Nach den Trendbrüchen und Übertreibungen der letzten zehn Jahre sowie angesichts der aktuellen Finanzkrise ist es nicht einfacher geworden anvertrautes Kapital zu verwalten. Gleichzeitig betrifft die risikobewusst anlegenden Verbände das historisch niedrige Zinsniveau besonders hart und auch andere Assetklassen* bieten aktuell kaum einen Ausgleich. Diese Situation kann ein gegebener Anlass sein, das Vermögensmanagement des Verbandes von Grund auf neu zu überdenken.
Eine mehr oder weniger hektische Umstrukturierung bestehender Anlagen unter der Beratung von vertriebs- und produktorientierten Vermögensverwaltungsinstitutionen wird aber kaum die gewünschten Ergebnisse bringen. Von daher ist es unabhängig von der Größe des Vermögens wichtig, sich vorab Klarheit über interne Grundlagen und die inhaltliche Ausgestaltung einer risikoadäquaten sowie ertrags- und kostenoptimierten Anlagestruktur zu verschaffen.
Interne Vorarbeit
Der Weg zur Optimierung des Portfolios beginnt im Verband. Für anstehende Gespräche mit Banken oder Kapitalanlagegesellschaften empfiehlt es sich dringend, in einem vor gelagerten internen Prozess, drei Fragestellungen abzuarbeiten:
1. Enthält die Anlagerichtlinie des Verbandes alle notwendigen Festlegungen?
Dramatische Kurseinbrüche bis hin zur Zahlungsunfähigkeit von Kapitalanlagegesellschaften zeigen derzeit deutlich, wie wichtig ein fester formaler Boden für das Handeln der verantwortlichen ist. Verbindlich festgeschrieben sollten die Prozesse und Zuständigkeiten für das Vermögensmanagement sein. Inhaltliche Festlegungen betreffen auszuschließende Assetklassen und insbesondere die Risikotragfähigkeit des Verbandes, die letztlich allein ausschlaggebend für die Maximierung der Ertragserwartung ist.
2. Sind die Kosten der Vermögensverwaltung transparent?
Gebühren, Transaktionskosten, und Management Fees liegen keineswegs immer so offen, wie es eigentlich sein sollte. Auch unter der zugehörigen neuen Rechtssetzung werden Möglichkeiten genutzt, Kosten in Produktpreisen und im Kleingedruckten von Mandatsvergaben zu „verstecken“, oder Rückvergütungen an den Kunden zu umgehen. Bestehen Zweifel, kann hier nur ein kritisches Gespräch mit den beauftragten Institutionen Abhilfe schaffen.
3. Entsprechen die Ergebnisse der Vermögensanlage den Marktrenditen und den Risikovorgaben?
Aussagen über zufriedenstellende Erträge und die Angemessenheit der eingegangenen Risiken erfordern ein Reporting, das die Ergebnisse aller Vermögensteile und eingesetzten Manager anteilsgerecht zusammenfasst und den Ergebnissen der jeweiligen Marktindices gegenüberstellt. Die Risikofaktoren der betroffenen Einzelmärkte ermöglichen zudem ein Urteil über die Ausschöpfung des gegebenen Risikopotenzials.
Optimale Portfoliostruktur
Eine allgemein gültige optimale Portfoliostruktur kann nicht definiert werden. Allein aus der individuellen Risikotragfähigkeit, dem gegebenen Anlagehorizont und der Zulässigkeit von Assetklassen, lässt sich das „richtige“ Portfolio für den Verband ableiten. Die wesentlichen Grundlagen zur Bestimmung einer optimierten Portfoliostruktur:
- Festlegung eines Risikopotenzials, das langfristig gültige Portfoliozusammensetzung tragen kann,
- Entscheidung über auszuschließende Assetklassen und Finanzmarkinstrumente,
- Ermittlung der hierauf basierenden ertragsoptimierten Benchmark,
- Klare Trennung der Assetklassen um die Zuordenbarkeit zu Vergleichsmärkten zu ermöglichen,
- Kosteneffizienz bei Anlagevehikeln und Mandatsvergabe,
sind für Privatvermögen ebenso gültig wie für große institutionelle Vermögen. Von besonderer Bedeutung ist es das Verbandsportfolio wirklich langfristig durchhaltbar auszurichten – wird man bei stärkeren Kurseinbrüchen zu Notverkäufen gezwungen, steigt das Verlustrisiko exponentiell. Als erforderlich erachtete Umstellungen und Neuinvestitionen sollten besser nicht schlagartig, sondern Schritt für Schritt vorgenommen werden – ein Zeitraum von deutlich mehr als einem Jahr für die Umsetzung eines neu strukturierten Portfolios ist durchaus sachgerecht.
