Pressemitteilung | ZVEI e.V. - Verband der Elektro- und Digitalindustrie

Elektroindustrie sieht keine Trendwende / ZVEI: Deutschland schöpft seine Wachstumspotenziale nicht aus

(Frankfurt am Main) - Der bisherige Jahresverlauf in der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie ist Ausdruck der fehlenden gesamtwirtschaftlichen Impulse und lässt 2003 keinen Aufschwung erkennen. „Mehr als die ‚rote Null’ wird bei der Umsatzentwicklung in unserer Branche nicht drin sein“, prognostizierte Gotthard Graß, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V.. Maßgeblich werde die Entwicklung hierbei durch den massiven Einbruch des Vorjahres und die mittlerweile erreichte Stabilisierung in einigen Sektoren geprägt. So lagen die Auftragseingänge des zweitgrößten Industriezweiges in Deutschland in den ersten vier Monaten dieses Jahres nur geringfügig über dem extrem niedrigen Vorjahresniveau. "Zu befürchten ist, dass sich der rasche Wechsel von kurzfristigen Wachstumsimpulsen und erneuten Rückschlägen in diesem Jahr weiter fortsetzt“, so Graß.

Von Januar bis April gingen den ZVEI-Angaben zufolge die Umsätze der deutschen Elektrotechnik- und Elektronikindustrie um gut ein Prozent auf knapp 50 Mrd. Euro zurück. Während das Auslandsgeschäft aufgrund eines massiven Einbruchs im April stagnierte, sanken die Umsätze mit inländischen Kunden um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahres-zeitraum. Die Elektro-Ausfuhren zeigten in den ersten drei Monaten mit einem Plus von drei Prozent eine leichte Belebung. Abzuwarten bleibe allerdings, ob sich diese Entwicklung nach der deutlichen Zäsur durch den Irak-Konflikt im weiteren Jahresverlauf trotz der Aufwertung des Euro fortsetzt.

Deutlich hob Graß in diesem Zusammenhang hervor, dass von der Aufwertung des Euro gegenüber fast allen anderen wichtigen Währungen nicht nur die Exporte, sondern die gesamte Wertschöpfung in Deutschland betroffen sei. Günstigere Einfuhren durch Wechselkurs-veränderungen beeinträchtigten zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit der entsprechenden Anbieter im Euro-Raum. So legten die Elektro-Einfuhren nach Deutschland in einem stagnierenden Marktumfeld im ersten Quartal um acht Prozent zu.

Eine weiter rückläufige Beschäftigung ist die Folge dieser schwachen Entwicklung. Seit Beginn dieses Jahres hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in den deutschen Betrieben der Branche um rund 10.000 verringert. Ende April waren noch 832.000 Angestellte und Arbeiter beschäftigt. Damit habe sich der Beschäftigungsrückgang nur leicht verlangsamt, erläuterte Graß.

Erträge bleiben unter Druck

Weiter angespannt bleibt nach Einschätzung des ZVEI auch die Ertragslage. Die Zunahme der Produktivität im ersten Quartal um fünf Prozent sei hauptsächlich auf den Beschäftigungsrückgang und den gleichzeitig vorübergehenden Anstieg der Produktion zurückzuführen. „Mit einer Kapazitätsauslastung von knapp 80 Prozent liegen wir weiter in der Unterkühlungszone“, beschrieb Graß die drückende Situation. Zudem müssten die Unternehmen im Gefolge der Wechselkurs-entwicklung einen anhaltenden Druck auf die Preise hinnehmen. Auf der anderen Seite seien steigende Kosten zu verkraften, wie zum Beispiel die am 1. Juni in Kraft getretene Erhöhung der Tariflöhne und Gehälter um 3,1 Prozent. „Es liegt auf der Hand“, so Graß, „dass auch der gegenwärtige Streik in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie zu einer weiteren Schwächung der Auftriebskräfte führt.“

Dabei sei der Blick in die Zukunft ohnehin verhalten: So bewegte sich die Nachfrage nach elektrotechnischen Investitionsgütern, beispielsweise der Energie-, Automatisierungs-, Kommunikations- und Datentechnik per Saldo mit einem Plus von knapp einem Prozent in den ersten vier Monaten 2003 auf dem niedrigen Vorjahresniveau. Dieser Sektor macht rund 70 Prozent des Gesamtumsatzes der deutschen Elektrotechnik- und Elektronikindustrie aus.

Noch deutlicher von Zurückhaltung geprägt sei das Bild bei elektrotechnischen Gebrauchsgütern. Während die Anbieter von Unterhaltungselektronik nach den ersten drei Monaten noch mit einem leichten Zuwachs rechneten, prognostizieren die Anbieter von Elektro-Hausgeräten weitere Einbußen. Auf wachsendes Interesse der Verbraucher stießen entgegen der weit verbreiteten Konsum-zurückhaltung derzeit unter anderem DVD-Geräte, Groß- und Flachbildfernseher sowie Digitalkameras.

Auch bei den häufig als Frühindikator herangezogenen Bauelementen, so Graß, bestätige sich die Vermutung einer fortgesetzten „Waschbrettkonjunktur“. Nachdem die Nachfrage nach Bauelementen von Januar bis April mit einem Plus von fünf Prozent zuversichtlich gestimmt habe, gab die so genannte „book-to-bill-ratio“, also das Verhältnis von Auftragseingängen und Umsätzen, im Mai wieder nach und ließ keinen gefestigten Aufschwung erkennen.

Elektroindustrie investiert dennoch in Forschung und Entwicklung

„In dieser konjunkturell schwierigen Lage setzt unsere Branche auf Innovationen und will damit den Trend umkehren“, erläuterte Graß. Aktuelle Studien des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft bestätigten, dass die Elektrotechnik- und Elektronikindustrie in Deutschland weiter massiv in Forschung und Entwicklung sowie in innovative Produkte, Dienstleistungen und Produktionsprozesse investiere. So rechne das ZEW für 2003 mit Innovationsaufwendungen der Branche in Höhe von 14,5 Mrd. Euro.

Die vorhandenen Potenziale würden aber nicht voll in wirtschaftliche Erfolge umgemünzt. So sieht der ZVEI-Hauptgeschäftsführer massive Investitionsstaus unter anderem im Verkehr und in der Energieversorgung bei der Digitalisierung von Hörfunk und Fernsehen, aber auch bei der Automation von Produktions- und Geschäftsprozessen sowie bei der Modernisierung von Wohnungen und Gebäuden: „Genau deshalb müssen strukturelle Reformen wie in der Agenda 2010 jetzt umgesetzt werden, um mittelfristig wieder mehr Investitionen, mehr Wachstum und mehr Beschäftigung in Deutschland zu ermöglichen,“ forderte Graß.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V. Stresemannallee 19, 60596 Frankfurt Telefon: 069/63020, Telefax: 069/6302317

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