Pressemitteilung | (tlv) thüringer lehrerverband

tlv zum Schuljahresauftakt: "Kein Ende der Talfahrt"

(Erfurt) - "Die Talfahrt geht ungebremst weiter" - so lautet die Feststellung des tlv thüringer lehrerverband zum Beginn des Schuljahres 2023/24. Wie in jedem Jahr hat die Interessenvertretung kurz vor dem Ende der Sommerferien die Schulleitungen der staatlichen Schulen zur aktuellen Personalsituation befragt. Die nicht repräsentative Umfrage des Verbandes hat aufgezeigt: Einmal mehr hat sich der Lehrkräftemangel im Vergleich zum Vorjahr verschärft.

"Vor einem Jahr haben wir ausgerechnet, dass im Schnitt 2,1 Lehrer pro Schule fehlen", erklärt Frank Fritze, kommissarischer Landesvorsitzender des tlv. "Mittlerweile liegt dieser Wert bei 2,6." Auch habe sich der Anteil derjenigen Schulleitungen, die mit dem vorhandenen Personal ihre Stundentafel komplett erfüllen können, von 11 Prozent im letzten Jahr auf 9 Prozent weiter verringert. "Oder anders gesagt: Neun von zehn Schulen im Freistaat haben Personalprobleme in einem Ausmaß, das sich direkt auf die Beschulung der Kinder und Jugendlichen auswirkt."

Rechne man die Zahl auf die 800 staatlichen Schulen in Thüringen hoch, so Fritze weiter, so käme man auf gut 2000 Lehrer, die momentan im Freistaat fehlen. "Das schließt die Langzeitkranken sowie diejenigen in Mutterschutz und Elternzeit ein. Aber auch diese Kolleginnen und Kollegen stehen nicht für den Unterricht zur Verfügung. Diese gigantische Lücke ist deshalb sehr real."

Die nicht repräsentativen Erhebungen des tlv würden durch die offiziellen Statistiken des Landes Thüringen unterstützt, erklärt Fritze. Vergleiche man die Zahlen von 2014 - dem Jahr, in dem die rot-rot-grüne Regierung an die Macht kam - und von 2023, so zeige sich auf der Schülerseite ein Plus von 14.000, auf der Lehrerseite hingegen ein Minus von fast 500.

Viele Seiteneinsteiger leisten volle Arbeit bei weniger Gehalt

Einer der möglichen Lösungsansätze der Landesregierung besteht darin, vermehrt Seiteneinsteiger in den Schuldienst zu holen. Mit der Frage, wie es ihnen im Job geht, hat sich der tlv in diesem Jahr ebenfalls beschäftigt: Neben den Schulleitungen hat der Verband auch die Seiteneinsteiger zu ihrer Situation befragt.

"Viele Seiteneinsteiger leisten volle Arbeit, verdienen aber deutlich weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen", fasst tlv-Sprecher Tim Reukauf die Ergebnisse der ebenfalls nicht repräsentativen Befragung zusammen. "Das Ergebnis ist, dass jeder zweite schon mindestens einmal ernsthaft darüber nachgedacht hat, wieder zu kündigen." An erste Stelle der dafür genannten Gründe stehe die teilweise deutlich schlechtere Bezahlung der Seiteneinsteiger, so Reukauf. "Die Realität ist: Jeder Dritte hat schon mehr als vier Fächer unterrichtet. 60 Prozent sind auch Klassenleiter. Und dennoch ist die Hälfte unserer Seiteneinsteiger in der E11 oder noch niedriger eingruppiert, während die regulären Lehrerinnen und Lehrer mittlerweile alle die A13 bzw. E13 bekommen."

Dass dies für Unmut sorge, sei nachvollziehbar, findet Reukauf. "Hinzu kommen gravierende Lücken bei der Vor- und Nachqualifizierung. Vielen Kolleginnen und Kollegen fehlt zudem die Perspektive. Es gibt noch immer keine klare Linie, was wann wie zu tun ist, um konkrete berufliche Ziele wie die Verbeamtung oder Höhergruppierung zu erreichen."

Forderung an die Landesregierung: "Arbeiten Sie Ihre eigene Agenda ab!"

Die Situation der Seiteneinsteiger im Schuldienst zu verbessern ist Teil eines Antrags mit dem Titel "Attraktivität des Lehrerberufs erhöhen und Eigenverantwortung der Schulen stärken", den die CDU-Fraktion 2020 im Landtag gestellt hat. Nach drei Jahren liegt nun eine Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses vor, der sich im Wesentlichen an dem Antrag orientiert. Allerdings hat diese Empfehlung bereits zweimal auf der Tagesordnung der Landtags-Plenarsitzung gestanden, ohne behandelt worden zu sein.

"Wir fordern seit Jahren dieselben Dinge", resümiert Frank Fritze. "Die Umsetzung des Koalitionsversprechens bezüglich der multiprofessionellen Teams, Verbesserungen in Sachen Digitalisierung und vor allem wirksame Maßnahmen gegen den fortschreitenden Personalmangel. Leider tut sich wenig bis gar nichts. Der tlv fordert deshalb in diesem Jahr zum Schuljahresauftakt nur eines: Arbeiten Sie Ihre eigene Agenda zeitnah ab und behandeln Sie die Themen, die Sie sich selbst aufgetragen haben!"

Quelle und Kontaktadresse:
(tlv) thüringer lehrerverband Pressestelle Tschaikowskistr. 22, 99096 Erfurt Telefon: (0361) 302526-30, Fax: (0361) 302526-5932

(jg)

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