von Unternehmen aus Industrie und Handel. Der Anteil der Juristen ist — neben dem Rechtsreferat — bei den Geschäftsführern der verschiedenen Ebenen sowie dem Referat Sozialpolitik, das häufig mit Tarifverträgen befasst ist, überdurchschnittlich hoch. Andere Schwerpunkte ergeben sich unmittelbar aus dem spezifischen Aufgabenbereich (bspw. Volkswirtschaft/Wirtschaftspolitik, Betriebswirtschaft oder Technik). Verbandsmanager mit hoher formaler Qualifikation erzielen im Allgemeinen ein höheres Einkommen als ihre Kollegen ohne vergleichbare Abschlüsse. Besonders deutlich wird dies an den Unterschieden im Gehaltsniveau zwischen promovierten und nichtpromovierten Hochschulabsolventen (vgl. Abbildung 5).

Alter und Berufserfahrung

Führungskräfte machen in Verbänden tendenziell früher Karriere als in der Privatwirtschaft: Referats- und Abteilungsalter sind im Durchschnitt 47 Jahre alt, knapp ein Viertel ist nicht älter als 40 Jahre. Das Durchschnittsalter von Führungskräften in Unternehmen liegt mit 48 Jahren in etwa gleich, allerdings sind nur 16 Prozent jünger als 40. Bei den Hauptgeschäftsführern ist die Tendenz dagegen umgekehrt: Hauptgeschäftsführer in Verbänden sind mit durchschnittlich 53 Jahren ein Jahr älter als Geschäftsführer in Wirtschaftsunternehmen. Zudem sind bei Geschäftsführern in Unternehmen die Altersklassen zwischen 40 und 55 Jahren mit 62 Prozent am stärksten besetzt, während bei den Hauptgeschäftsführern in Verbänden dieser Anteil zwischen 45 und 60 Jahren liegt. Führungskräfte in Verbänden sind im Durchschnitt 14 Jahre bei ihrem Verband und seit elf Jahren in ihrer Position beschäftigt. Diese Struktur hat sich in den letzten Jahren als sehr stabil erwiesen. Ein eindeutiger Zusammenhang besteht zwischen Berufserfahrung und der Entgelthöhe. Verbände honorieren — ebenso wie Unternehmen — die zunehmende Berufserfahrung ihrer Führungskräfte. Dabei ist der Erfahrungszuwachs in den ersten Berufsjahren besonders hoch. Diese zunehmende Berufserfahrung drückt sich in der Entwicklung der Gehälter im Laufe des Berufslebens aus: In den ersten Berufsjahren steigen die Bezüge relativ kräftig. Die Zuwachsraten verringern sich im Laufe des Berufslebens, bis sie sich in fortgeschrittenen Karrierestadien häufig auf die allgemeinen jährlichen Gehaltsanpassungen bzw. den Ausgleich der Preissteigerungsraten beschränken.

Geschlecht

Frauen sind unter den Führungskräften in Verbänden deutlich unterrepräsentiert: Von den untersuchten Positionen besetzen sie lediglich 23 Prozent, diese Quote hat sich in den letzten drei Jahren kaum verändert. Dabei sind mit diesem Wert die beruflichen Chancen der Frauen in Verbandsbetrieben immer noch besser als in Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, wo ihr Anteil bei 10 Prozent liegt. Die größten Chancen, Führungspositionen in Verbänden zu erreichen, haben Frauen in den sozialen/karitativen und den politischen Verbänden mit 29 Prozent bzw. 28 Prozent. Allerdings haben auf höheren Hierarchieebenen Frauen geringere Aussichten auf eine entsprechende Position: Während sie auf Referentenebene noch mit 27 Prozent repräsentiert sind, sinkt ihr Anteil bei Geschäftsführern der zweiten Ebene auf 19 Prozent und bei Hauptgeschäftsführern auf 13 Prozent.

