Pressemitteilung | (BDI) Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

BDI-Präsident Thumann zum Gutachten des Sachverständigenrats und zu den Wahllügen-Vorwürfen: „Koalitionsverhandlungen müssen eine überzeugende Wachstumsperspektive aufzeigen“

(Berlin) - „Wir Wähler haben unseren Politikern eine schwere Nuss zum Knacken gegeben. Wir zwingen 2 Parteien zu einer gemeinsamen Regierungsbildung, die im Wahlkampf genau das Gegenteil der jeweils anderen Partei versprochen hatten. Jeder Kompromiss, der nun nötig ist, führt zu einem Gesichtsverlust vor der eigenen Anhängerschaft. Die so schon schwierige Verhandlung für diese Große Koalition gleicht einer Herkulesaufgabe, denn sie muss am Abgrund einer riesigen Staatsverschuldung und mit Verantwortung für fast 5 Millionen Arbeitslose geführt werden. Hut ab vor den Politikern, die aus Verantwortung für unser Land dennoch diese undankbare Aufgabe übernehmen.“ Das sagte BDI-Präsident Jürgen R. Thumann zum bisherigen Verlauf der Koalitionsverhandlungen.

„Viele hätten sich andere Ergebnisse gewünscht, denn die Erwartungen der Bürger sind hoch. Die entscheidende Frage aus Sicht der Wirtschaft und der Arbeitslosen bleibt: Werden der Wirtschaft genügend Freiräume geschaffen, damit sie kräftiger wachsen kann? Denn nur über mehr Wirtschaftswachstum, über Investitionen und Produktionen hier im Land wird die Arbeitslosigkeit abgebaut. Unser Land steht vor einer Schicksalsfrage: Entweder wir schnallen alle den Gürtel enger, damit eine kluge Wirtschaftspolitik dieses zur Verringerung der Arbeitslosigkeit nutzt, oder wir beharren auf unserem Lebensstandard und nehmen in Kauf, dass die Arbeitslosigkeit dann immer schneller zunehmen wird“, sagte Thumann. „Im ersten Fall haben wir die Aussicht, dass unser Lebensstandard wieder steigen wird, im zweiten Fall haben wir die Aussicht, dass er insgesamt sinken wird.“

Als ernüchternd, aber leider wohl realistisch, wertete Thumann die Konjunkturprognose des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. „Ein Wirtschaftswachstum von 1 % im kommenden Jahr reicht überhaupt nicht aus, um die hohe Arbeitslosigkeit zu verringern. Der Export allein wird es nicht richten, ohne binnenwirtschaftliche Impulse werden wir die tief sitzende Wachstumsschwäche nicht überwinden", so Thumann.

Der Sachverständigenrat mahne zu Recht grundlegende Strukturreformen an, sagte Thumann. Die vom Rat vorgeschlagene Reformagenda sei alles in allem überzeugend. Es wäre jedoch ein Fehler, auf eine Umsetzung der steuerpolitischen Beschlüsse des „Jobgipfels“ zu verzichten. „Diese Chance soll man nicht ohne Not verstreichen lassen. Die Koalitionspartner sind aufgefordert, in der neuen Legislaturperiode eine Unternehmenssteuerreform auf den Weg zu bringen“, forderte Thumann. „In Deutschland werden Investitionen und Wirtschaftswachstum durch die höchste Steuerbelastung der Unternehmen in Europa blockiert.“ Wachstum könne nicht herbeigeredet werden, sondern müsse durch verbesserte Rahmenbedingungen ermöglicht werden. Hierzu müssten entsprechend den Vorschlägen des Sachverständigenrats, die antiquierte Gewerbesteuer durch ein modernes Zuschlagsmodell ersetzt und die steuerliche Standortattraktivität durch eine durchgreifende Unternehmenssteuerreform verbessert werden.

„Auch Herkules hatte die größten Anstrengungen immer erst kurz vor Lösung seines Auftrages zu meistern. Auf die Unterhändler der großen Koalition kommt in den nächsten Tagen eine enorme Kraftanstrengung zu. Sie müssen nun die Wachstumsperspektive in die Koalitionspapiere einarbeiten. Denn vor den Parteitagen kann der Koalitionsvertrag nur bestehen, wenn er zugleich sowohl die Staatsverschuldung zurückführt als auch zum Wohle der Arbeitslosen mehr Wachstum ermöglicht. Wenn das gelingt, dann hat Deutschland zwar schwierige Zeiten vor sich, aber mit einer hoffnungsvollen Perspektive.

Quelle und Kontaktadresse:
BDI Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Pressestelle Breite Str. 29, 10178 Berlin Telefon: (030) 20280, Telefax: (030) 20282566

(mm)

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