Pressemitteilung | (BDI) Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

BDI-Mitgliederversammlung: Industrie drängt auf weitere Veränderungen des Steuergesetzes

(Berlin) - Der vom Kabinett bereits verabschiedete Entwurf zum Steuervergünstigungsabbaugesetz belastet die Wirtschaft bis zum Jahr 2006 mit bis zu 40 Mrd. Euro. Zur Steuerpolitik der Bundesregierung gab es daher bei der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) eine Aussprache. Angesichts der hohen zusätzlichen Belastung und der inneren Widersprüche der Regierungspolitik appellierten die große und die mittelständische Industrie an die Koalition, weitere Veränderungen an dem Gesetz vorzunehmen.

Auszug aus der steuerpolitischen Diskussion in der BDI-Mitgliederversammlung

Die Steuerpolitik verschärft Risiko für Arbeitsplätze
In der BDI-Mitgliederversammlung beteiligten sich an der intensiven Aussprache zur Steuerpolitik der Bundesregierung u. a. die folgenden Herren: Josef Albert Beckmann (Textilwerke Beckmann GmbH), Prof. Dr. Bernd Gottschalk (VDA), Dietmar Harting (HARTING KGaA), Dr. Arend Oetker (Dr. Arend Oetker Holding GmbH und Co. KG), Dr. Michael Rogowski (Voith AG), Jürgen Theis (Artur Theis GmbH & Co. KG), Jürgen R. Thumann (Heitkamp & Thumann KG):

Die industriellen Familienunternehmen seien über den aktuellen Kurs der Bundesregierung in der Steuerpolitik zutiefst verunsichert. Die bereits verabschiedete deutliche Erhöhung der Ökosteuer führe auch für diese Betriebe zu einer deutlichen Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsposition. Zudem seien die Maßnahmen des sogenannten Steuervergünstigungsabbaugesetzes allein darauf gerichtet, die Steuerbelastung der Unternehmen zu erhöhen. Die Maßnahmen stünden damit in unmittelbarem Widerspruch zu der notwendigen Stärkung des Eigenkapitals und verhinderten eigentlich notwendige Investitionen in die Zukunft. Laut Koalitionsvereinbarung hätte doch die Eigenkapitalbasis im Mittelstand gestärkt werden sollen. Das passe nicht zusammen. Von einem Abbau von Steuervergünstigungen oder Ausnahmetatbeständen im Unternehmensbereich könne keine Rede sein. Nur einen verschwindend kleinen Teil der Maßnahmen führe die Bundesregierung im eigenen Subventionsbericht selber als Steuervergünstigung auf.

Die Begrenzung der Verlustverrechnung durch Einführung einer Mindestbesteuerung auf die Hälfte des Gewinns schwäche die Liquidität des Mittelstandes nachhaltig und verhindere vor allem Unternehmensneugründungen und solche Investitionen, die aus der spezifischen Situation regelmäßig mit hohen Anlaufverlusten verbunden seien. Die finanzielle Situation vieler mittelständischer Unternehmen sei aufgrund der anhaltenden konjunkturellen Schwäche katastrophal. Die Hoffnung auf einen Konjunkturaufschwung helfe diesen Unternehmen dann nicht weiter, wenn die erwirtschafteten Gewinne durch erhöhte Steuern wieder entzogen würden. Auch die vorgesehene Ausweitung der Gewerbesteuer auf Mieten, Pachten und Leasing beim Mieter oder Leasingnehmer schwäche die Finanzausstattung des Mittelstandes. Für viele Unternehmen sei vor dem Hintergrund von Basel II das Leasinggeschäft zum letzten Finanzierungsstrohhalm geworden, der mit einer massiven Verteuerung durch die Besteuerung dieser Leasingausgaben nun auch wegbrechen solle.

Die Wiedereinführung der Preissteigerungsrücklage für Edelmetalle sei unverzichtbar und werde deshalb von den betroffenen Unternehmen begrüßt. Der Anwendungsbereich sei allerdings viel zu eng und müsse auf solche Rohstoffe ausgeweitet werden, die regelmäßig starken Preisschwankungen unterliegen. Die generelle Abschaffung des Lifo-Bewertungsverfahrens sei dagegen ein weiterer Baustein in der Kette der Belastungsmaßnahmen, insbesondere für den deutschen Mittelstand, weil damit bewusst die Besteuerung von Scheingewinnen in Kauf genommen werde. Die Steuerbemessungsgrundlage auf diese Weise künstlich zu verbreitern, werde der Notwendigkeit zur Stärkung der finanziellen Basis der Unternehmen in keiner Weise gerecht.

