Pressemitteilung | Verband Deutscher Privatschulen - Landesverband Baden-Württemberg e.V. (VDP)

Gutachter: Land operiert mit falschen Zahlen / Steinbeis-Transferzentrum legt Untersuchung zu Kosten von Schülern vor

(Stuttgart) - Die Kosten für einen Schüler sind nach einem Gutachten des Heidenheimer Steinbeis-Transferzentrums deutlich höher, als die Landesregierung bisher angegeben hat. Demnach könnten Privatschulen höhere Zuschüsse vom Staat verlangen.

Das neue Privatschulgesetz des Landes, in dem die staatlichen Zuschüsse für private Schulen festgelegt sind, ist nach langen Auseinandersetzungen im Oktober verabschiedet worden und seit diesem Monat in Kraft. Der Streit ums Geld geht aber weiter. Er hat jetzt durch das Gutachten neue Nahrung bekommen. Die Frage, was ein Schüler an einer öffentlichen Schule wirklich kostet, ist für Privatschulen existenziell. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts haben Privatschulen Anspruch auf staatliche Zuschüsse in Höhe von 80 Prozent der Kosten eines staatlichen Schülers. Das strebt das Land auch an. Die Frage ist nur, wann. Seit Jahren werden den Zuschüssen unterschiedliche Berechnungen zu Grunde gelegt.

Jetzt hat das Heidenheimer Steibeis-Transferzentrum im Auftrag der Software-AG-Stiftung Zahlen ermittelt, die deutlich über den bisherigen Basiszahlen des Landes liegen. So gehe das Land bei der Festlegung der Zuschüsse für Grundschüler von 2981 Euro pro Schüler und Jahr aus, die Untersuchung ergab Bruttokosten von 5365 Euro (Stand 2002). Für Gymnasien rechnet das Land mit 5662 Euro, Steinbeis ermittelte 7020 Euro. Damit würden die privaten Gymnasien nicht rund 80, sondern lediglich 59 Prozent der tatsächlichen Kosten erstattet bekommen.

Das Transferzentrum hat anders als staatliche Stellen die Immobilienkosten für die Schulgebäude und die Pensionsansprüche der Lehrer mit veranschlagt. In die Rechnung gingen außer den Personalkosten für Lehrer beispielsweise auch die Ausgaben für Schulsekretärinnen und Hausmeister ein, die bei staatlichen Schulen über die Gemeindehaushalte abgerechnet werden.

Die Untersuchung beruht wesentlich auf Daten der offiziellen Statistik. Ergänzend wurden im Land 672 allgemein bildende Schulen mit rund 160 000 Schülern empirisch untersucht. In Baden-Württemberg gab es nach Angaben des Statistischen Landesamts im Oktober 2003 insgesamt 3834 öffentliche allgemein bildende Schulen mit etwa 1,22 Millionen Schülern. Die 355 allgemein bildenden Privatschulen zählten 89 600 Schüler.

Das Land gibt in diesem Jahr 481 Millionen Euro für Privatschulen aus, hatte Kultusministerin Annette Schavan bei der Verabschiedung des Privatschulgesetzes gesagt. Die Zuschüsse sind je nach Schulart unterschiedlich. Private Haupt- und Grundschulen erhalten wie Berufsschulen 70 Prozent, Gymnasien 80 Prozent der Kosten eines staatlichen Schülers - nach den Berechnungsgrundlagen des Landes. Nach den Daten des Steinbeis-Transferzentrums müsste das Land jährlich 40 Millionen Euro mehr für die privaten Schulen ausgeben. Die jetzige Praxis entspreche nach der neuen Zahlenbasis nicht der Verfassung, geht aus einem gleichzeitig erstellten Gutachten des Mainzer Verwaltungsrechtlers Friedhelm Hufen hervor. In einer ersten Reaktion sagten Vertreter von Waldorfschulen gestern bei der Präsentation des Gutachtens, es habe sich "eine enorme Diskrepanz" ergeben, mit der die Schulen in freier Trägerschaft "so nicht leben könnten".

Die Oppositionsparteien im Landtag sehen ihre bisherige Kritik durch die Untersuchung bestätigt. Für die SPD erklärte ihr bildungspolitischer Sprecher Norbert Zeller, "die Studie belegt eindrucksvoll, dass Kultusministerin Schavan mit frisierten Zahlen operiert und die Schulen in freier Trägerschaft bewusst in den Ruin treibt". So wolle das Land seinen Finanzierungsanteil so gering wie möglich halten. Die Folge sei, dass Elternbeiträge an Privatschulen für sozial schwache Familien zu hoch seien. Die Grünenabgeordnete Renate Rastätter bezeichnete das Gutachten als sachkundige Hilfestellung bei der Ermittlung der Kostenbasis. Sie betonte, "wer das vielfältige freie Schulwesen in Baden-Württemberg erhalten will, darf nicht zulassen, dass die notorische Unterfinanzierung der Schulen und zunehmende Belastung der Elternhäuser fortgesetzt das verfassungsrechtliche Maß überschreitet". Auch bei den Liberalen stehe eine Erhöhung der Zuschüsse weiter auf der Tagesordnung, betonte Fraktionsvize Heiderose Berroth.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Privatschulen Landesverband Baden-Württemberg (VDP) Heusteigstr. 21, 70182 Stuttgart Telefon: 0711/2361617, Telefax: 0711/2361670

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