Pressemitteilung | Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)

BGL Pressemeldung: Großflächige Sperrung von Bundesstraßen in Hessen rechtlich auf dünnem Eis / BGL: Populismus ist kein Ersatz für Verkehrspolitik

(Frankfurt am Main) – Mit der heute (18. Oktober 2006) in Hessen erfolgten Sperrung weiterer Bundesstraßen für schwere Nutzfahrzeuge sind jetzt rund 13 Prozent des hessischen Bundesstraßennetzes für den Schwerlasttransitverkehr gesperrt. Rechtlich und auch sachlich stehen diese Entscheidungen des Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministers auf dünnem Eis. Bundesfernstraßen sind gesetzlich dem Fernverkehr gewidmet, ihren Gemeingebrauch einzuschränken ist an enge rechtliche Bewertungsmaßstäbe geknüpft. Bereits bei der im letzten Jahr verfügten Sperrung von Bundesstraßen in Hessen und einem daran angeschlossenen Eilverfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof sind höchste Zweifel an der Begründetheit der Straßensperrungen aufgetreten. In der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, der die Sperrung der Bundesstraßen zunächst auf „Versuchsbasis“ zuließ, sind große Zweifel geäußert worden, ob das Fahrverbot geeignet und erforderlich ist, „um eine von der Wohnbevölkerung wahrnehmbare Verringerung des Verkehrslärms zu erreichen“. Mit dem juristischen Trick, die Sperrung von Bundesstraßen in Nordhessen jetzt mit Mautausweichverkehren zu begründen, wird das Gericht wohl im Hauptverfahren nichts mehr zu entscheiden haben und dem Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsminister bleibt ggf. ein Rückzieher erspart.

In jedem Fall steht die Begründung des Fahrverbots für schwere Nutzfahrzeuge auf nordhessischen Bundesstraßen auf einer rechtlich schwankenden Grundlage. So wurden beispielsweise Bundesstraßen gesperrt, die gar keine Mautausweichverkehre in nennenswertem Umfang aufweisen können. Zwar ist der Schwerverkehr auf diesen Strecken am Gesamtverkehrsaufkommen in erheblichem Umfang beteiligt. Diese Beteiligung beruht jedoch auf der natürlichen Routenwahl und war schon vor der Mauteinführung festzustellen. Einige Bundesstraßen wurden nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mit hohem dreistelligem Millionenaufwand ausgebaut. Das Argument, Mautausweichverkehre seien für die Verkehrsbelastung bestimmter Strecken verantwortlich, ist schon aus den einschlägigen Planfeststellungsbeschlüssen nicht haltbar. Auch messbare Fakten stützen diese These nicht.

Nach Meinung des BGL werden die vom Verkehr beeinträchtigten Anwohner der Bundesstraßen diese „Mogelpackung“ schon bald selbst enthüllen. Schließlich bleibt der regionale Wirtschaftsverkehr, der überwiegend für die Verkehrsbelastung der Bundesstraßen ausschlaggebend ist, von jeglichen Fahrverboten naturgemäß verschont. Wie sollten sonst auch die Bevölkerung und die Wirtschaft versorgt werden? Wenn aber der Anteil langströmiger Verkehre nur nachgeordnet ist, dann kann der vom Minister versprochene Entlastungseffekt nur marginal oder kaum messbar sein. Hier schließt sich der Argumentationskreis, den der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit den in seiner Eilentscheidung bekundeten Zweifeln an der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Straßensperrungen dargelegt hatte.

Was vor diesem Hintergrund bleibt, ist weitgehend verkehrspolitischer Populismus, der der betroffenen Bevölkerung nichts hilft oder helfen kann, sowie das Erwecken landesweiter Forderungen nach weiteren Beschränkungen. Der Hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister, Dr. Rhiel, hat mit seinen Fahrverboten die „Büchse der Pandora“ geöffnet.

Der BGL wird die in Hessen erlassenen Fahrverbote auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen und ggf. alle rechtlichen Mittel ausschöpfen. Dies gilt insbesondere für die Fragestellung, ob mit dem Verordnungsrecht so weitreichende Straßensperrungen begründet werden können, wie dies in Nordhessen geschehen ist. Schließlich gilt es auch, die Erkenntnisse der Bund-/Länderkommission zur Feststellung von Mautausweichverkehren zu würdigen. Demnach sind vom 42.000 Kilometer langen Bundesstraßennetz nur 800 Kilometer von Mautausweichverkehren signifikant betroffen. Wenn nunmehr in Hessen 400 Kilometer gesperrt werden, dann zeigt dies, wie sehr der Hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister über das Ziel hinausschießt. Auch das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe ist für den Schutz der Wohnbevölkerung, wenn dafür zielführende Maßnahmen ergriffen werden. Hessen hat allerdings das erträgliche Maß einer ausgewogenen Interessenabwägung überschritten.

Wie sich im Übrigen das großflächige Sperren von Bundesstraßen mit den Werbeaktivitäten Hessens in Fernost als Logistikstandort, vornehmlich für Nordhessen, verträgt, das ist ein Geheimnis der Landesregierung. Logistik setzt den Fluss von Waren voraus. Wer Straßen sperrt, disqualifiziert sich als Logistikstandort, der vielen Menschen in Nordhessen Beschäftigung bringen könnte. Welcher fernöstliche Investor soll beispielsweise sein europäisches Zentrallager in einer Region ansiedeln, die nicht mehr rund um die Uhr und uneingeschränkt erreichbar ist. Auch Herr Dr. Rhiel wird sich entscheiden müssen, ob er Bundesstraßen sperrt oder für mehr Beschäftigung in Nordhessen sorgt.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL) Pressestelle Breitenbachstr. 1, 60487 Frankfurt am Main Telefon: (069) 79190, Telefax: (069) 7919227

(sk)

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