Pressemitteilung | DEGAM - Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V.

DEGAM kritisiert Positionen des / Marburger Bundes zur ambulanten Weiterbildung

(Frankfurt am Main) - Die DEGAM begrüßt grundsätzlich den Einsatz des Marburger Bundes (MB) für eine faire und angemessene Bezahlung von Ärztinnen und Ärzten in der ambulanten Weiterbildung. Diese ist überfällig und sollte insbesondere mit Blick auf das in Kliniken erreichte Vergütungsniveau auch in vertragsärztlichen Praxen selbstverständlich sein. Allerdings kritisiert die DEGAM die massive Abwehrhaltung des Marburger Bundes gegen das Stiftungsmodell zur Förderung der ambulanten Aus- und Weiterbildung sowie vor allem gegen die erfolgreich arbeitenden und zukünftig auf gesetzlicher Basis geförderten Kompetenzzentren Allgemeinmedizin.

Dass dem Marburger Bund das Stiftungsmodell zur Förderung der ambulanten Aus- und Weiterbildung nicht gefällt, bei dessen Umsetzung er - aus Sicht der DEGAM unbegründet - möglicherweise den Verlust seiner Tarifhoheit für Ärzte in der ambulanten Weiterbildung befürchtet, ist nicht überraschend. Dass dabei aber auch die in Baden-Württemberg und Hessen erfolgreich arbeitenden, universitär angebundenen Kompetenzzentren als "ungeeignet" bezeichnet werden, zeigt, dass dem Marburger Bund offensichtlich die nötige Sachkenntnis fehlt.

Im kürzlich veröffentlichten Positionspapier des Marburger Bundes werden berufspolitisch motivierte Aussagen prominenter Kammervertreter wiederholt, die schon seit längerem als abwegig entlarvt wurden. Dies gilt zum Beispiel für den - offenbar alarmierend gemeinten - Hinweis, dass die maximal fünf Prozent der Fördermittel, die der Gesetzgeber für die Verbesserung der Qualität und Attraktivität vorsieht, die "ohnehin knappen Fördermittel" schmälern und damit 375 Stellen wegfallen würden. Fakt ist, dass zukünftig 7.500 statt bisher 5.000 Stellen gefördert werden, bisher (2013) aber nur 2.488 Vollzeitstellen auch tatsächlich unterstützt wurden. Bisher wurden folglich die zur Verfügung stehenden Fördermittel zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd ausgeschöpft. Knapp sind also nicht die Fördermittel, sondern ausschließlich die Ärzte in Weiterbildung. Genau dieses Problem kann jedoch nur durch eine Verbesserung der Attraktivität und Qualität der ambulanten Weiterbildung gelöst werden.

Der krampfhafte Versuch, ein nicht existentes Knappheitsszenario zu kreieren und das strukturkonservative Beharren auf althergebrachten und nachweislich ungeeigneten Strukturen hilft nicht weiter.

Auch der Hinweis, in Hessen und Baden-Württemberg sei die Nachwuchssituation durch die dort bestehenden Kompetenzzentren nicht "signifikant" verbessert worden, geht ins Leere. Eine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin dauert zwar theoretisch fünf Jahre, faktisch jedoch sind es - das zeigen Befragungen von Absolventen zum Zeitpunkt der Facharztprüfung - durchschnittlich 9,5 Jahre (Median 8 Jahre). Der schrittweise Aufbau der Kompetenzzentren hat in Hessen zum Beispiel erst 2012 begonnen. Damit dürfte nachvollziehbar sein, dass sich deren Arbeit - selbst bei höchster Effektivität und Effizienz - nicht schon nach 2 Jahren (Zahlen von 2014) in steigenden Abschlüssen niederschlagen kann. Wenn der MB zu Recht beklagt, dass die Zahl der Abschlüsse in Allgemeinmedizin auf niedrigem Niveau stagniert, ist das also kein Argument gegen die Wirksamkeit der Kompetenzzentren, wohl aber ein trauriger Beleg für das Unvermögen der seit Jahrzehnten Zuständigen, dem inakzeptablen und inzwischen bedrohlichen Trend konsequent entgegenzuwirken.

Erste, vorsichtig zu deutende Trends aus den etwas länger bestehenden Erfahrungen in Baden-Württemberg, zeigen eine eindrucksvolle Verkürzung der Weiterbildungsdauer von früher 8-10 Jahren auf rund 6 Jahre. Prof. Jost Steinhäuser, stellvertretender Sprecher der DEGAM-Sektion Weiterbildung und Initiator der DEGAM-Verbundweiterbildungplus wies daher auch darauf hin, dass diese Intervention zur Bekämpfung des Hausarztmangels als effektiv und - bei Kosten von circa 1.700 Euro/Jahr pro Arzt in Weiterbildung - als vergleichsweise günstig eingeschätzt werden kann.

Falls sich diese Ergebnisse in den nächsten Jahren bestätigen, wäre das neben den ohnehin kontinuierlich steigenden Teilnehmerzahlen ein weiterer Beleg für den Erfolg der Kompetenzzentren. Allein die drastische Verkürzung der realen Weiterbildungsdauer würde gleich mehrere zusätzliche Jahrgangskohorten zum Facharztabschluss bringen und das ganze Programm in den Augen des Nachwuchses noch attraktiver machen. Vor diesem Hintergrund ist es absolut nicht verständlich, ausgerechnet an dieser Stelle öffentlich zur Nichtanwendung eines Bundesgesetzes aufzufordern. Ein schlichtes "weiter so" ohne jedes inhaltliche Alternativkonzept zur Verbesserung der Qualität und Attraktivität der Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin, das man im MB-Papier leider vergeblich sucht, ist definitiv keine zukunftsfähige Option mehr.

Im Interesse der Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung sowie der Sicherstellung einer flächendeckenden Grundversorgung bleibt zu hoffen, dass es dem Marburger Bund gelingt, die reine Krankenhaus- und Kammerperspektive zu überwinden und sich mit den Realitäten und Notwendigkeiten einer für den Nachwuchs attraktiven Weiterbildung in der ambulanten Versorgung auseinanderzusetzen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. (DEGAM), c/o Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität , Institut für Allgemeinmedizin Pressestelle Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main Telefon: (069) 65 00 72 45, Fax: (069) 68 97 46 02

(sy)

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