Verbändereport AUSGABE 2 / 2007

Unternehmensberatung und Verbändeberatung - Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Prüf- und Entscheidungskriterien für die Auswahl eines Beraters

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Trotz der Ähnlichkeiten – Unternehmen wie Verbände sind formale Organisationen in einem komplexen Umfeld – und trotz der analogen Anwendbarkeit von Analysekonzepten sind die Unterschiede doch so gravierend, dass Beratungsprojekte für Verbände anders anzulegen sind als die für Unternehmen.

Beide — Unternehmensberatung wie Verbandsberatung — sind Organisationsberatung. Die professionelle Organisationsberatung verfügt über ein bewährtes Arsenal von Werkzeugen. Beispiele sind: Marktanalyse, Wettbewerbsanalyse, Marketingkonzepte, Portfolioanalyse und -management, Strategieentwicklung, Prozessoptimierung und Heben von Effizienzreserven, Verfahren und Methoden der Restrukturierung sowie Steuerungsmethoden wie Balanced Scorecard, Zielvereinbarungen, erfolgsabhängige Vergütungen …

Ebenso haben sich professionelle Standards für die Gestaltung eines Beratungsprozesses eingespielt, beginnend bei der Vereinbarung zu Prozesszielen, Projektablauf und Projektbeteiligte über Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse bis zur Implementationsberatung.

All diese Elemente sind prinzipiell in beiden Feldern, in der Unternehmensberatung wie Verbandsberatung, einsetzbar. Selbst Marktanalyse ist mittlerweile in der Verbandsberatung kein Fremdkörper mehr. Sie ist aber auch kein Selbstläufer

An ihr ließe sich exemplarisch vorführen, dass die klassischen Elemente der Unternehmensberatung möglicherweise doch nur mit Einschränkungen oder allenfalls mit geänderten Bedeutungen versehen in der Verbandsberatung brauchbar sind; denn bereits der erste Blick verrät, dass sich der Markt von Verbänden in Kernbereichen wesentlich von klassischen Güter- und Dienstleistungsmärkten unterscheidet.

Die Verschiedenartigkeit beider Beratungsobjekte haben wir unter anderen Gesichtspunkten auch und mit dem Blick auf Konzepte der Personalentwicklung in unserer Abhandlung „Strategische Personalentwicklung in Verbänden“ diskutiert.

(erschienen in: Verbändereport, Ausgabe 1/ 2, 10. Jahrgang 2006)

Trotz der Ähnlichkeiten — Unternehmen wie Verbände sind formale Organisationen in einem komplexen Umfeld — und trotz der analogen Anwendbarkeit von Analysekonzepten sind die Unterschiede doch so gravierend, dass Beratungsprojekte für Verbände anders anzulegen sind als die für Unternehmen. Wir wollen diese These an Hand von drei Merkmalen ausführen:

1. Führungsstruktur

2. Organisationsziele und Marktbedingungen

3. Ressourcenbasis / Finanzierung

Als Einstieg dient die folgende Übersicht:

Die Unterschiede in der Führungsstruktur prägen die Anlage von Beratung

Ein Unternehmen ist gewöhnlich durch eine einheitliche Führungsstruktur gekennzeichnet, in der die Willensbildung und Entscheidungskompetenz im zentralen Leitungsgremium gebündelt sind. Das gilt relativ unabhängig von der Rechtsform eines Unternehmens.

Demgegenüber ist die typische Führungsstruktur eines Verbandes dual angelegt, bestehend aus einer so genannten ehrenamtlichen Führung, dem Vorstand, der zugleich die „Eigentümer“, die Mitglieder, repräsentiert und einer hauptamtlichen Führung, die in der Regel formal ausführendes Organ der ehrenamtlichen Führung ist, also unmittelbar vom Eigentümerwillen abhängt.