Die darüber hinaus geführte permanente Diskussion über die Anhebung der Erbschaftsteuer und die Wiedereinführung der Vermögensteuer seien Gift für den Mittelstand. Auch solche Ankündigungen lähmten den Mittelstand, von dem die Politik in besonderer Weise die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Deutschland erwarte.


Zur Steuerpolitik der Bundesregierung äußerten sich auch die folgenden Herren:

Dr. Michael Frenzel (TUI AG), Prof. Dr. Bernd Gottschalk (VDA), Hans-Olaf Henkel (WGL), Dr. Volker Jung (Siemens AG), Dr. Michael Rogowski (Voith AG), Prof. Dr. Schulz (ThyssenKrupp AG), Prof. Dr. Wilhelm Simson (e.on AG), Prof. Dr. Ignaz Walter (Walter Bau AG):

Vor dem Hintergrund eines Rückganges des globalen Welthandels und eines unzureichenden inländischen Wirtschaftswachstums sowie ungelöster Strukturprobleme habe die Bundesregierung falsche Weichen in der Steuerpolitik gestellt. Das Ziel, neue Arbeitsplätze zu schaffen, könne mit den bisher getroffenen Entscheidungen nicht erreicht werden. Die für Investitionen erforderliche Planungssicherheit in den steuerlichen Rahmenbedingungen fehle. Die Erhöhung der Ökosteuer zusammen mit geplanten Mehrbelastungen der Unternehmen durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz behinderten die Wirtschaftsentwicklung nachhaltig. Die Steuermehrbelastungen der Wirtschaft summierten sich bis zum Jahr 2006 bis zu 40 Mrd. EURO.

Zugleich hätten schwerwiegende Struktureingriffe wie die Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft oder die so genannte Mindestbesteuerung in der Koalition weitgehend unterschätzte negative Folgen für Konjunktur und Arbeitsmarkt. Positive Ansätze der vergangenen Legislaturperiode zur Verbesserung der Standortqualität in Deutschland würden innerhalb kürzester Zeit zunichte gemacht und in ihr Gegenteil verkehrt. Die gerade geschaffene Attraktivität Deutschlands als internationaler Holdingstandort werde durch die Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft erheblich eingeschränkt. Die betragsmäßige Begrenzung des Verlustausgleiches werde sich als Investitions- und Wachstumsbremse entpuppen, da die Liquidität aller Unternehmen eingeschränkt werde. Insbesondere Investitionen mit hohen Anlaufverlusten würden erheblich benachteiligt. Besonders betroffen hiervon wären beispielsweise junge aufstrebende Unternehmen aus der Zukunftsbranche Biotechnologie.

Die Erhöhung der Geschäftswagensteuer belaste zwar in erster Linie die Arbeitnehmer, habe aber für die bisher der konjunkturellen Schwäche trotzenden Automobilindustrie mit den vielen mittelständischen Zulieferern erhebliche negative Folgen. Denn es gebe bereits klare Signale, dass es bei der Wahl der Geschäftswagen ein "Downsizing" geben werde. Die Rücknahme einiger völlig unvertretbarer Eingriffe mache bereits deutlich, dass auch die Bundesregierung erkannt habe, den falschen Weg zu beschreiten. Aber schon die Summe der verbleibenden Änderungsvorschläge stelle eine deutliche Abkehr von anerkannten Prinzipien und Regeln im Steuerrecht dar. Das schaffe, nicht zuletzt mit Blick auf den ausländischen Investor, kein Vertrauen in die steuerpolitischen Rahmenbedingungen der Bundesrepublik Deutschland.

Die Unternehmer forderten daher eine Steuerpolitik mit Verlässlichkeit und Weitblick. Die in der abgelaufenen Legislaturperiode vorbereiteten Änderungen des Umwandlungs- und Außensteuerrechts müssten unverzüglich Gesetz werden. Nur auf der Grundlage eines modernisierten, internationalen Anforderungen gerechtwerdenden Unternehmenssteuerrechts könne es neue Investitionen und Arbeitsplätze in Deutschland geben.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Str. 29 10178 Berlin Telefon: 030/20280 Telefax: 030/20282566

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