Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Dosenpfand: vzbv verklagt Supermarktketten von Metro und Tengelmann / Müller: „Hinhaltetaktik der Unternehmen auf dem Rücken der Verbraucher nicht länger hinnehmbar“

(Berlin) - Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat am 31. Juli zwei Musterverfahren eingeleitet und die Supermarktketten Plus und Extra verklagt, da sie ihrer Rücknahmeverpflichtung gemäß Verpackungsverordnung nicht nachkommen. Die beiden Unternehmen verweigern in ihren Filialen die Annahme von Getränkeverpackungen, die nicht in ihren Filialen gekauft wurden. Zugleich beteiligen sie sich nicht am Aufbau eines bundesweit einheitlichen Rücknahmesystems. „Die Phase des zähneknirschenden Akzeptierens der Hinhaltetaktik der Unternehmen ist vorbei“, so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. Es sei nicht länger hinnehmbar, dass der Handel weiterhin die Rückgabe von bepfandeten Verpackungen massiv erschwere, um sich an den einbehaltenen Pfandgeldern zu bereichern. „Das Gebaren und der beispiellose Machtkampf der Unternehmen wird auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen.“ Schätzungen zu Folge verdient der Handel mit dieser Pfandpolitik pro Monat über 40 Millionen Euro.

Selbst auf konkrete Nachfrage hin hüllen sich die Unternehmen in Schweigen. „Wenn die Unternehmen offenkundig mit der Politik und den Verbrauchern Katz und Maus spielen, dürfen sie nicht auch noch mit einer Schonfrist bis 1. Oktober belohnt werden“, so Müller. Die vom Bundesumweltminister geduldete Übergangsregelung entbehre jeglicher Rechtsgrundlage. Wegen der Zusage des Handels zum Aufbau eines einheitlichen Rücknahmesystems hatte Umweltminister Trittin den Vollzug der Verpackungsverordnung ausgesetzt.

Auch den von einigen Handelsketten angekündigten „Insellösungen“ erteilt der vzbv eine Absage. „Wenn jede Kette ihre eigene Verpackung und ihre eigene Insel kreiert, führt dies zu keiner Verbesserung der derzeit chaotischen Verhältnisse“, so Müller. Auch die Europäische Kommission hatte sich bereits gegen den Auf- und Ausbau von Insellösungen ausgesprochen und wettbewerbsrechtliche Maßnahmen angedroht. Der vzbv fordert, das Hintertürchen Insellösung bei der Novellierung der Verpackungsverordnung im Herbst zu schließen. „Aus Verbrauchersicht ist der Aufbau eines einheitlichen Rücknahmesystems die einzig wirklich sinnvolle Alternative.“ Erst wenn die Verbraucher eine x-beliebige Verpackung überall zurückgeben können, erfüllt das Pfand auch seine angedachte Lenkungsfunktion.

Der vzbv fordert erneut den Handel auf, die aktuellen Rücklaufquoten von Einwegverpackungen zu veröffentlichen und zu Unrecht einbehaltene Pfandgelder an die Verbraucher zurückzuzahlen. Die Geschäfte verdienen hervorragend an nicht eingelösten Pfandgeldern: Bei derzeit im Umlauf befindlichen 8 bis 10 Milliarden pfandpflichtigen Getränke-Einwegverpackungen (Erhebungen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung und der Gesellschaft für Konsumforschung), einem Pfand von 25 Cent pro Verpackung und einem durchschnittlichen Pfandschwund von 25 Prozent (Schätzungen der Deutschen Umwelthilfe und Aussagen des HDE vom Frühjahr 2003) belaufen sich die Pfandgewinne des Handels auf 500 Millionen Euro pro Jahr, d.h. über 40 Millionen Euro pro Monat. „Der Handel kann diese Zahlen nur dann in Frage stellen, wenn er die Zahlen zum Pfandschwund endlich offen legt“, so Müller. Vielleicht schweige der Handel aber deshalb, weil die Zahlen sogar noch eklatanter sind.

Die Klage gegen Plus (gehört zur Tengelmann-Gruppe) wurde beim Landgericht Duisburg, die gegen Extra (gehört zur Metro-Gruppe) beim Landgericht Hildesheim eingereicht.

Nachgefragt und abgeblitzt:

Der vzbv hatte sieben Unternehmen (Tengelmann, Rewe, Metro, Edeka, Lidl, Aldi Nord und Aldi Süd) sowie den Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) angeschrieben und nachgefragt, ob sie sich an einem einheitlichen Rücknahmesystem zum 1. Oktober beteiligen werden oder wie sie die Verpackungsverordnung umsetzen wollen. Ergebnis: Drei Wochen nach Ablauf der Frist haben bis heute lediglich Edeka und Aldi Süd geantwortet. Edeka teilte mit, man werde sich „mit hoher Wahrscheinlichkeit entschließen“, Einweggetränke bis 30.09.2003 aus dem Sortiment zu nehmen. Eine Aussage „Wir werden mit Sicherheit dies oder das machen“ sei derzeit voreilig und leichtfertig. Aldi Süd teilte mit, „aus grundsätzlichen Erwägungen“ keine Stellung zu beziehen. Die anderen Unternehmen und der HDE hielten nicht einmal eine Reaktion für angemessen.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

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