Hinzu zu fügen ist, dass die ehrenamtliche Führung in den meisten Verbänden nach ein bis zwei Wahlperioden wechselt und die hauptamtliche Führung die relative Kontinuität der Führung repräsentiert. Dieser Umstand sorgt für eine große Bandbreite in der Art des Verhältnisses der beiden Führungsprinzipien.

Das eine Extrem ist die unbedingte Durchsetzung der ehrenamtlichen Führung und damit die faktische Übernahme der operativen Führung des Verbandes durch das Ehrenamt. Das wesentliche Risiko hierbei liegt in abrupten politischen Richtungsänderungen bei Wechsel der ehrenamtlichen Führung nach Wahlperioden. Das andere Extrem ist die faktische Führung durch das Hauptamt, was nicht selten auch einen wirksamen Einfluss auf die Gewinnung und Auswahl des ehrenamtlichen Führungspersonals nach sich zieht. Das Risiko dieser Verfahrensweise steckt vor allem in der möglichen Entfremdung von professionellem Verbandsmanagement und Mitgliederwillen. Die Wirklichkeit in den meisten Verbänden liegt bei beträchtlicher Streuung zwischen den Extremen.

Welche Auswirkungen haben diese Unterschiede in der Führungsstruktur von Unternehmen und Verbänden für die Anlage eines Beratungsprozesses?

Voraussetzung einer effektiven Beratung ist der eindeutige Wille auf Seiten des Klienten, für die Bewältigung als notwendig erachteter Veränderungsprozesse externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Auch wenn in Unternehmen vielfältige Interessen zu beachten sind und die Ansichten zur Unternehmensstrategie, zum Produktportfolio, zur Personalpolitik durchaus differieren können, ist die einheitliche Willensbildung und Entscheidungsfindung im Vergleich zu Verbänden strukturell bevorteilt. Dadurch sind — aus Sicht des Beraters — in aller Regel die Grundentscheidungen zu einem Projekt, wie Festlegung der Projektziele, des Projektablaufs und der Projektorganisation, relativ konfliktfrei und präzise zu treffen. Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass im Laufe eines Beratungsprozesses reichlich Sand ins Getriebe gestreut wird, weil Organisationseinheiten und Personen unterschiedlich betroffen sind, ihre informellen Einflusspotenziale wirksam genutzt werden oder sich neue Machtkonstellationen im Prozess herausbilden.

All dies ist auch bei Beratungsprozessen in Verbänden Alltag. Der Unterschied liegt in den komplizierteren Ausgangsbedingungen. Der Berater kommt nicht umhin, sich bereits vor dem eigentlichen Einstieg in den Beratungsprozess mit den Interessen, Ansichten und Einflusspotenzialen der beiden Führungsstränge auseinander zu setzen und sie in die Entwicklung des Beratungsdesigns einfließen zu lassen. Voraussetzung ist selbstverständlich ein tragfähiger Minimalkonsens über die Notwendigkeit externer Beratungsunterstützung. Falls der Berater im Vorfeld weiterhin grundsätzliche Differenzen hierüber feststellt, sollte er von einem endgültigen Einstieg in den Beratungsprozess absehen, da bei fehlendem Gestaltungswillen einer Seite deren Blockadepotenzial stets wirksam eingesetzt werden könnte.

Die Weichen für einen erfolgreichen Beratungsprozess werden aus einem weiteren Grund am Anfang gestellt. Erfolg versprechende Beratung bedarf einer Atmosphäre des Vertrauens zwischen Auftraggeber und Berater. Eine duale Führungsstruktur macht den Weg dorthin nicht selten beschwerlich. Deshalb bedarf es zu Beginn eines Beratungsprozesses bei Verbänden eines längeren und intensiveren Vorlaufs als bei der Beratung von Unternehmen.

Kern der vorlaufenden Aktivitäten ist eine gründliche Anamnese der den Strukturen unterliegenden Deutungs- und Handlungsmuster der Repräsentanten der beiden Führungsstränge.

