Verbändereport AUSGABE 4 / 2004

Vom Underdog zur Special Task Force

Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e.V.) stellt Weichen für die Zukunft der Branche

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Strukturell bedingte Arbeitslosigkeit scheint wohl auf absehbare Zeit eine der größten Belastungen für unsere Volkswirtschaft zu bleiben. In dieser Situation wollen und können Personal-Dienstleistungsunternehmen einen aktiven Beitrag zur Reform der verkrusteten Arbeitsmarktstrukturen in Deutschland leisten – nicht zuletzt mit der Unterstützung ihrer noch jungen Interessenvertretung, die sich für fortschrittliche Rahmenbedingungen der Branche einsetzt.

Auch wenn einiges für den Aufschwung der Zeitarbeit spricht – verschärfter Wettbewerb, zunehmender Kosten- und Preisdruck, hohe Sozialversicherungsabgaben und Steuern machen auch den Zeitarbeitsfirmen das Leben schwer. Der iGZ hat es sich deshalb auf die Fahne geschrieben, aus vielen Einzelkämpfern ein starkes Branchen-Sprachrohr zu machen. In der kurzen Zeit seit ihrer Gründung im Jahr 1998 hat sich die Interessenvertretung zu einem anerkannten Arbeitgeberverband mit über 750 Mitgliedsfirmen etabliert.

Der Verband sieht seine Hauptaufgabe in den Dienstleistungen für seine Mitglieder, so Bundesgeschäftsführer RA Werner Stolz: „Bei uns laufen die Fäden zusammen. Unser Kompetenznetzwerk von anerkannten Spezialisten aus der Branche bürgt für fachkundige Mitgliederberatung. Darüber hinaus können unsere Mitglieder kostenlos unsere modernen Datenbanken nutzen, unsere täglich aktualisierte Internet-Plattform mit dem Exklusivbereich für Mitglieder benutzen und unsere regelmäßigen Rundschreiben empfangen.“

Ziele

Der iGZ tritt ein für den Abbau von überholten gesetzlichen Hürden in der Arbeitnehmerüberlassung und für sozial- und marktverträgliche Standards. Der Verband kämpft für den Abbau von Vorurteilen gegenüber arbeitsmarktpolitischer Flexibilität, für effektiven Arbeitsschutz und wirksame Gesundheitsprävention. Darüber hinaus geht es der Interessenvertretung darum, mehr Beitragsgerechtigkeit und Transparenz in der Berufsgenossenschaft zu schaffen.

Organisatorisch ist der Bundesverband in Landesverbände gegliedert, die vor Ort Diskussionsforen anbieten, Fachseminare organisieren, den Meinungsaustausch mit Insidern ermöglichen und wichtige Kontakte zu anderen Mitgliedern knüpfen.

Auf den jährlich stattfindenden iGZ-Bundeskongressen zieht man Bilanz und legt die Richtlinie für die weitere Verbandsarbeit fest. Inhaltlich vorbereitet werden die dort verabschiedeten Beschlüsse bereits vorher in den Arbeitskreisen für Tarifpolitik, Zukunftsperspektive Zeitarbeit, Arbeitsschutz und Verbandsmarketing.

Und mit viel Engagement arbeitet der Verband daran, seine Belange ins öffentliche und politische Bewusstsein zu rücken, wie Stolz berichtet: „Vorstand und Geschäftsführung nutzen jede Gelegenheit, die Belange des iGZ öffentlich gegenüber den Medien und in den Gremien zu vertreten. Durch die Eintragung unseres Verbandes in die Lobbyliste des Bundestages werden wir bei allen neuen Gesetzesvorhaben im Bereich der Personaldienstleistungen angehört.“

Verbandsmarketing, Öffentlichkeitsarbeit, Medienkontakte

Die Verbandsführung sieht eine klare Priorität in der Umsetzung eines integrativen Marketingkonzepts, damit die gewollte Aufbruchstimmung gelingt. Dazu gehören eine klare Bestandsaufnahme und strategische Zielsetzung nach innen und außen. Dabei reiche es nicht aus, bei den Aktivitäten nur Nischen zu besetzten – gerade angesichts der Mitbewerber auf dem Anbietermarkt, etwa dem Bundesverband für Zeitarbeit (BZA). Vielmehr komme es auf eine deutliche Positionierung und Profilierung des iGZ mit abgestuften Prioritäten auf allen wichtigen Handlungsfeldern an.

Den erfolgreichen Weg hierzu sehen Vorstand und Geschäftsführung in der Entwicklung eines Leitbildes nach vorangegangener Strukturuntersuchung der jeweiligen Stärken und Schwächen des Verbandes. Daraus leiten sich dann die Marketingziele, Verbandsphilosophie, Corporate Identity und Marktsegmente ebenso ab wie ein Projektkatalog, also eine konkrete Auswahl und Festlegung detaillierter Umsetzungsschritte.

Überhaupt geht der Interessenverband sein Marketing sehr systematisch an. Über allem steht dabei die Kooperation statt innerverbandlicher Konfrontation. Luftblasen sind verpönt, es geht darum, realistische Erwartungshaltungen zu erzeugen. Grundsätzlich sind die Mitglieder aufgefordert, sich am Diskussionsprozess zu beteiligen.

