Verbändereport AUSGABE 9 / 2002

Wirtschaftliche Betätigung gemeinnütziger Verbände -Grenzen der steuerlichen Zulässigkeit

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Viele gemeinnützige Verbände verfügen über steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe und nicht selten auch über steuerbefreite Zweckbetriebe. Gelegentlich wird die Frage gestellt, wie weit gemeinnützige Verbände ihre wirtschaftliche Betätigung ausdehnen dürfen, ohne ihren gemeinnützigen Status als solchen zu gefährden.

Unmittelbar aus steuergesetzlichen Vorschriften lässt sich diese Frage nicht beantworten. Blickt man über den Zaun der Gemeinnützigkeit hinaus, so wird man feststellen, dass es eine entsprechende Fragestellung auch bei den steuerbefreiten Berufs- und Wirtschaftsverbänden gibt. Auch hier schweigt das Gesetz. Jedoch hat die Finanzverwaltung zu den Grenzen wirtschaftlicher Betätigung bei Berufsverbänden schon vor Jahrzehnten Stellung genommen.

Hierzu heißt es in dem einschlägigen Abschnitt der amtlichen Körperschaftsteuerrichtlinien, ein Berufsverband falle dann nicht unter die einschlägige Steuerbefreiungsvorschrift des § 5 Absatz 1 Nr. 5 KStG, "wenn die Verbandstätigkeit so weit hinter die wirtschaftliche Tätigkeit zurücktritt, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dem Verband das Gepräge gibt". An einer entsprechenden Äußerung der Finanzverwaltung fehlte es bisher für den Bereich gemeinnütziger Verbände.

Dies hat sich unlängst geändert. Im Februar 2002 hat die Finanzverwaltung in einer Verwaltungsanweisung ausdrücklich für den Bereich der Gemeinnützigkeit ausdrücklich eine entsprechende Auffassung vertreten. Diese Äußerung findet sich allerdings an sehr versteckter Stelle, nämlich in dem BMF-Schreiben zur Zulässigkeit von Rücklagen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (BMF-Schreiben vom 15. Februar 2002, Aktenzeichen: IV C 4 - S 0174 - 2/01, Bundessteuerblatt 2002,Teil I, Seite 267). Dort heißt es: "Gibt eine wirtschaftliche Tätigkeit der Körperschaft bei einer Gesamtbetrachtung das Gepräge, ist die Gemeinnützigkeit zu versagen."

Die Finanzverwaltung leitet ihre Auffassung aus § 55 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung ab. Nach dieser Vorschrift darf eine gemeinnützige Körperschaft nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke - z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke - verfolgen. Zur Beurteilung der Frage, ob diese Voraussetzung für die Gemeinnützigkeit im Einzelfall erfüllt ist, muss nach Auffassung der Finanzverwaltung zwischen der steuerbegünstigten (gemeinnützigen) und der wirtschaftlichen Tätigkeit der Körperschaft zu gewichten. Ergibt diese Gewichtung, dass die wirtschaftliche Betätigung dem gemeinnützigen Verband das Gepräge gibt, sieht die Finanzverwaltung den Charakter der Gemeinnützigkeit als nicht (bzw. nicht mehr) gegeben an.

Für die Verbandspraxis ergibt sich das bereits bei den Berufsverbänden hinlänglich bekannte Problem, dass es letztlich keine zuverlässigen Kriterien für die Beurteilung der Frage gibt, ab welcher Schwelle das Gepräge eines Verbandes durch seine wirtschaftliche Betätigung bestimmt wird, so dass er seinen steuerbegünstigten Status insgesamt verliert.

Hinweis der Redaktion:

Wichtig für gemeinnützige Verbände: Finanzverwaltung hat den Anwendungserlass zur Abgabenordnung in wesentlichen Punkten geändert

Das steuerliche Regime der gemeinnützigen Verbände richtet sich in erster Linie nach den einschlägigen Regelungen der Abgabenordnung (§§ 51 ff. AO). Für die Praxis von nahezu gleicher Bedeutung sind jedoch die Anwendungsvorschriften, die die Finanzverwaltung zur Anwendung der §§ 51 ff. AO erlassen hat. Diese Anwendungsvorschriften sind in dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zusammengefasst. Dieser Anwendungserlass ist - soweit er die steuerliche Behandlung der gemeinnützigen Körperschaften angeht - kürzlich grundsätzlich überarbeitet und neu veröffentlicht worden (Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung, BMF-Schreiben vom 10. September 2002, Aktenzeichen: IV C 4 - S 0171 - 93/02, Bundessteuerblatt 2002 Teil I, Seite 867 - 890). Dieses BMF-Schreiben enthält auch zahlreiche Änderungen, die für gemeinnützige Verbände von Bedeutung sind. Wegen des Umfangs der Änderungen ist es nicht möglich, diese in einem einzigen Beitrag abzuhandeln. Der Verbändereport wird in seinen kommenden Ausgaben die wichtigsten Änderungen darstellen und kommentieren. (RA Dr. Winfried Eggers, Köln)

 

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Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.

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