Beispielhaft für diese Anamnese sind Antworten auf folgende Fragen:

  • Welche Kernthemen bewegen die Führung?
  • Welche Stereotype herrschen vor bezüglich:
  • Umfeld des Verbandes: Wird er eher als stabil oder turbulent gedeutet?
  • Strategie: Ist sie eher defensiv oder unternehmerisch angelegt?
  • Strukturen: Werden sie als bürokratisch oder flexibel wahrgenommen?

Kultur:

  • Stabilisiert sie den Status quo oder ist sie innovations- und risikofreudig?
  • Führungs- und Verhaltensstile der beiden Führungsstränge im Vergleich

Bevor ein einigermaßen klares Bild dieser Landschaft wirksamer Deutungsmuster entwickelt worden ist, sollte der Beratungsprozess nicht auf den Weg gebracht werden. Im anderen Falle liefe er Gefahr, sich im Gestrüpp nicht kompatibler Stereotype der verantwortlichen Verbandsakteure zu verfangen. Der Misserfolg wäre garantiert.

Wegen der Risiken, die strukturell in der dualen Führung liegen, sollte zudem besondere Sorgfalt auf eine transparente und stabile Projektorganisation verwendet werden. Bild 2 stellt eine bewährte Struktur dar.

Die unterschiedlichen Charakteristiken von Organisationszielen und Marktbedingungen durchziehen die Beratungsstruktur

Die sorgfältige Anamnese zu Beginn eines Beratungsprozesses für Verbände findet ihre besondere Begründung auch in der schwierigen Bestimmbarkeit und Ambivalenz der Marktbedingungen, unter denen Verbände agieren. Aus dieser Ambivalenz resultiert die grundsätzliche Schwierigkeit, vor allem solche Organisationsziele zu bestimmen, deren Verfolgung einigermaßen transparent nachvollziehbar ist.

Dient Markt nur als eine ökonomische Floskel in der Verbandsberatung?

Demgegenüber vermag Unternehmensberatung auf Daten zu bauen, wie: Marktpotenzial für ein Produkt, relativer Marktanteil, Intensität des Wettbewerbs, Markttendenzen (Wachstum, Stagnation oder Schrumpfung), Preiselastizität der Nachfrage etc.

Diese Daten liefern ein hinreichend stabiles Gerüst der Analyse und bilden eine Folie für nachfolgende Ziel- und Strategieentwicklungen.

Verbandsberatung hingegen kann nur in Teilbereichen mit vergleichbaren Instrumentarien operieren, und zwar dort, wo ein Verband Serviceleistungen anbietet, für die es einen externen Markt mit wirksamen Nachfrage-Angebots- und damit Preismechanismen gibt. Hier lassen sich auch quantifizierbare Erfolgsmaßstäbe anwenden.

Fest steht, es gibt einen Konkurrenzkampf zwischen Verbänden untereinander und mit anderen gesellschaftlichen Akteuren organisierter Interessen um den Einfluss auf politische Entscheidungsfindung. Ablesbar ist dieser Kampf an kontrastierenden Spezifizierungen und Bewertungen der Materien, die zu politischen Entscheidungen anstehen durch die Vertreter der organisierten Interessen. Dieser Markt der politischen Beeinflussung ist das Feld der Public Affairs, des Lobbying.

Während auf klassischen Güter- und Dienstleistungsmärkten im Prinzip der Preismechanismus wirkt, ist eine Analogie zum politischen Markt der Verbände nicht herstellbar. Einen transparenten Preis als handelbaren Wert des Angebots der politischen Willensbildung gibt es nicht. Quantifizierbarkeit ist ausgeschlossen. An ihre Stelle treten Annahmen über Gewicht und Bedeutung von Analysen, Wertungen und Positionen. Manche Kundige bezweifeln deshalb, ob die Anwendung der ökonomischen Marktmetapher zu mehr Einsicht in die Mechanismen dieses Wettbewerbsfeldes führt.

