Verband & Tagung - VERBÄNDEREPORT 2 / 2020

Mehr Handarbeit, weniger Opulenz

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Lebensmittel sind wertvoll. Doch bei einer Veranstaltung mit 100 Personen werden bis zu 40 Kilogramm Speisen eines Büfetts nicht verzehrt, sondern vernichtet. Damit landen auch circa 800 Euro im Speiserestbehälter. Ein Gespräch mit André Karpinski, Gründer und Inhaber des Catering-Unternehmens Kaiserschote aus Köln. Er bewirtet über 800 Veranstaltungen pro Jahr im Raum Köln, Bonn, Düsseldorf und darüber hinaus


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Verbändereport: Oft sind die Augen und der Teller größer als der Magen. Der Rest landet dann im Müll. Was kann man dagegen tun?

André Karpinski: Zunächst einmal gilt: Es gibt nichts Schlimmeres für den Gastgeber, aber auch für uns als Caterer, wenn nicht alle Gäste satt werden! Es ist also besser, Reste zu vermeiden, als später über ihre Verwendung nachzudenken. Food Waste wird daher bei uns schon ab dem Moment der ersten Anfrage vermieden, durch zielgerichtete Fragen. Es gibt bei uns keine Standard-Mengenkalkulation pro Gast, sondern eine individuelle Kalkulation für den konkreten Anlass. Um die perfekte Foodmenge pro Gast zu berechnen, erfragen wir zunächst immer den gewünschten Sättigungsgrad, also welche Aufmerksamkeit auf dem Essen liegen soll. Ist es eher ein Imbiss oder sollen die Leute zu 100 Prozent satt das Event verlassen?  Auch die Gästestruktur ist relevant, vor allem das Verhältnis zwischen Männern und Frauen und die Branche. Uns interessiert auch, was die Gäste vor bzw. nach der Veranstaltung machen. Gab es gerade erst Frühstück im Hotel? Geht’s später noch zum Get-together in eine andere Location?

Und sonst können an der Station auch kleine Teller dafür sorgen, dass der Gast zweimal zum Büfett geht …

VR: Wie können die Auftraggeber konkret dabei helfen, Food Waste zu minimieren?

Auftraggeber, die sich die Zeit nehmen, gemeinsam mit uns ihren Bedarf genau zu definieren, haben schon Food Waste vermieden. Wichtig ist auch ein gutes Einladungsmanagement zur Minimierung der No Show Rate. Den Gästen sollte bereits im Vorfeld der Veranstaltung die Möglichkeit gegeben werden, ihre kulinarischen Vorlieben anzukreuzen. Das hilft uns innerhalb der Mengenkalkulation bei der Gewichtung von vegetarischen Gerichten sowie Fleisch und Fisch.     

VR: Bio, regional, saisonal – inwiefern spüren Sie den Trend zu mehr Nachhaltigkeit auch in Ihren Anfragen?

Fast in keiner größeren Ausschreibung fehlt mittlerweile der Hinweis darauf, dass im Angebot Regionalität und die Verwendung von saisonalen Produkten zu berücksichtigen sind. Somit ist die ausgewiesene Nachhaltigkeit unserer Kollektionen ganz klar ein Wettbewerbsvorteil. Und ich möchte direkt darauf hinweisen, dass Veranstalter grundsätzlich nicht mehr Budget aufwenden müssen, wenn sie ein nachhaltiges Catering wollen.

VR: Wie gehen Sie das Thema bei Kaiserschote konkret an?

Unsere Antwort auf die Herausforderung, auch mit kleineren Budgets nachhaltiges Catering zu realisieren, nennen wir „PUR“. Hier kommen nur Lebensmittel auf den Teller, deren Herkunft wir kennen und von denen wir aus Begeisterung und persönlicher Überzeugung einiges zu berichten wissen. Das Motto dahinter lautet: „Erst wenn man nichts mehr weglassen kann, ist es perfekt!“ Die Reduzierung auf das Wesentliche steht hier klar im Mittelpunkt: Klasse statt Masse, mehr Handarbeit, weniger Opulenz.

Grundsätzlich sind hier alle angebotenen Variationen vegetarisch. Auf Wunsch und optional kann der Gast jedoch das vegetarische Gericht jeweils durch eine Fleisch- und eine Fischkomponente ergänzen. Auch beim Dessert gibt es für jeden Gast das Passende. Einmal schokoladig, einmal crèmig, einmal fruchtig.

Alle werden glücklich satt, ohne die Qual der Wahl. Individualisierung bedeutet hier die Vervielfältigung der Möglichkeiten.
Nach unseren Erfahrungen sorgt „PUR“ dafür, dass 20 Prozent weniger Lebensmittel umsonst zubereitet, aufgebaut und nach der Veranstaltung entsorgt werden. Das durch den präziseren Einsatz der Lebensmittel gewonnene Budget investieren wir in die Köche, die das Essen präsentieren. Dadurch gibt es keine beratungslose Selbstbedienung am Büfett und „mehr Mensch zum gleichen Preis“.

VR: Wirklich ärgerlich für den Veranstalter und den Caterer sind angemeldete Gäste, die nicht erscheinen, sogenannte „No shows“. Dürfen Caterer das übrige Essen abgeben, z. B. an Tafeln?

Dieses Thema begleitet uns nun schon seit fast 30 Jahren und die Antwort ist traurig, aber deutlich: Wir haben uns wirklich umfassend auf die Suche nach Abnehmern für unsere einwandfreie Feinkost gemacht, die nach einer Veranstaltung übrig bleibt. Es ist den Organisationen jedoch nur gestattet, originalverpackte Ware anzunehmen. Zu Beginn der Kaiserschote sind meine Frau und ich noch selbst an die Plätze gefahren, von denen wir wussten, dass dort Bedarf ist, und haben dort Essen verteilt. Heute ist das leider nicht mehr möglich. Aber umso mehr Spaß macht es uns, wenn wir zum Beispiel zusammen mit Henning Krautmacher und den Höhnern im Obdachlosen-Restaurant LoRe für die
Gäste kochen.

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