Pressemitteilung | Deutscher Städtetag - Hauptgeschäftsstelle Berlin

Präsidium des Deutschen Städtetages tagte in Neuss / Appell vor dem Flüchtlingsgipfel in Berlin: Kommunen brauchen mehr und schnelle Unterstützung von Bund und Ländern

(Berlin) - Zwei Tage vor dem Flüchtlingsgipfel in Berlin appellieren die Städte eindringlich an Bund und Länder, mit ihren Beschlüssen die wachsenden Schwierigkeiten der Kommunen bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu verringern. Das Präsidium des Deutschen Städtetages forderte in einer Sitzung in Neuss vor allem, dass sich die Kommunen jetzt schnell auf die Menschen konzentrieren können, die länger in Deutschland bleiben werden. Nur dann könnten die Kommunen der aktuellen Herausforderung durch die stark steigenden Flüchtlingszahlen gerecht werden. Außerdem müssten Bund und Länder die Kommunen stärker finanziell entlasten und unterstützen, damit auch die Integration der Menschen in die Gesellschaft gelingen kann.

Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeistern Dr. Eva Lohse aus Ludwigshafen, erklärte nach der Präsidiumssitzung in einer Pressekonferenz in Düsseldorf: "Wir stehen in den Städten zu unserer humanitären Verantwortung, Flüchtlinge aus Bürgerkriegsländern und politisch Verfolgte menschenwürdig zu versorgen und in die Gesellschaft zu integrieren. Diese Aufgabe ist uns wichtig, und sie ist groß genug. Die Kommunen dürfen nicht überfordert werden. Deshalb erwarten wir von Bund und Ländern, dass sie alles tun, damit nur die Menschen mit Bleibeperspektive in die Kommunen weitergeleitet werden. Dazu ist jetzt sehr rasch ein Kraftakt von Bund und Ländern nötig, um die Asylverfahren zu beschleunigen und die Zahl der Plätze in Erst-aufnahmeeinrichtungen von 45.000 im Frühjahr auf mindestens 150.000 Plätze zu erhöhen. Denn nur so können wir uns in den Kommunen angemessen um die Menschen kümmern, die Schlimmes erlebt haben und Schutz benötigen."

Lohse machte deutlich, dass die Städte wegen der stark und schnell steigenden Flüchtlingszahlen vor einer weiter wachsenden Herausforderung stehen, die nur mit mehr Unterstützung durch Bund und Länder gemeistert werden kann: "Die Städte arbeiten am Anschlag und müssen immer mehr Notunterkünfte und Übergangslösungen aus dem Boden stampfen. Die Kommunen brauchen vom Bund eine zusätzliche spürbare Entlastung in Milliardenhöhe, die uns auf Dauer hilft und die sich dynamisch an den Flüchtlingszahlen orientiert - so wie im Juni grundsätzlich angekündigt. Ich bin zuversichtlich, dass der Bund sein bisheriges Angebot von drei Milliarden Euro für Länder und Kommunen erhöhen wird. Das ist unbedingt nötig, damit die Kommunen ihre stark wachsenden Aufgaben bei der Unterbringung der Flüchtlinge und ihrer Integration wahrnehmen können."

Zwingend angewiesen seien die Kommunen dabei auf die Weitergabe der Mittel durch die Länder und auch auf deren eigene Anstrengungen. "Es dürfen keine Bundesgelder in den Landeshaushalten versickern. Zusätzliche Bundesmittel entbinden die Länder auch nicht von der Verantwortung, ihre Kommunen ebenfalls bei den Kosten der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge zu entlasten", betonte Lohse. Außerdem wollen sich die Städte für die Integration in Kitas, Schulen und in Wohnungen engagieren und haben dies bereits begonnen, doch diese Aufgabe könnten die Kommunen wegen der stark gestiegenen Zahl der Menschen nicht allein schultern, so die Städtetagspräsidentin. Die große Herausforderung, vor der Deutschland jetzt stehe, könne nur in einer enormen gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen gemeistert werden. Die Beschlüsse von Bund und Ländern vom 18. Juni enthielten dafür gute Ansatzpunkte, die nun beim Flüchtlingsgipfel am 24. September weiter konkretisiert werden sollen.

Schlüssel für Lösungen liegt in der EU und in den Herkunftsländern

Der Schlüssel für die Bewältigung der hohen Flüchtlingszahlen liege in der Europäischen Union und einer nachhaltigen Bekämpfung der Fluchtursachen in den Herkunftsländern. Dringender denn je sei eine faire und solidarische Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedsstaaten der EU. "Europa steht vor einer essentiellen Bewährungsprobe. Wenn hier keine gemeinsame Solidarität der Mitgliedsstaaten gelingt, drohen wir in Deutschland und seinen Kommunen rasch an die Belastungsgrenze zu kommen", sagte Lohse auch mit Blick auf den EU-Sondergipfel am Mittwoch in Brüssel.

Mittel für die soziale Wohnraumförderung mindestens verdoppeln

Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly aus Nürnberg, äußerte sich beeindruckt von der Welle der Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen und dankte für die Städte den vielen ehrenamtlichen Helfern für ihr hohes Engagement: "Die positive Grundhaltung vieler Menschen gegenüber Flüchtlingen ermutigt, wir müssen sie unbedingt pflegen. Integration wird dann erfolgreich sein, wenn das Leben von Menschen aus Syrien, Irak oder Eritrea mitten unter uns Normalität ist und aus Flüchtlingen Mitbürgerinnen und Mitbürger werden. Dennoch müssen wir auch Sorgen von Menschen vor Überforderung der Gesellschaft ernst nehmen und das Gespräch mit ihnen suchen." Zu fremdenfeindlichen Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte sagte Maly, unsere Gesellschaft dürfe Ausländerfeindlichkeit keinen Platz einräumen, und Straftäter müssten entschlossen verfolgt werden. Solche Taten seien durch nichts zu rechtfertigen.

Im Vorfeld des Flüchtlingsgipfels forderte der Vizepräsident des Städtetages mit Blick auf die Integration von Flüchtlingen mehr Investitionen in den Wohnungsbau: "Wir brauchen viel mehr bezahlbare Wohnungen, nicht nur, aber auch für Flüchtlinge. Denn in Ballungsräumen sollten Familien mit geringen Einkommen oder Alleinerziehende mit Kindern nicht mit Flüchtlingen um Wohnungen konkurrieren müssen. Das wäre sozialer Sprengstoff, den wir vermeiden müssen. Bund und Länder sollten ihre Mittel für die soziale Wohnraumförderung von heute zwei Milliarden Euro mindestens verdoppeln, damit genügend bezahlbare Wohnungen für alle Gruppen mit niedrigen Einkommen entstehen. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Länder die Bundesmittel auch für Wohnungen verwenden und nicht für andere Investitionen."

Noch im Frühjahr hatte das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung geschätzt, dass künftig pro Jahr insgesamt in Deutschland mindestens 270.000 neue Wohnungen gebraucht werden. Inzwischen gibt es Schätzungen, die noch über der vom Bauministerium genannten Zahl von 350.000 Wohnungen liegen. "Dabei ist klar: Wir brauchen beim Wohnungsneubau auch einen gehörigen Teil geförderter Sozialwohnungen", so Maly.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städtetag, Hauptgeschäftsstelle Berlin Volker Bästlein, Leitung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Hausvogteiplatz 1, 10117 Berlin Telefon: (030) 377110, Fax: (030) 37711999

(cl)

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