Trotz dieser grundsätzlichen Problematik ist es wie in der Unternehmensberatung auch in der Verbandsberatung sinnvoll, unterschiedliche Märkte zu differenzieren, beispielsweise

  • aus Sicht der Kunden: Mitglieder als Kunden oder Politiker als Kunden
  • mit Blick auf Produkte: Dienstleistungen für die Mitglieder bzw. Expertisen (Fakten und Deutungen) für die Politiker

Die Verbandsberatung im politischen Markt des Verbandes ist weitgehend auf qualitative Maßstäbe und Methoden angewiesen. Wegen dieser Einengung der Methodenauswahl operiert Verbandsberatung vor allem mit differenzierten und ausgefeilten Instrumentarien der Befragung. Diese richten sich an alle relevanten Zielgruppen. Sie nutzen den gesamten Bereich der Befragungsinstrumente, wie repräsentative Befragungen und Expertenbefragungen. Inhaltsanalytische Methoden sind ebenso gefragt wie die Analyse von Publikationen, Verlautbarungen etc. Darüber hinaus werden selbstverständlich auch Quantifizierungen angestrebt, wo der Gegenstand es erlaubt.

Das Ergebnis ist eine mosaikartige Strukturbildung als funktionale Alternative zur quantitativen Modellanalyse der klassischen Unternehmensberatung.

Zielfindung und Konsensbildung

Aus denselben Gründen unterscheiden sich bei Unternehmen und Verbänden die Prozesse, in denen Ziele entwickelt werden und Konsens hergestellt wird.

Bei Unternehmen lassen sich mit denselben oder zumindest mit ähnlichen Maßstäben, mit denen Märkte analytisch aufgeschlüsselt werden, Organisationsziele weitgehend quantitativ und transparent entwickeln. Beispiele sind:

  • Marktanteil in einem Zeitraum X verdoppeln,
  • Eigenkapitalrendite um Y-Prozent-Punkte verbessern,
  • Entwicklung des Produktes A bis zur Serienreife in 6 Monaten sicherstellen etc.

Selbstverständlich lassen sich nicht alle Zielgrößen leichthin quantifizieren, aber selbst Instrumente wie die Balanced Scorecard bemühen sich um Quantifizierung qualitativer Merkmale.

Demgegenüber — die bereits mehrfach erwähnten, auf dem Markt operierenden Servicegesellschaften von Verbänden außer Acht gelassen — wird sich Verbandsberatung auf einen Zielfindungsprozess einlassen, der politische Zielfelder und Interventionen identifiziert und Qualifizierungen von Zielen benennt. Beispiele sind:

  • Steuerpolitik: Körperschafts- und Einkommenssteuer mittelstandsverträglich gestalten,
  • Technologiepolitik: Förderung des Transfers von Wissen aus Forschung zu Produktentwicklung durch Maßnahmen xyz,
  • Tarifpolitik: Tarifnormen betriebsnah gestalten.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass begleitende Verbandsberatung ein hohes Maß politischer Sensibilität aktivieren muss.

Die Politikzielfelder geben zugleich die Folie für die Ausrichtung interner Dienstleistungen, insbesondere die Beratung der Mitglieder ab. Sie werden durch konkrete Themenfelder wie Umsetzung tarifvertraglicher Normen, Betriebsberatung, Lohngestaltung, Nutzung technologischer Förderprogramme spezifiziert.

Zielfindung und Konsensbildung sind auf einen kommunikationsorientierten Prozess angewiesen, dem Gremiensitzungen keineswegs genügen. Er bedient sich ergänzender Instrumente wie Mitgliederbefragungen, Expertenteams und Projektorganisation sowie standardisierten Informationsmanagements.

Anmerkung

Auf diesem Hintergrund qualitativer Fundierung von Zielfindung und Konsensbildung erweist sich der zunächst qualitativ definierte Ansatz der Balanced Scorecard mit den vier Perspektiven: Kundenperspektive, Interne Geschäftsprozesse, Lernen und Entwicklung sowie Finanzielle Perspektive als ein brauchbares, weil weiterführendes Instrument, zumal es in der Umsetzung eine sensible Quantifizierung einschließt.

