Pressemitteilung | Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR)

BVR zur Verbraucherkredit-Richtlinie: Richtlinienentwurf zu unpräzise und nicht im Sinne der Verbraucher

(Berlin) - Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) sieht großen Überarbeitungsbedarf beim Entwurf der Verbraucherkredit-Richtlinie. Die von der EU-Kommission vorgelegten Regelungen, die am kommenden Montag in einem Gespräch zwischen den Spitzenverbänden der Wirtschaft und Vertretern des Europäischen Parlaments im Bundestag erörtert werden, bewertet Jochen Lehnhoff, Vorstandsmitglied des BVR, als unpräzise und realitätsfern. "Mit den Vorschriften der Richtlinie ist das von der Europäischen Kommission gesetzte Ziel nicht zu erreichen. Den Verbrauchern wird kein eigenständiger Umgang mit ihrem Geld zugetraut. Das kommt im Grunde einer Entmündigung des Bankkunden gleich", so Lehnhoff. Den Banken würden zudem zusätzliche Informations- und Beratungspflichten auferlegt. Dies bedeute im Ergebnis ein Ende des bisher einfachen Vergabeverfahrens bei Dispositions- und Überziehungskrediten. Letztlich trage somit der Verbraucher die Lasten aus den verschärften Regelungen, die nicht nur zu zeitaufwendigen Kreditvergabeprozessen führen, sondern im Extremfall auch eine Reduzierung der Kreditproduktvielfalt zur Folge haben könnten.

Zukunft des Dispo- und Überziehungskredites gefährdet

Die Vergabepraxis bei Dispositionskrediten oder geduldeten Überziehungen auf laufenden Konten ist zurzeit für die Verbraucher schnell, praktisch und unkompliziert. Wenn die geltenden Ausnahmeregelungen für diese Kreditformen abgeschafft werden, kommen nach Ansicht des BVR auf die Bankkunden Komplikationen und ein bürokratischer Mehraufwand zu. "Jede einzelne Überziehung auf dem Girokonto fiele dann unter die gesamten Vorschriften und Informationspflichten, die beim Abschluss von Verbraucher-Kreditverträgen gelten. Überziehungen wären so einfach wie bisher nicht mehr möglich. Stattdessen müssten Rücklastschriften an den Zahlungsempfänger gestellt werden, auch wenn die Beträge bald wieder vom Kontoinhaber ausgeglichen werden könnten. Der Verbraucher trägt die Folgen. Bei länger ausfallenden Mietzahlungen muss er mit Kündigungsandrohungen des Vermieters rechnen; eine Versicherungsleistung kann ausfallen, wenn anstelle einer Zahlung die Rücklastschrift erfolgt", warnt Lehnhoff vor möglichen Konsequenzen für die Inhaber eines Girokontos. Damit erreiche die Regelung genau das Gegenteil ihres Ziels, die Verbraucher zu entlasten und zu schützen.

Selbstverständlich müsse der Verbraucher über die Möglichkeiten der Kreditaufnahme umfassend und zutreffend informiert werden, so Lehnhoff weiter. Dies sei aber schon jetzt der Fall. Trotz der bisherigen Ausnahmeregelungen für Dispositionskredite werden die Kunden durch die zwingenden Angaben zum Jahreszins sowie zu den geltenden Modalitäten für Zinsänderungen umfassend informiert. Die Entscheidung über den Sinn der Kreditaufnahme und die Zweckmäßigkeit der gewählten Kreditart sowie das Verwendungsrisiko lägen aber in der Eigenverantwortung des Verbrauchers. Eine Realisierung im Sinne der EU-Kommission würde dem Versuch gleichkommen, den Verbraucher vor sich selbst zu schützen und ihm das mit einer Kreditaufnahme verbundene Risiko abzunehmen.

Richtlinienvorschlag verhindert Transparenz für Verbraucher

In vielen Punkten muss nach Ansicht des BVR nachgebessert werden. Der vorliegende Richtlinienvorschlag schaffe keine Transparenz für die Verbraucher. Den Banken werde beispielsweise vorgeschrieben, neben dem gebräuchlichen "effektiven Jahreszins", dessen Angabe in Deutschland zur Vergleichbarkeit der Kredite eingeführt worden ist, einen weiteren Zinssatz in die Verträge aufzunehmen. Bei den Verbrauchern führt die Angabe eines zusätzlichen, zweiten Zinssatzes eher zu Verwirrung als zu Klarheit.

Die im Entwurf vorgesehene Einrichtung zentraler Datenbanken auf nationaler Ebene hält der BVR für datenschutzrechtlich bedenklich. Mit der damit einhergehenden Verpflichtung der Kreditinstitute, bei diesen Datenbanken vor jeder Darlehensvergabe eine Anfrage durchführen zu müssen, werde den Prinzipien des Bankgeheimnisses widersprochen.

Auf das geplante Verbot von Haustürgeschäften könne verzichtet werden, da Regelungen zum Schutz der Verbraucher bereits in den Geltungsbereich der Haustürgeschäfterichtlinie fallen, die auch ein Widerrufsrecht bei solchen Verträgen enthält. Ein generelles Verbot von Haustürgeschäften würde dazu führen, dass Kunden, die ihre Bankfiliale nicht aufsuchen wollen oder können, auf diese bequeme Weise keine Kreditverträge mehr abschließen können.

Nationale Besonderheiten bei Umsetzung der Richtlinie sind zu berücksichtigen

Die von der EU-Kommission angestrebte Vollharmonisierung der Regelungen ist nach Ansicht des BVR nicht praktikabel. Der Verband fordert, nationale Besonderheiten bei der Umsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen. Nur auf diese Weise sei gewährleistet, dass die Mitgliedsstaaten auf für die Kunden bewährte nationale Regelungen nicht verzichten müssen. Hier sollte der Flexibilität der Vorrang vor zu starren Formalismen gegeben werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR) Schellingstr. 4, 10785 Berlin Telefon: 030/20210, Telefax: 030/20211900

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