Verbände sind in Deutschland weit überwiegend in der Rechtsform des rechtsfähigen Idealvereins mit Eintragung im Vereinsregister der Amtsgerichte organisiert. In selteneren Fällen sind Verbände – häufig historisch bedingt – auch (noch) als nicht rechtsfähiger Verein im Sinne des § 54 BGB gegründet. Damit stellt sich die „Verbandsfusion“ in rechtlicher Hinsicht als eine Verschmelzung von Vereinen dar. Im folgenden Beitrag wird dargestellt, was aus rechtlicher Sicht bei einer Verbandsfusion beachtet werden muss.
Für Fusionen von Verbänden stellt das deutsche Gesellschaftsrecht letztlich zwei grundsätzliche Varianten zur Verfügung, nämlich die Verschmelzung nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes und die Verschmelzung außerhalb der Vorschriften dieses Spezialgesetzes.
In diesen Alternativen liegt demnach auch die erste und sicherlich nicht unwesentliche Grundentscheidung in der praktischen Durchführung einer solchen Verbandsfusion. Soll man den Weg über das Umwandlungsgesetz wählen oder soll die Fusion außerhalb dieses Gesetzes letztlich im Zuge der Auflösung eines oder beider Vereine und Neugründung des „neuen“ Vereins, des „Zielverbandes“, geschehen? Wie immer in der Juristerei gibt es keine pauschale Antwort auf die Frage, welcher Weg der „richtige“ oder besser der „sinnvollere“ ist. Es hängt – auch wenn dies eine Binsenweisheit ist – immer vom Einzelfall ab, welcher Weg beschritten werden soll. Deshalb nur einige allgemeine Anmerkungen zu diesem Punkt.
Welcher Weg ist wann sinnvoll?
Grundsätzlich kann man sicher sagen, dass der Weg über das Umwandlungsgesetz dann sinnvoll ist, wenn im Zuge einer Verbandsfusion viele Rechtsbeziehungen zu außen stehenden Dritten bestehen. Dies etwa in Gestalt von Verträgen (Miete, Versicherungen, Leasing). Bei einer Fusion nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes vollzieht sich eine Verschmelzung letztlich als sogenannte Gesamtrechtsnachfolge. Dies hat den „Charme“, dass außen stehende Dritte einer solchen Fusion mit Bezug auf ihre Verträge nicht zustimmen müssen, sondern kraft Gesetzes der aus der Fusion hervorgehende Verband den Vertrag so übernimmt, wie er vor der Fusion abgeschlossen wurde. Dies gilt im Übrigen nicht nur für Verträge, sondern für alle Rechtspositionen (Vermögensgegenstände und Schulden) eines Verbandes. Diese werden in gewisser Weise – untechnisch gesprochen – an den Zielverband „vererbt“. Müssen Vertragspartner der Fusion nicht zustimmen, dann ist die Fusion auch kein Vehikel zum Eintritt in Nachverhandlungen über bestimmte Vertragskonditionen.
Kleinere Verbände mit einer überschaubaren Anzahl an „Außenbeziehungen“ werden demgegenüber häufiger außerhalb des Umwandlungsrechtes fusionieren, was letztlich kostenmäßige Ursachen hat. Der Weg über eine Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz ist sehr stark formalisiert und bedarf für die wesentlichen rechtlichen Umsetzungsakte (Verschmelzungsvertrag/Beschluss der Mitgliederversammlung der an der Verschmelzung beteiligten Vereine) der Hinzuziehung eines Notars. Aus rein steuerrechtlicher Sicht spielt es keine Rolle, ob man den Weg über das Umwandlungsgesetz wählt oder nicht – das gerade durch das sogenannte „Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften“ (SEStEG) reformierte Umwandlungsteuergesetz knüpft für ertragsteuerliche Zwecke nicht an die zivilrechtliche Form der Fusion an, sodass sich etwa die Fortführung der Buchwerte in beiden Varianten erreichen lässt.
Will man den Weg über das Umwandlungsgesetz gehen, so gibt es aber eine „Spielregel“, die zwingend eingehalten werden muss: Alle an der Fusion beteiligten Rechtsträger müssen rechtsfähige Vereine sein. Ist also ein Verband als nicht rechtsfähiger Verein organisiert, so muss er zunächst sein rechtliches Kleid wechseln und in jenes des rechtsfähigen (eingetragenen) Idealvereins schlüpfen, was konkret die Gründung eines solchen Vereins und Übertragung aller Vermögenspositionen auf diesen unter Auflösung des alten nicht rechtsfähigen Vereins bedeutet. Ansonsten ist der Weg über das Umwandlungsgesetz versperrt.
