Pressemitteilung | Kassenärztliche Bundesvereinigung KdÖR (KBV)

Richter-Reichhelm auf KBV-Vertreterversammlung / Auch wenn die Politik das Gegenteil wollte: Gesundheitsreform hat zu mehr Bürokratie geführt

(Berlin) - „Die Gesundheitsreform hat zu einem enormen Zuwachs an Bürokratie geführt.“ Dies hat heute in Bremen der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) kritisiert. Dr. Manfred Richter-Reichhelm sagte auf der Vertreterversammlung der Vertragsärzteorganisation: „Was mit den Disease-Management-Programmen an Bürokratiewahn begann, soll wohl jetzt auch in der Regelversorgung erfolgen.“ Besonders unerfreulich sei die Entwicklung deswegen, weil der Gesetzgeber in der Einleitung und der Begründung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) das Gegenteil von dem anstrebte, was er letztlich bewirkt hätte.

Ein Grund für den Anstieg der Papierflut sei zweifellos die Einführung der Praxisgebühr am 1. Januar gewesen. Die Patienten wüssten zwar, dass die Gebühr nicht dem Arzt, sondern den Krankenkassen zugute käme, und zeigten sich zahlungswillig, doch sei der Verwaltungsaufwand hoch. Er müsse eigentlich gesondert vergütet werden. Angemessen sei eine Pauschale von einem Euro pro Gebühreneinzug.

„Die Praxisgebühr bringt auch noch zwei weitere Probleme mit sich“, so Richter-Reichhelm weiter. „Erstens: Wir können noch nicht sagen, ob sie zu einem Rückgang der Arztbesuche geführt hat. Im ersten Quartal 2004 registrierten wir zehn Prozent weniger Konsultationen als im Vorquartal. Doch das können Vorzieheffekte sein. Zweitens: Wir müssen noch analysieren, ob sozial Schwache nun besonders selten zum Arzt gehen.“ Eine Studie der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin lege dies nahe. Im wenig begüterten Neukölln seien die Fallzahlen weit stärker gesunken als im vergleichsweise wohlhabenden Charlottenburg/Wilmersdorf.

Der KBV-Chef mahnte seine Kollegen, die mittelfristig auf die Ärzte zukommenden Veränderungen im Auge zu haben. „Die Politik will immer mehr Zugriff auf größere, zentrale Strukturen schaffen. Die Krankenhäuser fahren jetzt mit schweren Geschützen auf, mit dem Ziel, in die ambulante Versorgung einzubrechen“, warnte er. Beides sei ein Angriff auf die Freiberuflichkeit zunächst der fachärztlich tätigen, später dann der übrigen niedergelassenen Ärzte. Dennoch böten die vom Gesetzgeber angestrebten neuen Versorgungsformen nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Die KBV habe sich schon seit langem dafür eingesetzt, dass Vertragsärzte auch fachübergreifend immer enger kooperieren. Insofern sei eine gut funktionierende fachübergreifende Gemeinschaftspraxis ein guter Ausgangspunkt zur Bildung eines Medizinischen Versorgungszentrums.

Alarmiert habe die Ärzteschaft das von der Apothekerschaft und der Barmer Ersatzkasse initiierte Hausapothekenmodell. Dieses sehe diverse Check-up-Leistungen vor, also Leistungen, die von Ärzten zu erbringen sind. Ein Gespräch mit der Barmer und dem Deutschen Apothekerverband habe aber dazu geführt, dass die Apotheker sich künftig auf ihre Aufgaben beschränkten und Versicherte immer auf eine gegebenenfalls notwendige ärztliche Untersuchung und Behandlung hinwiesen.

Quelle und Kontaktadresse:
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Herbert-Lewin-Str. 3, 50931 Köln Telefon: 0221/40050, Telefax: 0221/4005160

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