Pressemitteilung | Gesamtverband der Personaldienstleister e. V. (GVP) - Geschäftsstelle Berlin

BAP-Rechtssymposium / "Führende Rechtsexperten äußern massive Kritik an den Regulierungsplänen für die Zeitarbeit"

(Berlin) - Der Diskussionsentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zu Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) wirft eine Vielzahl an Rechtsfragen und -problemen auf. Welche Folgen entstehen könnten und ob die geplanten Regelungen mit Verfassungs- und Europarecht vereinbar wären, diskutierten führende Rechtswissenschaftler auf dem Rechtssymposium "Zeitarbeit in neuem Rechtsrahmen" des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP).

Einschneidende Änderungen und ein neuer Rechtsrahmen: Der vom BMAS vorgelegte Diskussionsentwurf zum AÜG würde nicht ohne Konsequenzen für die Zeitarbeitsbranche und die gesamte deutsche Wirtschaft bleiben. Auf dem gestrigen BAP-Rechtssymposium setzten sich führende Rechtswissenschaftler und ein Mitglied des Normenkontrollrates mit diesem Entwurf auseinander. Eines war den Referenten gemein: Sie äußerten allesamt große Zweifel an der Praxistauglichkeit des Diskussionsentwurfs aus dem Hause Nahles. Mit rund 400 Gästen stieß die Veranstaltung im Berliner Hilton Hotel auf breites Interesse.

BAP-Präsident Volker Enkerts eröffnete die Veranstaltung und betonte, dass mit den vorgesehenen Regulierungen "die Axt an die so dringend notwendige Flexibilität für die ganze deutsche Wirtschaft gelegt" werde. Die Sanktionen bei Verstößen gegen Equal Pay nach neun Monaten und die Höchstüberlassungsdauer nach 18 Monaten seien zudem "weder im Sinne des Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD noch in irgendeiner Form hilfreich für den Standort Deutschland". Enkerts forderte daher, dass "der Entwurf aus dem Bundesarbeitsministerium so nicht Gesetz werden" dürfe.

Moderator Sven Astheimer, leitender Redakteur der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ), begleitete durch die Veranstaltung und begrüßte als ersten Referenten Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer, Of Counsel und Rechtsanwalt bei Gleiss Lutz. Der Arbeitsrechtler stellte die geplanten Neuerungen der AÜG-Reform für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Kundenunternehmen vor und kritisierte, dass der BMAS-Entwurf "so viel neue Zweifelsfragen" aufwerfe. "Insgesamt ist mein Fazit negativ", so Bauer. Wie es um die Vereinbarkeit von gesetzlichem Equal Pay mit der Tarifautonomie der Personaldienstleister steht, prüfte Prof. Dr. Richard Giesen, Ludwig-Maximilians-Universität München. Laut Giesen werde Equal Pay nach neun Monaten die Tarifautonomie der Zeitarbeitsunternehmen stark einschränken und zu neuen bürokratischen Belastungen führen. Der Jurist äußerte zudem "verfassungsrechtliche Bedenken" bei der vorgesehenen Tariföffnung zur Höchstüberlassungsdauer, die lediglich für tarifgebundene Unternehmen der Einsatzbranchen gelten solle. Wörtlich sagte Giesen angesichts des Diskussionsentwurfes aus dem BMAS in Richtung Zeitarbeitsunternehmen: "Der Gesetzgeber macht sie ein bisschen zu Arbeitgebern zweiter Klasse".

Rainer Funke, Mitglied des Nationalen Normenkontrollrates (NKR), gab einen Einblick in die Arbeit dieses Gremiums. In seinem "Zwischenruf" versprach Funke, dass der NKR "dieses AÜG sehr gründlich prüfen" werde.

Den Schwerpunkt seines Vortrags legte Prof. Dr. Frank Bayreuther, Universität Passau, auf die derzeitige Lohngestaltung in der Zeitarbeit und die Auswirkungen eines gesetzlichen Equal Pay. "Im Moment", so Bayreuther, "sind die Punkte ja noch beherrschbar, solange es den Dispens von Equal Pay gibt". Angesichts der geplanten Equal Pay-Regelung aus dem BMAS-Entwurf stellte der ehemalige Arbeitsrichter allerdings die Frage, ob die Personaldienstleister "es in der Praxis umsetzen" können. Prof. Dr. Martin Franzen, Ludwig-Maximilians-Universität München, ging im Anschluss der Frage nach, inwiefern die im BMAS-Entwurf vorgesehene Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten mit Europa- und deutschem Verfassungsrecht vereinbar sei. Franzen kam zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Festlegung einer 18-monatigen Überlassungsdauer "unionsrechtwidrig" sei, weil die von der EU-Zeitarbeitsrichtlinie vorgeschriebene Rechtfertigung für Einschränkungen der Zeitarbeit fehle, denn durch die Höchstüberlassungsdauer würden weder Zeitarbeitnehmer noch Stammbelegschaften geschützt. "Ähnliche Maßstäbe", so Franzen, gelten auch bei der Anwendung deutschen Verfassungsrechts, insbesondere Artikel 12 Grundgesetz".

Im abschließenden Streitgespräch zwischen Roland Wolf, Geschäftsführer und Leiter der Abteilung Arbeitsrecht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), und Helga Nielebock, Leiterin der Abteilung Recht beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), wurde deutlich, wie weit die Positionen von Gewerkschaften und Arbeitgebern bei den geplanten Rechtsänderungen für die Zeitarbeit auseinanderliegen. Während Wolf die Wichtigkeit der Branche für den Arbeitsmarkt unterstrich und deutlich machte, dass es "keine Notwendigkeit" für weitere Einschränkungen gebe, stellt für Nielebock der BMAS-Entwurf offensichtlich nur einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar. Explizit von Astheimer gefragt, ob die Gewerkschaften nach Umsetzung der neuen Regulierungen die Zeitarbeit denn in Ruhe lassen würden, antwortete die Leiterin der DGB-Rechtsabteilung, dass das Ziel der Gewerkschaften Equal Pay "ab dem ersten Tag" sei. Mit dieser Ankündigung wird das Kalkül der CDU und der Bundeskanzlerin, mit den geplanten Regulierungen das Thema Zeitarbeit aus dem nächsten Bundestagswahlkampf herauszuhalten, nicht aufgehen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) Pressestelle Universitätsstr. 2-3a, 10117 Berlin Telefon: (030) 206098-0, Fax: (030) 206098-70

(sy)

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