Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Flüchtlingsschutz durch Definition eines Flüchtlingsbegriffs

(Brüssel/Berlin) - Durch den Entwurf der Kommission der Europäischen Union für eine Flüchtlingsrichtlinie wird versucht, den Flüchtlingsbegriff umfassend zu definieren. Darin hebt die Kommission ausdrücklich hervor, dass der Flüchtlingsbegriff des Völkerrechts „weiterhin relevant und ausreichend flexibel, vollständig und umfassend“ sei.

Die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) begrüßt diesen Entwurf als einen wegweisenden Schritt in die richtige Richtung, weil er die Genfer Flüchtlingskonvention im Sinne eines effektiven Flüchtlingsschutzes fortentwickelt. Dies wird den europäischen Staaten Anlass geben, ihre restriktive Praxis zu ändern. Insbesondere wird begrüßt, dass die nichtstaatliche Verfolgung als Flüchtlingsgrund anerkannt wird. Damit werde eine alte Forderung des DAV umgesetzt. Die Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung als Fluchtgrund sei die logische Konsequenz der in den letzten Jahren erfolgten Fortentwicklung des Völkerstrafrechts. Auch könnten mit der Richtlinie die vielfältigen staatlichen Bemühungen eingedämmt werden, Personen den Flüchtlingsschutz aufgrund bloßer Verdachtsmomente, sie seien Förderer von als „terroristisch“ eingestufte islamistische Organisationen, zu versagen.

„Insbesondere die Anerkennung nichtstaatlicher Verfolgung wird dazu beitragen, dass eine insbesondere in Deutschland von der Rechtssprechung in den Jahren willkürlich aufgerissene Schutzlücke geschlossen wird. Die Kommission unterstützt damit eine in der überwiegenden Staatenpraxis angewendete, auch nicht staatliche Verfolgung erfassende flüchtlingsschutzrechtliche Schutzkonzeption. Dies ist wegweisend und zu begrüßen,“ so Rechtsanwalt Dr. Reinhard Marx, Frankfurt am Main, Mitglied des Geschäftführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im DAV. Darüber hinaus würden „geschlechts- oder kinderspezifische Formen der Verfolgung“ ausdrücklich anerkannt. Seit Mitte der 90er Jahre wäre die Anwendung sexueller Gewalt, die Genitalverstümmelung und sonstige geschlechtsspezifische Übergriffe ein wichtiges Thema in der öffentlichen Diskussion. Dies habe auch zu rechtlichen Änderungen der Flüchtlingsgründe geführt.

Der DAV begrüßt auch, dass die Gewissensnot von Wehrflüchtigen anerkannt wird. Der seit Mitte der 80er Jahre sich durchsetzende Trend, einer im Blick auf völkerrechtswidrige Handlungen motivierten Kriegsdienstverweigerung die Anerkennung nicht zu versagen, wird im Entwurf Rechnung getragen. Eine Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung als Fluchtgrund ist logische Konsequenz der in den letzen Jahren erfolgten Fortentwicklung des Völkerstrafrechts. Man kann nicht Kriegsverbrecher bestrafen, Flüchtlingen aber, die sich durch ihre Flucht der Beteiligung an Kriegsverbrechen entzogen haben, den Schutz versagen.

Letztlich reagiert die Kommission mit ihrem Vorschlag im Grundsatz auch auf den 11. September 2001. Derzeit sind vielfältige staatliche Bemühungen festzustellen, die vermeintlich auf „terroristische Straftäter“ zielen. In Wahrheit wird dadurch aufgrund bloßer Verdachtsmomente den Sympathisanten und Unterstützern als „terroristisch eingestufter islamistischer Organisationen der Flüchtlingsschutz versagt. Gegen eine derartige Abschiebungspraxis schlägt die Kommission einen klaren juristischen Zurechnungsbegriff vor. Danach darf der Flüchtlingsschutz nur bei einer persönlichen und bewussten Beteiligung des Flüchtlings an terroristischen Handlungen verweigert werden.

Es handelt sich um den Entwurf für eine „Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatangehörigen und Staatlosen als Flüchtlinge im Einklang mit dem Abkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und dem Protokoll von 1967 oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen (KOM (2201)510-2001/0207 (CNS)).

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Littenstr. 11 10179 Berlin Telefon: 030/7261520 Telefax: 030/726152190

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