Pressemitteilung | Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) - Hauptgeschäftsstelle

Bund will für Behinderte kostenloses Fahren mit Bussen und Bahnen auf Heimatkreis beschränken

(Köln) - Das Bundesgesundheitsministerium will für schwerbehinderte Menschen die Möglichkeit, Busse und Bahnen kostenlos zu nutzen, radikal einschränken. In einem Gesetzentwurf der Ministerin Ulla Schmidt „zur Stärkung der Wirtschaftlichkeit in der Sozialversicherung“ ist vorgesehen, dass Behinderte künftig nur noch im Verkehrsverbund ihres Heimat- und ggf. Beschäftigungsortes Busse und Bahnen kostenlos benutzen dürfen. Wenn der Wohnsitz nicht in einem Verkehrsverbund liegt, trete an dessen Stelle der Landkreis einschließlich angrenzender kreisfreier Städte oder die kreisfreie Stadt einschließlich eines angrenzenden Landkreises. Wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) feststellt, soll auch die bisherige Möglichkeit, im Umkreis von 50 Kilometer um den Wohnsitz mit der Eisenbahn zu fahren, gestrichen werden. VDV-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Adolf Müller-Hellmann betonte, dass beide Maßnahmen alle Behinderten, besonders aber diejenigen, die an der Grenze eines Kreises oder Verkehrsverbundes wohnen und arbeiten würden und natürliche Sozialkontakte über diese Grenze hinaus hätten, erheblich benachteiligen.

Bisher können, so Müller-Hellmann, Schwerbehinderte, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, bundesweit alle Busse, Straßen-, Stadt- und U-Bahnen im Nahverkehr und darüber hinaus Eisenbahnen im Umkreis von 50 km und in allen Verkehrsverbünden kostenlos

nutzen. Voraussetzung sei der Erwerb einer Wertmarke für 60 Euro jährlich; bestimmte Personengruppen, insbesondere blinde Menschen, Arbeitslosenhilfe- oder Sozialhilfebezieher und Kriegsbeschädigte, seien von der Eigenleistung befreit. Bei Schwerbehinderten, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen seien, gelte die unentgeltliche Beförderung auch für die Begleitperson.

Der Plan des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung „schneidet tiefgreifend in die Teilhabemöglichkeiten behinderter Menschen ein“, habe der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Karl Hermann Haack, festgestellt. Behindertenverbände würden die Planungen als „Diskriminierung behinderter Menschen, die die Bundesregierung per zivilrechtlichem Antidiskriminierungsgesetz eigentlich zu untersagen beabsichtigt“ bezeichnen.

Neben dieser Änderung der individuellen Beförderungsansprüche schwerbehinderter Menschen sollen, betonte der VDV-Hauptgeschäftsführer, nach dem Gesetzentwurf auch die Ansprüche der Verkehrsunternehmen auf Erstattung der entstandenen Fahrgeldausfälle für die unentgeltliche Beförderung deutlich reduziert werden. Beides sei nach den Worten des Ministeriums angeblich notwendig, um die Einsparvorgaben aus dem so genannten Koch-Steinbrück-Papier zu erfüllen, zu denen sich die Bundesregierung entsprechend einer im Vermittlungsausschuss am 19. Dezember 2003 von Bundestag und Bundesrat getroffenen Entscheidung bereit erklärt habe. Das Ministerium habe „die volle Wirkung“ der im Gesetzentwurf geplanten Maßnahmen für das Jahr 2007 mit einer Kürzung der bisherigen Erstattungszahlungen um 34 Prozent angegeben, obwohl im Koch-Steinbrück-Papier von einer Kürzung um insgesamt 12 Prozent die Rede gewesen sei. Dies bedeute nach Schätzung des Ministeriums für den Bund Einsparungen in Höhe von circa 51,6 Millionen Euro und für die Länder in Höhe von rund 108,2 Millionen Euro jährlich.

Nachdem bereits die Zahlungen zum Ausgleich für die politisch gewollten günstigeren Fahrpreise für Schüler, Auszubildende und Studenten um rund 120 Millionen Euro jährlich gekürzt worden seien, stelle diese neuerliche Kürzung, betonte Müller-Hellmann, einen weiteren nicht kompensierbaren massiven Einschnitt in die finanzielle Basis der Verkehrsbedienung dar. Egal, ob die Verkehrsunternehmen diese fehlenden Gelder durch höhere Fahrpreise oder durch eine Reduzierung des Verkehrsangebotes auszugleichen versuchen würden: Sie würden Fahrgäste in Scharen verlieren. Damit werde die erfolgreiche Aufwärtsentwicklung der letzten Jahre mit deutlich gestiegenen Fahrgastzahlen konterkariert.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Kamekestr. 37-39, 50672 Köln Telefon: 0221/57979-0, Telefax: 0221/514272

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