Die Unterschiede in Ressourcenbasis und Finanzierung verlangen eigene Instrumente

Unternehmen und Verbände unterscheiden sich grundlegend in ihrer Finanzierung. Die Finanzierung von Unternehmen ist marktgetrieben, d. h. die notwendigen Mittel zur Finanzierung der laufenden Aktivitäten und Investitionen resultieren aus den Erfolgen auf den Produkt- bzw. Dienstleistungsmärkten sowie aus Kapitalerträgen, so dass Binnenfinanzierung und Außenfinanzierung Hand in Hand gehen können. Zur Aufrechterhaltung der Prozesse sind die Sicherstellung der Liquidität und das Erreichen von kapitalmarktinduzierten Rentabilitätszielen erforderlich. Unternehmensberatung bewegt sich in diesem Feld finanzwirtschaftlicher Terminologie.

Im Kontrast hierzu halten wir fest: Verbände finanzieren sich durch Mitgliedsbeiträge. Man könnte sie als eine Form der Außenfinanzierung verstehen. Diese Definition hilft aber deshalb nicht wesentlich weiter, weil deren Einsatz nicht der üblichen Rentabilitätslogik unterliegt. Mitgliedsbeiträge dienen der Finanzierung einer Palette von Verbandsleistungen, die allenfalls einem individuellen Nutzenkalkül zugänglich sind.

Gleichwohl vermag die Beratung von Verbänden im finanzwirtschaftlichen Feld Anleihen bei der klassischen Unternehmensberatung zu machen. Diese fassen vor allem bei Kosten-Nutzen-Betrachtungen an, insbesondere mit dem Ziel, konsequent Effizienzpotenziale für einzelne Aktivitäten zu heben und zu realisieren. Hier hilft in aller Regel bereits, Leistungen und Kosten transparent zu machen, denn eine konsequente Offenlegung der Zusammenhänge von Leistung und Kosten ist noch längst nicht Allgemeingut bei Verbänden.

Kapitalerträge als Finanzierungsinstrument für die Verbandsaktivitäten stehen bei den allermeisten Verbänden kaum oder gar nicht zur Verfügung. Nur Arbeitgeberverbände vermögen dieses Instrument in beachtenswertem Maß zu nutzen.

Erträge aus eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten spielen eine zunehmende Rolle, auch wenn ihre Möglichkeiten wegen der steuerrechtlichen Ausstrahlung auf den Verbandsstatus als gemeinnützige Körperschaft begrenzt sind.

Ein anderer Finanzierungsansatz entwickelt sich aus dem Umstand, dass diskontinuierliche Aktivitäten von Verbänden zunehmend als Projekte organisiert und so spezielle Finanzierungen vor allem durch potente Mitglieder generiert werden können. Projektfinanzierung in dieser Form nähert sich in vielen Fällen einer Art von Sponsoring an, weil zwischen den Interessen der finanzierenden Mitglieder und der Projektthematik eine relativ enge Beziehung besteht.

Neben Sponsoring wächst die Bedeutung von Fundraising, vor allem für solche Verbände, die nicht in einem besonderen engen Bezug zur Wirtschaft stehen.

Ein weiteres Element ist die Nutzung von Stiftungen als externe Finanzierungsquelle. Aber auch hier muss es eine Affinität zwischen dem Stiftungszweck und den Verbandszwecken und Verbandsaktivitäten geben.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die wesentlichen Finanzierungsinstrumente von Verbänden komplett von den Finanzierungsinstrumenten eines Unternehmens unterscheiden und nur in Teilbereichen Übereinstimmungen vorhanden sind.

Hierauf hat sich Verbandsberatung einzustellen. Sie kämpft mit Fragen solcher Art wie:

  • Wie überzeuge ich Sponsoren?
  • Wie halte ich die Mitglieder bei der Stange?
  • Wie gewinne ich ein breiteres Interesse für die Ziele und
  • Funktionen des Verbandes, so dass weitere Finanzierungsquellen erschlossen werden können?

