Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Rechtsprechung führt Zwangsverwaltung ad absurdum - Gesetzgeber gefordert

(Berlin/Frankfurt am Main) - Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des Deutschen Anwaltvereins (DAV) stellt einen massiven Rückgang an Zwangsverwaltungsverfahren von Immobilien fest. Die Ursache ist aber nicht eine scheinbar günstige wirtschaftliche Entwicklung, sondern die besondere Belastung der durch die Grundpfandrechte eigentlich gesicherten Gläubiger durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Wer aber Grundpfandrechte entwertet, macht im Ergebnis durch Immobilien besicherte Kredite teurer. Dies trifft nicht nur den privaten Häuslebauer, sondern auch Unternehmer, die für ihre Kredite häufig auch Sicherheiten an Immobilien bestellen müssen. Dies wird auch Gegenstand einer Tagung der DAV-Arbeitsgemeinschaft in Frankfurt am Main sein.

"Wenn die Zwangsverwaltung von Immobilien im Interesse der Gläubiger funktionsfähig bleiben und die Immobilie und den Mieter schützen soll, darf sie nicht mit Zahlungspflichten überfrachtet werden", erläutert Rechtsanwalt Horst Piepenburg, Vorsitzender der DAV-Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung. Der Verwalter habe die Aufgabe, aus den Einnahmen zuerst die Immobilien bewohnbar zu erhalten. Dazu gehöre, die laufenden Beiträge für Strom/Gas/Wasser/Müllabfuhr etc. zu zahlen und notwendige Reparaturen durchzuführen. Aus der Rechtsprechung des BGH ergebe sich, dass in Fällen, in denen die Mietkaution durch Barzahlung oder durch Überweisung erfolgt ist, die Mietkaution in die Insolvenzmasse fällt. Der Zwangsverwalter habe dann die Aufgabe, diese erneut anzusparen, entweder durch die Mieteinnahmen oder aber durch Vorschusszahlungen der Gläubiger. "Konsequenz ist bereits ein starker Rückgang an Zwangsverwaltungsverfahren", so Piepenburg weiter.

Banken, Bausparkassen und andere Grundpfandrechtsgläubiger sehen immer häufiger davon ab, Zwangsverwaltungen zu beantragen. "Dies ist zum Schaden aller, denn eine Zwangsverwaltung nützt der Immobilie und den Mietern", erläutert Rechtsanwalt Peter Depré, Sprecher der Arbeitsgruppe Zwangsverwaltung der DAV-Arbeitsgemeinschaft. Ein erneutes Ansparen der Kaution durch den Zwangsverwalter sei eigentlich unnötig, denn die Mieter seien auch so bestens geschützt: Ein neuer Eigentümer stehe für alle, durch die Mieter geleisteten Kautionen ein, auch wenn er sie selbst nie erhalten habe. Nachdem der BGH schon bei der Mietkaution die Gläubiger erneut zur Kasse bittet, hat er auch - ausdrücklich gegen den Gesetzeswortlaut - entschieden, dass die Wohnungseigentümer trotz des neuen Vorrechts in der Zwangsversteigerung auch in der Zwangsverwaltung vorrangig zu bezahlen sind - notfalls aus Gläubigervorschüssen. Der Gesetzgeber hatte geplant, dass zum Ausgleich, dass die Wohnungseigentümer ein neues Vorrecht in der Zwangsversteigerung bekommen, diese nur dann bedient werden, wenn genügend Einnahmen erzielt werden. "Der Gesetzgeber ist hier erneut gefordert, inhaltlich klar Stellung zu nehmen und durch eindeutige Regelungen die Gerichte zu binden sowie Gesetzesauslegungen überflüssig zu machen", führt Depré weiter aus.

Wer die Grundpfandrechte entwertet, macht im Ergebnis durch Immobilien gesicherte Kredite teurer. Das betrifft alle. Besonders bitter wird es, wenn aufgrund der BGH-Rechtsprechung die Banken bei einem bestehenden Kreditvertrag eine Nachbesicherung fordern, weil sie die bisher als Sicherheit belastete Immobilie niedriger bewerten. Häufig fehlt dann die Möglichkeit, weitere Sicherheiten zu geben. "Eine Entwertung der Grundpfandrechte trifft also keineswegs nur die Banken, sondern letzten Endes auch Verbraucher und Unternehmer", führt der Zwangsverwalter Rechtsanwalt Leif Holger Wedekind aus. Eine Überfrachtung der Zwangsverwaltung mit Zahlungspflichten sei also nicht nur ein Thema für einen kleinen Kreis von Spezialisten, sondern für alle.

Pressevertreter haben die Möglichkeit, an der Tagung der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des DAV am 5. Februar 2010 in Frankfurt am Main kostenfrei teilzunehmen. Das Programm finden Sie hier (http://www.arge-insolvenzrecht.de/sonderveranstaltungfrankfurt2010.pdf).

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Swen Walentowski, Pressesprecher Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Telefax: (030) 726152190

(el)

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