Bundeskabinett beschließt Gentechnikgesetz: Viel Arbeit für die Parlamente!
(Berlin) - Nach Einschätzung des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) wird der heute (08. August 2007) vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf für ein neues Gentechnikgesetz den Parlamenten nach der Sommerpause jede Menge Arbeit bescheren. Der Versuch, den Sympathien der Kanzlerin für die Agro-Gentechnik gerecht zu werden und trotzdem den Ansprüchen der Verbraucher und dem Schutz gentechnikfreier Lebensmittelerzeugung zu genügen, hat etliche Unzulänglichkeiten verursacht, befindet Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des BÖLW. Bundesrat und Bundestag sind jetzt gefordert, diese Verwerfungen zurecht zu biegen.
Verhinderungen von Kontamination müssen das Ziel sein
So sei im Gesetz zwar als Ziel der Anbauregeln festgehalten, den Eintrag von Gentechnik in andere Grundstücke zu verhindern. In der dem Gesetz folgenden Verordnung für die gute fachliche Praxis sei aber lediglich davon die Rede, es müssten Gentechnikverunreinigungen unter bestimmten Schwellen gehalten werden. Genau das führt aber zu einer schleichenden Verunreinigung der Produktionskette, verdeutlichte Löwenstein. Deshalb müssten die Sicherheitsabstände so groß gewählt werden, dass es auch unter ungünstigen Bedingungen nicht zu Auskreuzungen der künstlichen Gene komme. Löwenstein kritisierte scharf, dass der Satz gestrichen werden solle, nach dem Pflanzenarten, die erwiesenermaßen nicht koexistenzfähig sind, vom Gentechnikanbau ausgeschlossen werden müssen.
Keine Sonderregelungen zwischen Nachbarn unter der Decke
Der BÖLW wendet sich dagegen, dass Gentechnikanbauern dass Recht eingeräumt werden soll, auf Schutzmaßnahmen zu verzichten, wenn ihre Nachbarn dem zustimmen. Nur vordergründig geht es dabei um Vereinbarungen, die nur die Vertragspartner etwas angehen. In Wirklichkeit würde auf diese Weise der unkontrollierten Ausbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen Vorschub geleistet, so Löwenstein. Verpächter, Lohn-Mähdrescher oder Imker seien darauf angewiesen zu wissen, ob sie wegen unterlassener Schutzmaßnahmen oder Verzicht auf Abstände mit gentechnisch veränderten Organismen zu rechnen hätten oder nicht.
Haftungsregelung muss entstehende Schäden abdecken
Nach wie vor ist die Haftungsregelung unzureichend. Dort wo die meisten Schadensfälle und damit auch große wirtschaftliche Verluste zu erwarten sind bei Verunreinigungen innerhalb der Landwirtschaft unter 0,9 Prozent ist die Haftung nicht klar geregelt. Als Haftungstatbestand wird explizit der Fall gekennzeichnet, bei dem eine Verunreinigung gentechnikfreier Produkte über dem Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9% stattgefunden hat. Nur durch Voransetzung des Wortes insbesondere wird ein unsicherer Weg im Wesentlichen über Gerichte eröffnet, Schadensersatz auch dann zu beanspruchen, wenn der Schwellenwert nicht erreicht ist.
Hier fordern wir vom Gesetzgeber klare Regelungen, damit die ungewollt Betroffenen nicht auf ihrem Schaden sitzen bleiben. Wir haben dazu konkrete Vorschläge gemacht, so Löwenstein.
BÖLW begrüßt die Absicht, die Positivkennzeichnung neu zu regeln
Als erfreulich bezeichnet es der BÖLW-Vorsitzende, dass das Kabinett die Neue-Lebensmittel-Verordnung reformieren will. Darin wird festgelegt, unter welchen Bedingungen eine Ohne-Gentechnik Auslobung vorgenommen werden darf. Wenn diese Bedingungen so klar formuliert werden, dass sie für die Land- und Lebensmittelwirtschaft anwendbar werden, ist das ein begrüßenswerter Fortschritt für die Transparenz gegenüber dem Verbraucher. Sowohl die EU-Ökoverordnung als auch die österreichische Ohne-Gentechnik-Richtlinie bieten sich dafür als Modell an, sagte Löwenstein. Wichtig sei, dass Bauern und die Verarbeiter ihrer Produkte künftig auch angeben dürfen, dass sie auf den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen im Futter verzichten.
Quelle und Kontaktadresse:
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)
Pressestelle
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Telefon: (030) 28482-300, Telefax: (030) 28482-309
(sh)
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- BÖLW zur Farm to Fork-Strategie / "In Bio investieren bedeutet in ein gesundes Europa investieren"
- BÖLW zum ernährungspolitischen Bericht der Bundesregierung / Mit Bio die gesunde und nachhaltige Wahl einfach machen
- BIOFACH-Bilanz: Bio-Branche als Impulsgeber für den Umbau von Ernährung und Landwirtschaft