Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

BLLV klagt an: Bürokratie zählt mehr als Pädagogik / BLLV-Präsident: „Kritik bayerischer Grundschullehrer/innen an Kategorisierung reißt nicht ab“ / Proteste häufen sich - Reform muss zurückgenommen werden

(München) - Auch zweieinhalb Jahre nach der überstürzten Einführung der aufwändigen Beurteilung des Schülerverhaltens reißt die Kritik nicht ab: „Pädagogen empfinden es als fachliche Zumutung, das Verhalten von Grundschulkindern in Buchstaben A bis D klassifizieren zu müssen“, erklärte der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Albin Dannhäuser, bei einer Kreisverbandssitzung des BLLV im schwäbischen Illertissen. „Aus der Sicht des BLLV ist die Sortierung von Kindern pädagogisch diskriminierend, empirisch nicht haltbar und rechtlich fragwürdig.“ In der BLLV-Rechtsabteilung häufen sich Beschwerden und Proteste gegen das fragwürdige und zeitraubende Verfahren. „Viele Lehrerinnen und Lehrer können es nicht mit ihrem pädagogischen Gewissen vereinbaren, Kinder in ihrer frühen Entwicklungsphase sozial zu etikettieren.“ Erneut forderte Dannhäuser die Staatsregierung auf, die Kategorisierung in ihrer jetzigen Form zurückzunehmen. „Diese Art der Beurteilung ist alles andere als ein pädagogischer Erfolg, sondern eine bürokratische Zwangsmaßnahme, die von der Mehrheit der bayerischen Lehrerschaft gegen ihre pädagogische Überzeugung vollzogen wird. Es kann doch nicht sein, dass Bürokratie mehr zählt als Pädagogik.“

Nach wie vor finden Grundschullehrerinnen und -lehrer in großen Klassen kaum Zeit für die sorgfältige Beobachtung und differenzierte Bewertung ihrer Schüler. „Den mit großem Arbeitsaufwand erstellten Diagnosen folgen auch zweieinhalb Jahre nach Einführung der Reform keine pädagogischen Konsequenzen. Für Kinder, die individuelle Förderung und Hilfen bräuchten, fehlt das Personal.“ Eine differenzierte Beurteilung von Schülerleistungen würde Sinn machen, sie ist auch dringend angezeigt - solange aber keine ausreichenden Fördermaßnahmen folgen, ist sie sinnlos. „Bayerns Lehrerinnen und Lehrer arbeiten für den Papierkorb. Viele von ihnen verbringen die Wochen vor den Zwischenzeugnissen nur noch hinter dem Schreibtisch, um Beobachtungsprotokolle auszuwerten und akribisch Bögen auszufüllen, die weder Sinn noch Zweck haben“, kritisierte Danhäuser.

Die entscheidende Frage, wie einem Kind geholfen werden kann, dessen Lehrer/in mit hohem diagnostischen Aufwand Förderbedarf ermittelt hat, ist immer noch offen. Aufgrund unverändert schlechter Rahmenbedingungen gibt es kaum Möglichkeiten, die bei Schülern festgestellten Lern- und Leistungsdefizite zu beheben. „Damit bleibt die Reform der Schülerbeurteilung pädagogisch weitgehend wirkungslos.“

Der BLLV-Präsident stellte fest: „Die Klassifizierung von Kindern in Buchstaben A bis D dient nicht der Förderung. Vielmehr ist sie ein weiteres Instrument der Sortierung. Leider wird dies mehr und mehr zur Kernaufgabe der Grundschule.“ Hinzu kommt, dass Lehrer/innen vor der bei Klassengrößen mit 25 und mehr Kindern schier unlösbaren Aufgabe stehen, ständig das Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten ihrer Schüler „beobachten“ und justitiabel protokollieren zu müssen. Dannhäuser forderte die Staatsregierung erneut dazu auf, die Einwände der Lehrerschaft ernst zu nehmen und die Kategorisierung in ihrer jetzigen Form zurückzunehmen. Darüber hinaus forderte der BLLV-Präsident

- einen Stufenplan zur Senkung der Klassenhöchststärke auf 25 Schüler
- eine ausreichende Anzahl von pädagogischem Fachpersonal, um nach
Bedarf Kleingruppen zu bilden
- mehr Schulpsychologen und Mobile Sonderpädagogische Dienste

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Andrea Schwarz, Pressereferentin Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155

(sk)

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