Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Chaos bei der Zeugniserstellung für Grundschulkinder / BLLV-Präsident Albin Dannhäuser: Massive Programmfehler des Kultusministeriums gefährden termingerechte Ausgabe der neuen Hybridzeugnisse an Grundschulen

(München) – „Die amtliche Computersoftware des Kultusministeriums zur Erstellung der Grundschulzeugnisse ist untauglich. Das Programm strotzt derart vor Fehlern, dass trotz zusätzlicher Nacht- und Wochenendarbeit der Lehrerinnen, Lehrer und Schulleiter die fristgerechte Erstellung der Zeugnisse an vielen Schulen gefährdet ist“, kritisierte der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) Albin Dannhäuser. Die Lehrer mussten viele Stunden Strategien entwickeln, das unausgereifte Programm buchstäblich zu überlisten.

Hinzu kommt, dass die Lehrer die Sortierung ihrer Schüler in soziale Handelsklassen A- B – C- D aus pädagogischen Gründen ablehnen und dass für Kinder mit massiven Verhaltensproblemen nahezu keine zusätzlichen Hilfen angeboten werden können. Dannhäuser forderte von der Staatsregierung, die im Dezember letzten Jahres eine Revision abgelehnt hatte, deren Sinn und Zweck erneut zu überdenken: „Mit der Ausstellung der Hybrid-Zertifikate, die eine Mischung aus pädagogischer Fragwürdigkeit, unverhältnismäßigem Arbeitsaufwand und kultusministeriellem Computerchaos sind, muss schnell Schluss gemacht werden!“

Die vom Kultusministerium herausgegebene Zeugnissoftware führt an den bayerischen Grundschulen erneut zu massivem Ärger. Selbst Lehrer mit umfassenden EDV-Erfahrungen scheiterten bei der Anwendung der neuen Zeugnis-Software. Die Hoffnung auf ein effektives Programm zur Zeugniserstellung schlug bei den Lehrern schnell in Wut und Zorn um. Dannhäuser bezeichnete es als Verschleuderung von Arbeitskraft und als Zumutung, dass allein die technische Erstellung eines einzigen Zeugnisses einen Zeitaufwand von 1,5 bis 2 Zeitstunden erfordert. „Das sind bei durchschnittlich 22 Schülern pro Klasse zwischen 33 und 44 Zeitstunden, also vier bis fünf Arbeitstage!“ Hinzu kommen ungezählte Stunden der Schülerbeobachtung, der Protokollierung dieser Beobachtungen und der kollegialen Beratung.

Den Experten im Kultusministerium sei es offensichtlich entgangen, dass Bayerns Schulen nicht über eine einheitliche EDV-Ausstattung verfügen. Demzufolge ist die Software des Kultusministeriums mit vielen Schulhausprogrammen nicht kompatibel. Deshalb führt die Software des Kultusministeriums zu massenweisen PC-Abstürzen in Schulleiterbüros und häuslichen Arbeitszimmern. Lehrer und Schulleiter waren in den letzten Wochen nachts und an Wochenenden damit beschäftigt, die Zeugnisse trotz der fehlerhaften Software fristgerecht zu erstellen. Als sie schließlich die sehr zeitaufwändige Arbeit weitgehend abgeschlossen hatten, verschickte das Kultusministerium am 1. Februar ein neues Update mit der Aufforderung nur noch diese Version zu benutzen. Jetzt müssen die Zeugnisse entsprechend angepasst werden. Grotesk mutet an, dass es bis heute im Kultusministerium offensichtlich nicht gelungen ist, eine Software mit der neuen Rechtschreibung und Silbentrennung anzubieten. Die Textbausteine für die Zeugnisse sind auch in anderen Schularten noch in der alten Rechtschreibung.

Viele Lehrerinnen und Lehrer kauften und bezahlten in ihrer Not aus eigener Tasche Software von Privatanbietern. Diese Software ist nach Recherchen des BLLV zwar auch nicht fehlerfrei, führt aber zumindest nicht zu PC-Abstürzen und Formatierungsproblemen.
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BLLV-Präsident Albin Dannhäuser kommentierte diesen Vorgang mit scharfen Worten: „Es ist viel von Bürokratieabbau und Eigenverantwortung die Rede. Tatsache ist aber, dass Bürokratie und Verwaltungsaufgaben an Bayerns Schulen explodieren. Das Chaos des Zeugnisprogramms ist die Spitze des Eisbergs. An allen Schulen – von der Grundschule bis ins Gymnasium - fehlen funktionsfähige, ausgereifte Softwareprogramme, moderne EDV-Ausstattungen und Schulungen für Schulleiter und Lehrer. Neben den umfangreichen Arbeiten für die Zeugnisse sollen gleichzeitig diffizile Statistiken, ausgefeilte Stellungnahmen, detaillierte Berichte und Erhebungen durchgeführt werden. Eine Reihe dieser zentral im Kultusministerium entwickelten Programme seien ebenfalls häufig nicht ausgereift. „Dieser Zustand ist aus der Sicht der Lehrerschaft und der Schulverwaltung vor Ort unerträglich“, stellte Dannhäuser fest.

Dannhäuser forderte ein Umdenken in der Schulpolitik. Lehrer müssten mehr Zeit für den Unterricht und die Erziehung haben, anstatt sich tagelang mit Verwaltungsaufgaben und fehlerhaften Softwareprogrammen herumzuschlagen. Die Schulleiter müssten endlich mehr Zeit für pädagogisches Management, kollegiale Führung und Kooperation mit außerschulischen Institutionen finden, anstatt auf Grund der Verpflichtung, selbst sehr viel selbst zu unterrichten ihre Schule und die Lehrer phasenweise im Stich lassen zu müssen. Dies gehe aber nur, wenn man sich von zentralistischen Strukturen verabschiede und regionale Lösungen suche.

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Dr. Dieter Reithmeier, Geschäftsführer Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 7210010, Telefax: (089) 7250324

(sk)

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