Assetklassen
Um die Portfoliostruktur controllingfähig zu machen, ist es notwendig, die Einzelnen Assetklassen bei der Mittelanlage klar zu unterscheiden. Investitionen in Produkte mit nicht eindeutig definiertem, oder nicht transparentem Inhalt, beispielsweise Assetklassen überfassende „Total-Return“ Mandate oder strukturierte Produkte, sind bezüglich vergleichbarer Ergebnisse und des eingegangenen Risikos nur schwer zu beurteilen.
Kerninvestment Staatsanleihen
Staatsanleihen ohne Währungsrisiko sind unverzichtbares Kerninvestment für den risikoscheuen institutionellen Anleger. Das derzeit sehr niedrige Zinsniveau führt allerdings nicht nur zu Ertragsproblemen sondern auch zu leicht unterschätzbaren Risiken. Eine Anleihe mit einem Nominalzins von 4 Prozent und einer Restlaufzeit von 10 Jahren würde in einem denkbaren Inflationsszenario und damit verbundenem Zinsanstieg auf 6 Prozent, rund 15 Prozent an Kurswert verlieren. Wegen der Sicherheit dieser Papiere sind Kursrisiken aber faktisch nur bei nicht planbarem Liquiditätsbedarf von Bedeutung – zu finanzierende Streiks, oder „überraschende“ Gremienbeschlüsse sind typische Beispiele. Im Zweifelsfall müssten dann auch die „sicheren Renten“ vor Fälligkeit und daher mit erheblichen Kursverlusten verkauft werden.
Kerninvestment Aktien
Aktien im Sinne eines risikobewussten Kerninvestments können durch die im EuroStoxx 50 enthaltenen Titel als eigene Assetklasse abgegrenzt werden. Währungsrisiken bleiben ausgeschlossen und einbezogen sind ausschließlich hoch kapitalisierte große Unternehmen, die im Regelfall weniger schwankungsanfällig sind. Trotzdem sind Marktbreite Investitionen zu bevorzugen, Einzeltitel stellen eine Wette mit hohem Risiko dar – dies gilt auch für vermeintlich sichere „Witwen und Waisenpapiere“ – Beispiel: IKB! Der Aktienanteil in der strategischen Benchmark sollte zudem einem Stresstest mit maximalen Verlusten der Vergangenheit standhalten, damit man nicht im ungünstigsten Moment zum Verkauf gezwungen wird.
Assetklassen zur Diversifizierung des Portfolios
Bei der weitergehenden Diversifizierung erfordert es die Risikoproblematik zwei Kategorien von Assetklassen beim Investitionsvorgang strikt getrennt zu betrachten:
1. Varianten der beiden Kernassets
Bei festverzinslichen Wertpapieren sind dies insbesondere, Unternehmensanleihen, höherverzinsliche Renten aus niedrigeren Ratingklassen oder Fremdwährungen sowie über Vermögenswerte rückgedeckte Wertpapiere. Bei Aktien kann eine Diversifizierung des Kernassets über internationale Werte, die Auswahl einzelner Branchen oder durch Aktien kleinerer Gesellschaften erfolgen. Entscheidend für die Frage der Einbeziehung ist der Risikoaspekt. Diese Assetklassen haben zwar auf längere Sicht eine höhere Ertragserwartung als die jeweiligen Kernassets, aber kurzfristig auch wesentlich größere Schwankungsbreiten und – wie die jüngere Vergangenheit überdeutlich zeigt – zum Teil auch ein echtes Ausfallrisiko. Insbesondere aber korrelieren die Kursbewegungen dieser Assetkategorie häufig sehr stark mit den Kernassets, sie erhöhen das Risikopotenzial für das Gesamtportfolio signifikant.
2. Alternative Assets.
Dagegen sollten hier als alternative Assets jene Anlageklassen definiert werden, die zur Verringerung von Ergebnisschwankungen der Kernassets beitragen können, das heißt, das deren Ertragsverläufe nicht oder zumindest sehr gering mit den klassischen Märkten korrelieren. Hier sollte nicht zuerst an intransparente und riskante Anlageformen wie Hedgefonds oder strukturierte Produkte gedacht werden. Auch etablierte Märkte, wie beispielsweise Immobilien und Rohstoffe, bieten interessante und dabei relativ wenig spekulative Investitionsmöglichkeiten. Wird der Risikoeinsatz restriktiv bestimmt, können diese alternativen Assets gerade auch von vorsichtigen Anlegern ernsthaft in Betracht gezogen werden.
