Pressemitteilung | eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.

Jugendmedienschutzstaatsvertrag: Konsequenzen für die Internetwirtschaft in Deutschland

(Köln) - Mit knapp 100 Vertretern der Telekommunikations-Branche aus dem Rhein-Main Gebiet diskutierten bundes- und landespolitische Medienpolitiker über die Konsequenzen des Jugendmedienschutzstaatsvertrages für die Internet- und Telekommunikationswirtschaft. Im Zuge der Ereignisse in Erfurt war im vergangenen Jahr der neue Staatsvertrag, der am 1. April 2003 in Kraft tritt, verabschiedet worden. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „TK-Dialog“ des hessischen Wirtschaftministeriums hatte der europäische Internet-Service-Provider Claranet gemeinsam mit eco zur Podiumsdiskussion nach Frankfurt eingeladen.

In seinem Statement für die Internet Service Provider betonte Olaf Fischer, Geschäftsführer von Claranet, dass sich die Rechtssituation durch den Jugendmedienschutzstaatsvertrag für die Internetwirtschaft unklarer denn je zuvor darstelle. „Rechtsunsicherheit ist ein Investitionshindernis“, so Fischer. Wirtschaftsentscheider brauchen jedoch klare rechtliche Rahmenbedingungen und eine eindeutige Festschreibung der abgestuften Verantwortlichkeit entsprechend der europäischen E-Commerce-Verordnung. Fischer forderte dazu auf, das Internet als Chance zu begreifen, um Regelungen zum Jugendschutz auf internationaler Ebene herbeiführen.

„Die Verantwortung für Inhalte kann nicht bei den Access-Providern liegen,“ so Jörg Tauss, bildungs-, forschungs- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Der von eco zum „Internet-Politiker des Jahres 2002“ gewählte SPD-Politiker kritisierte, dass die Länderparlamente im Staatsvertrag versäumt hätten, eindeutig darzulegen, wie sie sich eine Realisierung ihrer Ziele vorstellen. „Sie haben im vergangenen Jahr einen Staatsvertrag gemacht und dann setzen wir uns heute hin und reden darüber, wie wir – übrigens berechtigt – problematische Inhalte heraushalten. So was ist ausgesprochen unprofessionell“, so Tauss.

„Wenn der Staat als Ziel definiert, schädliche Umwelteinflüsse vermeiden zu wollen, dann muss er auch die Kosten dafür tragen,“ forderte Hans-Joachim Otto, medienpolitischer Sprecher der FDP im Deutschen Bundestag. Er betrachte im übrigen mit Sorge die angestrebte Instrumentalisierung der KJM als geeignetes Instrument zur Erlassung von Sperrungsverfügungen gegen ISPs, wie dies der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck bereits im Januar verkündet habe. Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag führe lediglich zu einer weiteren Überregulierung in Deutschland. „Mögen die Länder regeln, was zu regeln ist. Nur das haben sie nicht gut geregelt“, so der FDP-Politiker.

Dieser Auffassung widersprach energisch Volker Hoff, medienpolitischer Sprecher der CDU im Hessischen Landtag. Jenseits des Streits, ob Jugendmedienschutz eine förderale Aufgabe der Länder sei – „und Medienpolitik ist eine eindeutige Aufgabe der Länder“, so Hoff –, hätten die sechzehn Landesparlamente im vergangenen Jahr einstimmig einen guten Staatsvertrag beschlossen. Die hessische Landesregierung sei sich aber auch über den Wert der IT-Branche am Standort Hessen im klaren und werde deshalb die Argumente der Branche ernst nehmen. „Wir haben da noch unglaublich viel vor uns,“ so Hoff. Sperrungsverfügungen à la Büssow an hessische Provider für im Ausland gehostete Inhalte werde er jedoch nicht unterstützen.

Über die Wirksamkeit von Sperrverfügungen, Datenschutz, Selbstregulierung und Selbstkontrolle wurde sehr kontrovers zwischen Podium und Publikum diskutiert. Konsens bestand jedoch bei allen Beteiligten, dass Politik und Gesellschaft sich verstärkt dem Thema Medienkompetenz zuwenden müsse und dies als vordringlichen Bildungsauftrag behandeln sollte.

Quelle und Kontaktadresse:
Electronic Commerce Forum e.V. (eco) - Verband der deutschen Internet-Wirtschaft Arenzhofstr. 10 50769 Köln Telefon: 0221/700048-0 Telefax: 0221/700048-11

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