Verschmelzung zur Aufnahme oder Fusion zur Neugründung – eine psychologische Frage
Eine weitere wesentliche Vorentscheidung ist die Frage, ob die Fusion „zur Aufnahme“ oder „zur Neugründung“ vollzogen werden soll. Konkret bedeutet dies, ob nach einer Fusion ein neuer, erst im Zuge der Fusion gegründeter Verein das neue Rechtskleid darstellt oder ob einer der bereits bestehenden Vereine weiterexistiert und sich der oder die weiteren an der Verschmelzung beteiligten Vereine auflösen. Die Antwort auf diese strukturelle Frage liegt nicht im Gesetz oder im Recht, sondern allein in den Köpfen – neudeutsch: Befindlichkeiten – der Beteiligten. Häufig entscheidet man sich zu einer Fusion zur Neugründung, weil nicht der eine Verband vom anderen Verband übernommen werden will. Um allen Beteiligten das Gefühl zu geben, im Zuge der Fusion gäbe es keinen Verein, der „übernommen“ wird, wählt man häufig diese Variante.
Im technischen Ablauf ähneln die beiden strukturellen Wege einer Verbandsfusion jedenfalls teilweise. Das entscheidende Moment kommt bei beiden Alternativen, also der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz und der Fusion außerhalb des Umwandlungsgesetzes, dem entsprechenden Beschluss – auch Verschmelzungsbeschluss – der Mitgliederversammlung aller beteiligten Vereine zu. Diese muss mit qualifizierter Mehrheit – im Umwandlungsrecht zwingend der Dreiviertelmehrheit – über die Fusion beschließen. Quoren der jeweiligen Satzung, etwa zur Beschlussfähigkeit von Mitgliederversammlungen, sind zu beachten.
Ablauf der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz
Im Übrigen gibt es bei einer Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz folgende vom Gesetz vorgegebene logische Abfolge der einzelnen Schritte:
Nach Prüfung der landesrechtlichen Zulässigkeit der Verschmelzung (entsprechende, entgegenstehende Landesvorschriften sind gegenwärtig nicht ersichtlich) sollte der Entwurf des Verschmelzungsvertrages mit dem Pflichtinhalt nach dem Umwandlungsgesetz konzipiert werden. Die Vorstände der beteiligten Vereine geben dann einen (gemeinsamen) Verschmelzungsbericht ab, wo schriftlich Beweggründe, Durchführung und Auswirkungen der Verschmelzung dargelegt werden. Eine Verschmelzungsprüfung findet nur statt, wenn diese von zehn Prozent der Mitglieder schriftlich verlangt wird.
Sodann ist unter Wahrung satzungsmäßiger Fristen zur Mitgliederversammlung in den beteiligten Vereinen einzuladen; in der Geschäftsstelle sind ab diesem Tag diverse Unterlagen (insbesondere Abschlüsse der letzten drei Jahre) auszulegen und den Mitgliedern auf Verlangen zu übersenden.
In den dann stattfindenden Mitgliederversammlungen beschließen die Mitglieder mit Dreiviertelmehrheit über die Verschmelzung und weisen den Vorstand zum Abschluss des Verschmelzungsvertrages an. Nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist wird dann die Verschmelzung in die Vereinsregister der beteiligten Verbände eingetragen. Mit der Eintragung ist die Verschmelzung wirksam, sodass die Mitglieder der aufgelösten Verbände nunmehr Mitglied des „Zielverbandes“ sind.
Die Fusion außerhalb des Umwandlungsgesetzes
Bei der Fusion außerhalb der Vorschriften des Umwandlungsgesetzes kommt im Grundsatz folgende Abfolge zum Tragen: Zunächst müssen die Mitgliederversammlungen der beteiligten Vereine über die Übertragung des gesamten Vermögens sowie Verbindlichkeiten, Letztere als Schuldübernahme nach den Vorschriften des BGB unter Beteiligung des jeweiligen Gläubigers (etwa Banken), auf den Zielverband beschließen. Sofern dieser Zielverband noch nicht existiert, muss dieser selbstverständlich erst nach den Vorschriften des Vereinsrechts gegründet werden, was durch Abhaltung einer Gründungsversammlung mit mindestens sieben Mitgliedern, Feststellung der Satzung und Wahl des Vorstandes geschieht.