Zur praktischen Umsetzung gehören Maßnahmen wie regelmäßige Mitgliederrundschreiben, die Herausgabe einer Selbstdarstellungsbroschüre und ständig aktualisierte Internetangebote. In regelmäßigen Hintergrundgesprächen baut der Verband systematisch ein partnerschaftliches Verhältnis zu den wichtigen Medien auf – mit gutem Erfolg, denn der iGZ hat es innerhalb weniger Jahre geschafft, eine beachtliche Medienpräsenz zu erzeugen.

Unfallversicherung, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz

Im Sinne seiner ursprünglichen Gründungsidee hat sich der Verband mit dem berufsgenossenschaftlichen System und der Veranlagungspraxis der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft kritisch auseinandergesetzt. Eine abschließenden Klärung der offenen juristischen Fragen durch das Bundessozialgericht steht noch aus, einige Teilerfolge konnten bereits erzielt werden.

Die Rechtmäßigkeit der angegriffenen und wohl auch der zukünftigen Gefahrtarife 2001 ff stehen weiterhin auf dem Prüfstand hinsichtlich eines Verstoßes der festgesetzten Beiträge gegen den Gleichheitsgrundsatz oder der mangelnden Datengrundlage.

Der Verband wird auch zukünftig Musterprozesse gegen den VBG führen und engagiert in den Gremien der VBG-Mitgliederversammlung oder auch im Unfallverhütungsausschuss mitarbeiten. Der Verband entwickelt neue finanzielle Präventions-Anreizmodelle und setzt sich dafür ein, dass ein effektiver Gesundheitsschutz in der Zeitarbeitsbranche mit integrierten Qualitätsmanagementsystemen und Zertifizierungssystemen nach ISO-Norm umgesetzt wird.

In diesem Zusammenhang stellt sich der Verband auch den rechtspolitischen Fragen, die mit diesem Thema zusammenhängen, etwa ob die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung bei er VBG rechtmäßig und zweckmäßig zugeordnet ist, ob dies auch für monostrukturelle Zeitarbeitsfirmen gelten kann, wie sich finanzielle Anreize zur Prävention schaffen lassen, ob nicht die Wegeunfälle aus dem berufsgenossenschaftlichen System herauszunehmen sind und wie das Verhältnis von Alters- und Unfallrenten gegebenenfalls neu zu bestimmen ist. Deshalb sieht der Verband Gefährdungsanalysen und präventionsorientierte Modelle in der Zeitarbeitsbranche als ein notwendiges und lohnendes Betätigungsfeld an.

Tarifstrukturen und Imagefragen

Seit Anfang 2004 sind fast alle Beschränkungen der Vergangenheit wie etwa die maximalen Verleihfristen im neuen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz beseitigt worden. Damit werden aus ungeregelten Verhältnissen geregelte. Der Tarifvertrag der iGZ wurde als praktikabel, leistungsgerecht und selbst vom Arbeits- und Wirtschaftsminister Clement als „best practice“ in der EU bezeichnet.

Hieraus ergeben sich nach Ansicht des Verbands für die Zeitarbeit riesige Chancen, denn ähnlich wie in anderen europäischen Ländern kann sich eine seriös agierende Branche nun als wesentlicher Flexibilitätsfaktor für die Wirtschaft darstellen.

Vorträge und Seminare
Mit einem umfangreichen Seminar- und Informationsangebot liefert der Verband seinen Mitgliedern ganz konkrete Hilfeleistungen zur besseren Bewältigung des komplexen Alltagsgeschäfts. Zu den wesentlichen Mehrwert-Leistungen der iGZ-Verbandsmitgliedschaft gehört die Weitergabe von fachspezifischen Informationen über das Internet. Die Interessenvereinigung strebt an, durch den Aufbau eines Wissenspools für Mitgliedsunternehmen ein Netzwerk zu etablieren und kontinuierlich auszuweiten.

Auf hochkarätigen Fachforen mit überregionaler Ausstrahlung ist der Verband ebenso präsent wie auf regionalen Zeitarbeitsmessen. Darüber hinaus gibt es ein regionales Kooperationsprojekt mit der IHK, den Handwerkskammern, dem DGB und dem Arbeitsamt.

Rechtsberatung

Rechtliche Fragen rund um die Zeitarbeit gehören sicherlich zu den komplexeren Themen der Branche und einzelne Unternehmen sind mit der Bewältigung der Materie leicht überfordert. Deshalb bietet der Verband hier ganz konkrete Informations- und Beratungsangebote. So können Mitglieder die Urteile für die Praxis im Internet abrufen und ein Rechts-Infodienst erscheint als ständige Rubrik in den Mitgliederrundschreiben. Darüber hinaus veröffentlicht der iGZ wissenschaftliche Fachaufsätze zu speziellen Rechtsfragen der Zeitarbeit und berät Mitgliedsunternehmen durch Seminare und Vorträge.

In geeigneten Fällen vergibt der iGZ Gutachten an Wissenschaftler als interne Argumentationshilfe und Erhöhung der externen Erfolgschancen in Rechtsstreitigkeiten. Auch eine externe Beratung in Fragen des Arbeitsschutzes und die Herausgabe von betrieblichen Arbeitserleichterungen wie Formblättern und Musterhandbüchern gehört zum Leistungsspektrum des Verbands. (MHE)

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