Offene Immobilien Fonds brachten seit 2000 mit rund 5 Prozent ein mit Renten vergleichbares Ergebnis, bei gleichzeitig weit geringerer Schwankungsbreite (Volatilität 0,4 Prozent; zum Vergleich: Renten 2,86 Prozent). Rohstoffe und Edelmetalle – über breit diversifizierte Fonds können vorsichtige Investoren Einzelmarktrisiken vermeiden - schwanken zwar etwa so stark wie Aktien, haben aber gute Renditechancen, und – wie die jüngere Vergangenheit zeigt - dies häufig auch in Phasen, in denen die anderen Märkte sehr schwach laufen.
Kosten der Vermögensverwaltung
Grade in Zeiten niedriger Renditen kommt den Kosten der Vermögensverwaltung eine besonders hohe Bedeutung zu. In schlechten Jahren können es allein die Kosten sein, die für ein negatives Ergebnis verantwortlich sind. Was Gebühren anbelangt, gilt aus Sicht der Anbieter von Produkten und Mandaten eindeutig, je komplexer die Struktur des Mandates und/oder der einzelnen Produkte, desto höher der damit mögliche Verdienst. Mischfonds, standardisierte Vermögensverwaltungsmandate, „Total-Return-Mandate“ und strukturierte Produkte sind für die Anbieter besonders rentabel.
Von daher empfiehlt es sich auch unter dem Kostenaspekt auf die „Einfachheit“ der Vermögensanlage zu achten und absolut klar nach Assetklassen zu strukturieren. Management Fees und Gebühren müssen nur akzeptiert werden, wo der Einsatz von Verwaltern auch glaubhaft zusätzliche Erträge erwarten lässt. Je etablierter und transparenter ein Markt ist, desto weniger lohnen Management Fees. Dies gilt mithin insbesondere für die beiden Kernassets. Bei Staatsanleihen und den großen Aktienwerten kann man Transaktionskosten und Managementgebühren sparen, indem man direkt „in den Index investiert“. Auf derart transparenten Märkten ist sind, nach Abzug der Management Fees, nachhaltig höhere Erträge als für den Index nur sehr schwer zu realisieren. Je nach Marktphase wechseln „Outperformer“ und „Underperformer“ unter den Kapitalanlagegesellschaften sehr häufig.
Marktbreite Investitionen über Indexzertifikate oder Indexfonds in Staatsanleihen oder die großen europäischen Aktienwerte bringen auf längere Sicht kaum schlechtere Ergebnisse als Verwaltungsmandate oder gemanagte Investmentfonds. Von Banken werden sie im Zweifelfall aber nicht so gern empfohlen, da sie ein eher ungünstiges Geschäft darstellen. Es fallen keine Ausgabeaufschläge an und es entfallen Gebühren für Transaktionskosten sowie Management. Gleichzeitig haben Indexinvestitionen den Vorteil, exakt den Marktverlauf für die gewählte Assetklasse nachzuzeichnen. Bei klar definierter Benchmark kann man auch bei ungünstigen Ergebnissen auf die entsprechenden Beschlüsse verweisen und muss keinesfalls beim Reporting an die Gremien auch noch für ein negatives Ergebnis der eingesetzten Vermögensverwalter gerade stehen.
Der Einsatz von Vermögensverwaltern und Fondsmanagern ist daher in erster Linie für jene Assets empfehlenswert, die der Diversifizierung des Vermögens dienen. Wegen der Vielschichtigkeit dieser Assetklassen und ihrer zugehörigen Risikoverläufe können hier auch die relativ teueren Dachfonds akzeptiert werden. Allerdings gibt es gerade in diesem Bereich ganz enorme Unterschiede was die Performance und die Kosten anbelangt – hier sind gute und vor allem unabhängige Berater gefragt.
Abschließend sei betont, dass die hier beschriebenen Prozesse und inhaltlichen Anregungen ausdrücklich nicht von der Größe des Vermögens abhängig sind. Strukturierte und inhaltlich verbindliche Grundlagen für die Vermögensverwaltung sollten auch für kleine Vermögen eine Selbstverständlichkeit sein.