Pressemitteilung | (VENRO) Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V.

VENRO zum G8-Gipfel in Evian: Viele Worte, aber wenig Substanz

(Bonn) - Trotz medienwirksamer Inszenierung der Teilnahme einiger Entwicklungsländer am G8-Gipfel kann der Verband Entwicklungspolitik (VENRO) nicht die vom französischen Präsidenten Chirac angekündigte neue Qualität in der Politik der G8 gegenüber den Ländern des Südens erkennen. Zwar enthalte der in Evian verabschiedete Bericht zur weiteren Umsetzung des G8-Afrika-Aktionsplans von Kananaskis viele gute Einzelansätze, wie zum Beispiel den Aufbau einer multinationalen afrikanischen Friedenstruppe oder länderübergreifende Initiativen zur Wald- und Flusswirtschaft. Angesichts der gewaltigen Herausforderungen auf dem afrikanischen Kontinent erscheine dies jedoch wiederum nur als Kurieren an einzelnen Symptomen. Zu den grundsätzlichen Strukturfragen eines gerechteren Welthandels und einer effektiveren Entschuldung hätten die G8 wenig Neues anzubieten.

„Was den Führern der Entwicklungsländer von den Mächtigen der Welt mitgegeben wurde, sind gute Absichten, aber wenig Substanz hinsichtlich der verzweifelt notwendigen finanziellen Mittel und Reformen, die notwendig wären, um die Zahl der Menschen zu halbieren, die von weniger als einem Dollar pro Tag leben müssen“, sagte der VENROVorsitzende Reinhard Hermle.

Der Verband begrüßt die Absicht des G8-Gipfels, künftig mehr Ländern Zugang zur Entschuldung zu gewähren. „Solange viele arme Staaten ein Vielfaches an Schulden zahlen, was Sie als Hilfen erhalten, kommt gerade der afrikanische Kontinent nicht weiter. Deshalb ist es dringend erforderlich, die HIPC-Initiative auszuweiten. Das Konzept der Schuldentragfähigkeit bedarf einer grundlegenden Revision. Dies wird auch von den afrikanischen Staaten gefordert. Es kann nicht darum gehen, die Schuldendienstfähigkeit zu gewährleisten, sondern die sozialen Grunddienste zu sichern und Armut wirkungsvoll zu bekämpfen. Das Thema muss auf der Agenda bleiben,“ forderte Reinhard Hermle.

VENRO ist enttäuscht darüber, dass es den G8 nicht gelungen ist, sich bereits jetzt über den Abbau handelsverzerrender Agrarsubventionen zu verständigen. „Nicht zuletzt dieser Protektionismus der USA, der EU und anderer sorgt dafür, dass gerade afrikanischen Ländern wesentliche Möglichkeiten vorenthalten werden, am Weltmarkt teilzuhaben und sich die für ihre Entwicklung notwendigen Mittel selbst zu erwirtschaften. Es ist mehr als beklagenswert, dass die gerade in diesem Bereich so erforderlichen Reformen in den Industrieländern immer wieder verschoben werden“, kommentierte Reinhard Hermle. Grundsätzlich positiv bewertet der Verband die Zusagen zur Aufstockung der Mittel des Weltgesundheitsfonds zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria und die erneut bekräftigte Absicht der G8, die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit zu steigern. Diese Zusagen stünden jedoch nur auf dem Papier. VENRO erwartet von der EU, aber auch von der Bundesregierung, dass die Ankündigungen von Evian umgesetzt werden.

Entscheidend sei, dass es sich bei den Geldern für den Weltgesundheitsfonds um zusätzliche Mittel handeln muss. Der Verband fordert die Bundesregierung auf, sich in diesem Sinne maßgeblich an dieser Initiative zu beteiligen und sie auch bei den anstehenden Etatberatungen für 2004 – trotz der schwierigen Haushaltslage – zu berücksichtigen.

Quelle und Kontaktadresse:
VENRO - Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nicht Regierungs Organisationen e.V. Kaiserstr. 201, 53113 Bonn Telefon: 0228/9467714, Telefax: 0228/9467799

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