BPI verabschiedet "Frankfurter Erklärung"
(Frankfurt ) Zum Verzicht auf die "Positivliste" erstattungsfähiger Arzneimittel hat der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) am 5. Dezember die Bundesregierung aufgefordert. In einer von der BPI-Hauptversammlung verabschiedeten "Frankfurter Erklärung" heißt es wörtlich: "Sorgen Sie dafür, dass die Arbeiten an der so genannten "Positivliste" eingestellt werden." Sie bedrohe die individuelle Therapie, verursache soziale Härten und beeinflusse massiv den Wettbewerb der Arzneimittel-Hersteller. Da es ausreichende Entscheidungskriterien nicht gebe, werde die persönliche Auffassung von den von der Bundesgesundheitsministerin herangezogenen Fachleuten dafür maßgeblich, welche Medikamente für 72 Millionen Bundesbürger künftig noch von Krankenkassen bezahlt werden. Unerträglich sei, dass diese Beratungen über die Köpfe der Menschen hinweg hinter verschlossenen Türen stattfinden.
Die außerordentliche Hauptversammlung des BPI war Höhepunkt einer Aktionswoche, in der der Verband durch Anzeigen und Veranstaltungen auf die Folgen dieses Eingriffs in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufmerksam machte. Der BPI-Vorsitzende Dr. Bernd Wegener begründete in Frankfurt diese Aktivitäten mit dem Hinweis: "Es ist fünf Minuten vor zwölf, um eine der einschneidensten Reglementierungen im Gesundheitswesen zu verhindern, die es je gegeben hat. Die "Positivliste" wäre der Einstieg in den Ausstieg der kassenfinanzierten Arzneimittelversorgung." Neben den Patienten treffe sie vor allem standortgebundene Pharma-Unternehmen hart.
Der BPI forderte als vertrauensbildende Maßnahme, die Sitzungen der "Positivlisten"-Kommission öffentlich zu veranstalten. Nur dann werde nachvollziehbar, welche Überlegungen hinter den Entscheidungen steckten. Da die Kommission ihre Entscheidung nicht begründen müsse, sei der Willkür Tür und Tor geöffnet. Das Verfahren widerspreche der EU-Transparenzrichtlinie. Der BPI sei daher bereits bei der EU-Kommission vorstellig geworden. Erste Signale deuteten auf einen möglichen Erfolg dieser Initiative.
Der BPI-Vorsitzende wandte sich entschieden gegen die Behauptung, die "Positivliste" erhöhe die Qualität der Arzneimittelversorgung. Die Qualität habe das Bundesinstitut für Arzneimittel mit der Zulassung der Medikamente zu garantieren. Die individuelle Versorgungsqualität jedes einzelnen Patienten müsse leiden, wenn eine große Zahl angemessener Medikamente aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen gestrichen werde. Nur die Vielfalt der Medikamente erlaube eine zielgenau, individuelle, angemessene und wirtschaftliche Behandlung. Die ausgeschlossenen Arzneimittel müssten die Patienten zu 100 % und ohne soziale Absicherung aus der eigenen Tasche bezahlen.
Die Positivliste würde auch kaum Geld sparen, im Gegenteil: Die beschränkte Zahl der auf der "Positivliste" aufgeführten Medikamente würde im Durchschnitt teurer sein, als die heute erstattungsfähigen Medikamente.
Die "Positivliste" erleichtere dem Arzt auch keinesfalls die Einhaltung der Arzneimittelbudgets. Ein Arzt könne auch mit Positivlisten-Präparaten falsch und zuviel verordnen.
Sorgen machen den Arzneimittelherstellern auch die Folgen für den Wettbewerb der Arzneimittelhersteller. Präparate, die in die Liste aufgenommen würden, hätten einen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil gegenüber nicht berücksichtigten Präparaten. Durch die de facto Zweitzulassung für die Krankenversicherung erhöhe sich das Risiko der Arzneimittelforschung. Der Ausschluss ganzer Wirkstoffgruppen aus der Erstattungsfähigkeit bremse zudem die Forschung an bekannten Arzneimittelwirkstoffen aus, die vielfach völlig neue Anwendungsgebiete erschlossen haben.
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