BDE und bvse präsentieren Rechtsgutachten gegen Änderungspläne der Länder am Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
(Köln/Bonn) - Gemeinsame Erklärung von bvse und BDE: Das deutsche Abfallrecht kann nicht zu Gunsten von Überlassungspflichten an Kommunen zurückgeschraubt werden, ohne erhebliche europarechtliche Bedenken auszulösen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten von Prof. Peter J. Tettinger, Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre der Universität Köln, das er im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE, Köln) und des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse, Bonn) erstellt hat. Tettingers Expertise widerspricht damit deutlich einem Papier, das eine Berliner Anwaltskanzlei im Auftrag von drei Bundesländern gefertigt hatte und am vergangenen Donnerstag veröffentlicht wurde.
Nachdem die Ziele des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes erfolgreich umgesetzt wurden und seit Mitte der 90er Jahre deutliche Recyclingerfolge zu erkennen sind, wollen die Länder nun mit Hilfe einer Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes den Anteil am Abfallaufkommen, der den Kommunen überlassen werden muss, wieder erhöhen. Grund ist, dass viele der kommunalen Deponien und Müllverbrennungsanlagen nicht ausgelastet sind. Abfälle, die sich verwerten lassen, sind jedoch innerhalb der EU frei handelbar und somit der kommunalen Andienungspflicht entzogen.
Die Absicht der Länder, gemischt anfallende Abfälle, die auch Verwertbares enthalten, wieder in die kommunalen Beseitigungsanlagen zu lenken, widerspricht jedoch nach Auffassung von bvse und BDE dem EU-Recht. In dieser Auffassung werden die Verbände von Prof. Tettinger bestätigt. Der Kölner Rechtsordinarius dokumentiert eindrucksvoll, dass die Vorschläge zur Ausdehnung der Überlassungspflicht in der Sache eine Veränderung der europarechtlichen Zuordnung von Abfallgemischen darstellen und somit an gemeinschaftsrechtliche Barrieren stoßen. Den Bundesländern, so die beiden Entsorgungsverbände, gehe es in erster Linie um die Durchsetzung der fiskalischen Interessen ihrer Kommunen; dabei blieben jedoch Ressourcenschonung und damit die Kreislaufwirtschaft auf der Strecke. Das verstoße eindeutig gegen das geltende Kreislaufwirtschaftsgesetz, welches vorrangig Vermeidung und Verwertung fordere und Beseitigung als letzten Schritt definiere.
Nach Auffassung der beiden Branchenverbände seien die Pläne der Landesumweltminister ein schwerer Rückschlag für bereits aufgebaute Verwertungsverfahren der Industrie und des Gewerbes in Deutschland. Auch die Verbraucher würden irritiert durch diesen Schritt, zurück in das Ex- und hopp-Zeitalter vergangener Jahrzehnte.
Dem Vorwurf der Bundesländer, es würden nur geringe Anteile aus den Abfallgemischen verwertet und der Löwenanteil wandere in Billigdeponien mit Substandard, halten die Verbände entgegen, dass solche Anlagen gerade von Kommunen aufrechterhalten und betrieben würden. Schon lange werde von der privaten Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft ein Programm zur Deponieschließung gefordert, um solchen Missbrauch zu unterbinden.
Auch der Heranziehung des sogenannten Kopenhagen-Urteils (Rechtssache C209/98), mit dem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit in einem speziellen Einzelfall zugelassen hatte, tritt Prof. Dr. Tettinger entgegen: Da es sich hier nicht um eine Grundsatzentscheidung des EuGH handele, lasse sich aus dem Urteil zu Gunsten einer Ausdehnung der Überlassungspflicht auf gemischte Gewerbeabfälle zur Verwertung in Deutschland keine positive Folgerung ableiten.
BDE und bvse warnen nachdrücklich davor, dass sich Deutschland bei Realisierung der Änderungsvorschläge abermals des Vorwurfs der EU-Kommission aussetze, einen unzulässigen abfallrechtlichen Sonderweg zu gehen. Deshalb helfe dieser Alleingang der Landesumweltministern weder den Kommunen noch der privaten Entsorgungswirtschaft sowie Industrie, Handel und Gewerbe.
BDE und bvse appellieren an die Umweltministerkonferenz der Länder, das Änderungsvorhaben fallen zu lassen. Eine Lösung der widerstreitenden Interessen von Kommunen und privater Entsorgungswirtschaft müsse vielmehr auf der Grundlage des geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes gefunden werden.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE)
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