Pressemitteilung | Deutsche Kinderhilfe - Die ständige Kindervertretung e.V.

Fall Edathy: Deutsche Kinderhilfe sieht aktuelle öffentliche Forderungen nach Gesetzesänderungen bezüglich Kinderpornografie kritisch

(Berlin) - Als Konsequenz aus der Edathy-Affäre werden öffentliche Forderungen nach strengeren Gesetzen gegen Kinderpornografie lauter.

"Warum musste erst ein Bundestagsabgeordneter in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten, um endlich das einzufordern, was schon immer und auch bei jedem anderen Bürger hätte eindeutig geregelt sein müssen?", so Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe e. V.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass bis zu ein Prozent der männlichen Bevölkerung pädophil veranlagt sind. Diese sexuelle Störung impliziert jedoch nicht, dass jemand, der derartig veranlagt ist, sich auch an Kindern vergeht.
Die Möglichkeiten für Pädophile, sich bereits an grenzwertigen Fotos oder Filmen zu erregen, die ihre Neigung noch verstärken können, sollten allerdings so weit es geht beschränkt werden. Denn bereits durch das Betrachten strafloser Nacktfotos von Kindern kann bei Pädophilen irgendwann das Verlangen nach "mehr" gesteigert werden.

Herr Edathy hat solange als unschuldig zu gelten, bis ihm nicht das Gegenteil bewiesen wurde. Dass erst wieder ein prominenter Politiker für eine Neuauflage bereits geführter Diskussionen herhalten muss, zeigt, dass der Umgang mit Kinderpornografie nicht ernst genug genommen wurde und wird.
Der Fall Edathy ist tragisch. Allerdings so tragisch wie er bei jedem anderen Menschen auch wäre. Denn allein der Verdacht, pädophil zu sein, reicht in aller Regel aus, einen Menschen sozial und beruflich zu ruinieren.

Pädophilen sollten erst einmal ausreichende Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden, statt ihre Veranlagung nur zu verurteilen.
Die Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V." in Baden Württemberg oder das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden" der Charité in Berlin sind gute Beispiele für derartige Präventionsangebote.

Weiterhin ist das Strafmaß für den Konsum von kinderpornografischem Material angemessen zu bestrafen. Es kann nicht länger sein, dass das Strafmaß für einen Ladendiebstahl bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe beträgt, während der Konsum von Kinderpornos nur mit bis zu zwei Jahren bestraft wird. Kinderpornos zeigen, wie ein Kind vor laufender Kamera missbraucht oder vergewaltigt wird. Wer sich so etwas ansieht, hat in seiner Fantasie mindestens Teilnehmerwillen.

Darüber hinaus bedarf es erheblicher Präzisierungen in der Strafprozessordnung und in den Gefahrenabwehrgesetzen der Länder, weil derzeit ein Einsatz von verdeckten Ermittlern für Ermittlungen in einer sehr professionell abgeschotteten Szene so gut wie unmöglich ist.

Schließlich sollte eine angemessene Vorratsdatenspeicherung ermöglicht werden, da in einer Vielzahl von Fällen bei Vorliegen eines konkreten Verdachts keine rückwirkenden Ermittlungen mehr möglich sind. Der massenhafte Datenmissbrauch durch die NSA darf nicht dazu führen, dass zukünftig kaum noch Ermittlungen gegen Kinderpornografie-Ringe geführt werden können.

Diese Forderungen erhebt die Deutsche Kinderhilfe seit Jahren und unabhängig vom Fall Edathy.
"Wir sollten endlich aufhören, Herrn Edathy für rechtspolitische Forderungen zu benutzen, sondern die Ermittlungsbehörden ungehindert ihre Arbeit erledigen lassen, soweit dies überhaupt noch möglich ist", so Rainer Becker.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Kinderhilfe e.V. Pressestelle Schiffbauer Damm 40, 10117 Berlin Telefon: (030) 24342940, Fax: (030) 24342949

(cl)

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