Da tendenziell das Gewicht der Finanzierung durch Mitgliedsbeiträge abnimmt und Verbände finanzmarktähnlichen Beeinflussungen ausgesetzt sind, wird zunehmend das Thema der Bonitätsanalyse diskutiert. Auch hier kann nicht ohne weiteres auf die übliche Basis der Bonitätsanalyse, auf die Bilanzanalyse zurückgegriffen werden. Denn der größte Teil der Verbände ist nach wie vor kameralistisch und nicht handelsrechtlich geführt. Die externen Zwänge der Mobilisierung von Finanzen werden in absehbarer Zeit dazu führen, dass die wesentlichen Verbände von der Kameralistik Abschied nehmen werden, um aussagefähige Kennzahlen für eine Bonitätsanalyse vorweisen zu können.

Beispiele hierfür sind: der Eigenertragsanteil eines Verbandes, Spender- oder Mitgliedsbeitragsquoten als funktionale Äquivalente der üblichen Kapitalstrukturkennzahlen.

Diese abschließenden Beispiele verdeutlichen nochmals, dass die Verbandsberatung zwar immer wieder auf bewährte Instrumente der klassischen Unternehmensberatung zurückgreifen kann, auf der anderen Seite aber angehalten ist, aussagefähige, alternative Instrumente selbst zu entwickeln oder die klassischen soweit umzuwidmen, dass sie den Besonderheiten eines Verbandes gerecht werden.

Zusammenfassung in praktischer Absicht

An Hand der drei Kriterien

  • Führungsstruktur
  • Organisationsziele und Marktbedingungen
  • Ressourcenbasis / Finanzierung

haben wir die Schnittmengen, insbesondere aber die Unterschiede in Inhalt und Prozessgestaltung zwischen klassischer Unternehmensberatung und Verbändeberatung herausgearbeitet.

Hieraus lassen sich Prüf- und Entscheidungskriterien für die Auswahl eines Beraters für die spezifischen Bedingung der Beratung von Verbänden ableiten, die wir hier als Fragen formulieren:

  1. Lassen die analytischen Methoden und kommunikativen Muster des Beraters Vertrautheit mit und Sensibilität für duale Führungsstrukturen erkennen?
  2. Ist die professionelle Kompetenz so ausgeprägt, dass die Anwendungsbedingungen von Begriffen, Methoden und Konzepten je nach zu beratender Organisation und deren Kontext klar beschrieben werden können?
  3. Wie ausgeprägt ist die Methodenkompetenz in qualitativen Verfahren und deren Verknüpfung mit quantitativen Verfahren?
  4. Lassen sich aus dem Beratungsdesign inhaltlich und logisch zwingende Verknüpfungen und transparente Beratungsprozesse ableiten?
  5. Ist der Berater mit der Logik politischer Prozesse der Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfindung vertraut?
  6. Werden verbandsrelevante Finanzierungsformen beherrscht?
  7. Ist die analytische und konzeptionelle Fähigkeit vorhanden, die politischen und betriebswirtschaftlichen Dimensionen des Verbandshandelns und der Verbandsberatung einerseits zu trennen und andererseits in Veränderungsprozessen in ein funktional angemessenes Gewicht zueinander zu bringen?

Auf dieser, durchaus selektiven Fragenbasis sollte es den Verbandsentscheidern möglich sein, das für ihre Zwecke passende Beratungsprofil zu entwickeln.

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Autor/in

Hans Werner Busch

ist Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Verbandsmanagement Potsdam. Von 2000 bis 2005 führte er als Hauptgeschäftsführer den Arbeitgeberverband Gesamtmetall. Dr. Busch kommt ursprünglich aus dem Krupp-Konzern, in dem er personalpolitische Gesamtverantwortung für den Konzern wahrgenommen hat.

http://www.ivm-busch.de

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