Sodann schließen die Vereinsvorstände des auflösenden Verbandes und des Zielverbandes einen allgemeinen Vertrag zur Übertragung des Vermögens, der dann etwa durch Übereignungen vollzogen wird. Auch hierüber beschließen die Mitgliederversammlungen als sogenanntes Grundlagengeschäft in der Regel mit satzungsbrechender Mehrheit, also zumeist Dreiviertelmehrheit. Letzteres ist Folge der sogenannten „Holzmüller“- oder „Gelatine“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Schließlich lösen sich die Vereine, die bei der Fusion untergehen, selbst durch entsprechenden Beschluss der Mitgliederversammlung mit satzungsmäßiger Mehrheit auf.
Entscheidend: Die neue Satzung
Das entscheidende Augenmerk sollte bei einer Fusion auf die Satzung des künftigen Vereins gelegt werden. Hier ist es wichtig, sich schon im Vorfeld Gedanken über die künftige Struktur des Verbandes zu machen und gegebenenfalls strukturelle Unterschiede, die bei einem Vergleich der beteiligten Vereine gesehen werden, anzupassen beziehungsweise auf einen Nenner zu bringen. Dies betrifft insbesondere die folgenden Bereiche: Arten von Mitgliedschaften und Rechte, die hieraus folgen (ordentliche/außerordentliche/korrespondierende/fördernde Mitgliedschaften), Art und Höhe des Beitrages, Struktur der Mitgliederversammlung (Delegiertenversammlung oder echte Mitgliederversammlung), Größe des Vorstandes und Abgrenzung der einzelnen Vorstandsbereiche, Einführung von Beiräten oder Aufsichtsgremien, Gegenstände, die einer qualifizierten Mehrheit unterliegen sollen.
Auch hier ist viel Psychologie im Spiel, wie man generell sagen kann, dass Verbandsfusionen häufig dort die größten Probleme bekommen, wo im Vorfeld weder die Akzeptanz für die Notwendigkeit der Fusion geschaffen wurde noch strukturelle Fragen geklärt wurden. Dies ist denn auch der wichtigste Ratschlag, den man geben kann: Die Verantwortlichen sollten im Vorfeld alle Fragen offen diskutieren und lösen. Das Vertagen von Entscheidungen in die Mitgliederversammlung geht selten gut.
Verbandsfusionen durch die Steuerbrille
Abschließend noch einige Worte zum Steuerthema: Fusionen lassen sich bei Beachtung der Voraussetzungen auch bei voll steuerpflichtigen Verbänden ertragsteuerneutral durchführen, das heißt, steuerpflichtige Übertragungsgewinne können regelmäßig vermieden werden. Seit 2007 ist jedoch die vorher bei Verschmelzungen noch mögliche Verlustverrechnung so mit steuerlicher Wirkung nicht mehr ohne weiteres möglich. Im Bereich der Verkehrsteuern gilt dies auch für die Umsatzsteuer; hier liegen auch im unternehmerischen Bereich in der Regel sogenannte Geschäftsveräußerungen im Ganzen vor, die nicht umsatzsteuerbar sind. Sofern Grundeigentum vorhanden ist, fällt allerdings Grunderwerbsteuer auch bei einer Verschmelzung an, da das Gesetz hierin ein steuerpflichtiges Verkehrsgeschäft sieht. Hat nur einer der Vereine Grundeigentum, sollte dies auch der Zielverband sein, um Grunderwerbsteuer zu vermeiden.
Die Satzung des Zielverbandes sollte naturgemäß – soweit eine Steuerbefreiung angestrebt wird – den Voraussetzungen an die Steuerbefreiung etwa des Körperschaftsteuergesetzes oder der Abgabenordnung entsprechen. Eine Abstimmung mit dem Finanzamt ist anzuraten – allerdings kosten verbindliche Auskünfte seit einiger Zeit Geld, sodass informelle Abstimmungen, dann aber ohne Bindungswirkung, an Bedeutung gewonnen haben. (RW)