Pressemitteilung | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Großbritannien könnte Währungsunion beitreten

(Berlin) - Aus ökonomischer Sicht ist der Beitritt Großbritanniens zur europäischen Währungsunion weder für die bisherigen Mitglieder noch für Großbritannien selbst ein hohes Risiko. Zu diesem Ergebnis kommt das DIW Berlin in seinem aktuellen Wochenbericht 13/2002 - 14/2002. Als das schwierigste Problem in diesem Zusammenhang wird die Festsetzung eines adäquaten, d.h. auf Dauer weder die EWU noch Großbritannien belastenden Wechselkurs des Pfundes bezeichnet. Das DIW Berlin hält bei einem gegenwärtigen Kurses von 1,60 bis 1,65 Euro je Pfund eine kräftige Abwertung in Höhe von bis zu 20 % zur Stärkung der britischen Wettbewerbsfähigkeit für erforderlich. In allen übrigen Bereichen hat Großbritannien bereits einen erheblichen Konvergenzprozess Richtung Europa vollzogen.


Die Maastricht-Kriterien hat Großbritannien im Kern erfüllt - die finanzpolitischen Kriterien im Vergleich zu den anderen großen Volkswirtschaften der EU sogar in vorbildlicher Weise. Es weist sowohl beim Finanzierungssaldo (2001: +1,3 %) wie auch beim Schuldenstand (2001: 38,7 %) bessere Werte auf als alle großen und auch die meisten kleineren EWU-Länder. Auch bei der Inflationsrate bewegte sich Großbritannien mit 1,2 % im vergangenen Jahr im europäischen Vergleich am unteren Ende. Probleme wird es auch nicht mit dem langfristigen Zins geben, der seit einigen Jahren nahe am Durchschnittssatz der EWU-Länder liegt (2001: 4,9 %). Das letzte der Kriterien ist allerdings nicht erfüllt: Der Wechselkurs müsste mindestens zwei Jahre fest an den Euro gekoppelt sein. Aufgrund der defizitären Außenhandelsbilanz Großbritanniens wird der Kurs des Pfundes für überhöht gehalten, so dass eine deutliche Abwertung über kurz oder lang wahrscheinlich ist.

Ob Großbritannien der Währungsunion beitritt, wird letztlich von einem nationalen Referendum abhängen. Bevor es dazu kommt, muss klar sein, ob ein Beitritt im "nationalen wirtschaftlichen Interesse" liegt. Hierfür wurden von der britischen Regierung fünf Prüfkriterien formuliert, die alle recht allgemein gehalten sind. Das erste Kriterium, das für die weiteren vier maßgeblich ist, fordert mit der EWU kompatible Konjunkturzyklen. Das DIW Berlin zeigt, dass sich der Konjunkturzyklus Großbritanniens dem des Euroraums sehr angenähert hat. Allerdings scheint die Geld- und Fiskalpolitik Großbritanniens erheblich flexibler auf konjunkturelle Schwankungen zu reagieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Königin-Luise-Str. 5 14195 Berlin Telefon: 030/897890 Telefax: 030/89789200

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