Frauen sind in Führungspositionen der Verbandsbetriebe nicht nur deutlich unterrepräsentiert, sondern auch schlechter bezahlt. Die Abstände lassen sich nur zum Teil dadurch erklären, dass Frauen eher in kleineren Verbandsbetrieben tätig sind oder ein niedrigeres Lebensalter und damit geringere Berufserfahrung aufweisen. Auch bei Berücksichtigung dieser Faktoren zeigt sich, dass weibliche Führungskräfte in vergleichbaren Führungspositionen 10 bis über 30 Prozent unter dem Einkommen ihrer männlichen Kollegen liegen.

Variable Vergütung

Erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile haben in Wirtschaftsunternehmen seit Langem eine große Bedeutung: Mehr als 91 Prozent aller Geschäftsführer in Industrie und Handel erhalten einen Teil ihres Jahreseinkommens in erfolgsabhängiger Form; der variable Anteil liegt im Mittel bei 35 Prozent der Jahresgesamtbezüge. Aber auch von den Führungskräften unterhalb des Vorstandes erhalten auf der ersten und zweiten Unterstellungsebene 90 Prozent bzw. 82 Prozent eine erfolgsabhängige Tantieme, die 24 Prozent bzw. 18 Prozent der Jahresgesamtbezüge ausmacht. In Verbandsbetrieben haben leistungsabhängige Zusatzvergütungen bei Weitem nicht die gleiche Bedeutung wie in Wirtschaftsunternehmen. Nach unserer Untersuchung zeigen sich auch in den Verbänden langsam, aber kontinuierlich an Bedeutung gewinnende Ansätze einer Vergütungspolitik, die das Einkommen der Verbandsführungskräfte an Leistung und Erfolg koppelt. Zurzeit liegt der Anteil der Empfänger einer variablen Vergütung bei etwa 38 Prozent. Der Anteil an den Gesamtbezügen ist zwar deutlich geringer als bei Führungspositionen in der Privatwirtschaft, die Zusatzvergütung erreicht mit durchschnittlich 17.000 Euro bei den Hauptgeschäftsführern und Geschäftsführern der zweiten Ebene aber durchaus eine spürbare Höhe. Die Referats- und Abteilungsleiter erhalten im Mittel eine Zusatzvergütung von 9.000 Euro. In allen Positionsgruppen liegt der variable Vergütungsanteil mit 9 Prozent bzw. 12 Prozent der Gesamtbezüge aber deutlich niedriger als in Wirtschaftsunternehmen. Leistungsabhängige Vergütungsbestandteile haben von der Höhe her in den Wirtschaftsverbänden die größte Bedeutung, finden sich jedoch auch bei Führungskräften aller anderen Verbandstypen. Die variable Vergütung birgt für die Personalführung der Verbände große Chancen: Durch die Verbindung von Leistungsfähigkeit sowie Erfolg der Verbandsbetriebe und der Vergütung der Führungskräfte fördert sie die Identifikation der Verbandsmanager mit ihrer Organisation und honoriert besondere Anstrengungen und Leistungen. Dafür bedarf es aber einer auf die Verbandsspezifika ausgerichteten Ausgestaltung.

Auch wenn für Verbände unternehmenstypische gewinnorientierte Kenngrößen als Bemessungsgrundlage von Tantiemen kaum geeignet sind, bietet sich für die Ausgestaltung einer variablen Zusatzvergütung die Form eines Bonus an, der an die Erreichung von quantitativ oder qualitativ formulierten Zielen anknüpft. Diese Ziele leiten sich aus den übergeordneten Zielsetzungen und Aufgaben des Verbandsbetriebes ab und können sich auch auf zeitlich beschränkte Projekte oder Aktionen beziehen. Die häufigsten Bemessungskriterien sind das Haushalts-/Betriebsergebnis, sonstige verbandsspezifische Kriterien und die Erfüllung von Projektplänen bzw. Projekterfolge.

Die Ziele richten sich letztlich immer auf die Verbesserung der Verbandstätigkeit im Interesse der Mitglieder. Ein Vergütungssystem, das hierauf ausgerichtet ist, kann maßgeblich dazu beitragen, die Tätigkeit des hauptamtlichen Verbandsapparates effektiver und effizienter zu gestalten.

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