Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Gesetz zu V-Leuten und Tatprovokation mit "Luft nach oben"

(Berlin) - Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt den Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium zum Einsatz von Verdeckten Ermittlern, Vertrauenspersonen sowie der Tatprovokation. Eine gesetzliche Regelung war überfällig. Der Entwurf geht jedoch nicht weit genug. Es fehlen Ausschlusskriterien zum Einsatz von V-Leuten und eine klar begrenzte Einsatzzeit. Bei der Tatprovokation plädiert der DAV für eine engere Orientierung an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).

Der Referentenentwurf schafft einen gesetzlichen Rahmen für den Einsatz von verdeckt ermittelnden Polizeibeamten, zivilen Vertrauenspersonen (V-Leuten, Informant:innen) sowie der Tatprovokation. Dieser Schritt ist seit vielen Jahren überfällig und wird vom DAV grundsätzlich begrüßt. "Die Einführung eines Richtervorbehalts für den Einsatz von Vertrauenspersonen ist essenziell zur Sicherung rechtsstaatlicher Prinzipien", betont Rechtsanwalt Martin Rubbert, Mitglied des Ausschusses Strafrecht des DAV. "Es ist auch gut, Regeln zu formulieren, in welchen Fällen der Einsatz von Verdeckten Ermittlern oder V-Leuten zulässig ist und wie eine V-Person auszuwählen ist." Was hierbei jedoch fehlt, sind klare Ausschlussregeln bei der Auswahl einer Vertrauensperson, etwa eine Vorstrafenbelastung.

Auch die Frage der maximalen Einsatzzeit löst der Entwurf nur unbefriedigend, wie Rubbert erläutert: "Die bloße Soll-Grenze von zehn Jahren Gesamt-Einsatzzeit kann zu leicht unterlaufen werden. Hier hätte es eine absolute Grenze - vorzugsweise bei fünf Jahren - gebraucht, um eine Verschmelzung von Informant:innen mit den Polizeibehörden zu verhindern."

Der DAV fordert zudem klare Regeln zur Transparenz und Kontrolle der Entlohnung von Informant:innen. Denn je größer die finanziellen Anreize sind, umso mehr leidet die Glaubwürdigkeit von V-Leuten.

Nachbesserungsbedarf auch bei der Tatprovokation

Dem Entwurf fehlt auch eine prozessuale Lösung für behauptete Tatprovokationen - also die gezielte Verleitung des Beschuldigten zur Straftat durch die ermittelnde Person. "Nach der Rechtsprechung des EGMR bringt der Einsatz von Vertrauenspersonen - insbesondere bei einem Erfolgshonorar - das Risiko von staatlich veranlassten rechtsstaatswidrigen Tatprovokationen mit sich", erläutert der Rechtsanwalt. "Sofern die Behauptungen des Angeklagten nicht völlig unplausibel sind, müsste in solchen Fällen dann die Staatsanwaltschaft beweisen, dass keine Tatprovokation stattgefunden hat." An dieser Beweislastumkehr fehle es hier.

Der DAV kritisiert seit Jahren die gesetzliche Lücke beim Einsatz von Informant:innen und hatte hierzu bereits 2021 einen eigenen Gesetzvorschlag veröffentlicht.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Pressestelle Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190

(mw)

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