Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

DAV lehnt Vorratsdatenspeicherung nach wie vor ab / Schutz von Berufsgeheimnisträgern unzureichend

(Hamburg) - Anlässlich des 66. Deutschen Anwaltstages in Hamburg betont der DAV erneut seine entschiedene Ablehnung des Gesetzentwurfs zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherpflicht für Verkehrsdaten, kurz: die Vorratsdatenspeicherung. Das Gesetz soll nach der Sommerpause verabschiedet werden: Eine erste Lesung ist für Freitag vorgesehen. Die anlasslose Speicherung der Verbindungsdaten von sämtlichen Bürgerinnen und Bürgern in der Bundesrepublik Deutschland ist nicht notwendig. Die Verfasser des Entwurfs können außerdem die Erforderlichkeit und die Angemessenheit der Maßnahme nicht begründen. Es bestehen Zweifel, ob die sicherheitspolitischen Ziele überhaupt erreicht werden. Auch der Schutz von Berufsgeheimnisträgern ist unzureichend. Ebenso können Journalistinnen und Journalisten nach diesem Entwurf Gefahr laufen, sich bei Ausübung ihres Berufs wegen Datenhehlerei strafbar zu machen.

"Am sichersten sind die Daten, die gar nicht erhoben werden", betont Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident, in Hamburg. Das anlasslose Speichern der Verbindungsdaten von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern müsse verhindert werden. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seiner Entscheidung vom 2. März 2010 klargestellt, dass die vorsorgliche anlasslose Speicherung die Ausnahme bleiben müsse. Zur Begründung führte das Gericht an, dass die Vorratsdatenspeicherung einen besonders schweren Eingriff in die Rechte der Betroffenen mit sich bringt. Auch der Europäische Gerichtshof habe am 8. April 2014 klargestellt, dass die Einschränkung des Schutzes von personenbezogenen Daten sich auf das absolut Notwendige beschränken müsse.

Laut Medienberichten habe auch der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages Zweifel, ob das vorliegende Gesetz dem gerecht wird.

Dass die Vorratsdatenspeicherung nicht das Allheilmittel für die Erreichung des sicherheitspolitischen Ziels darstellt, wird schon dadurch deutlich, dass auch die Anschläge in Paris nicht verhindert werden konnten, obwohl es dort eine umfassende Vorratsdatenspeicherung gibt. So hat auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages festgestellt, dass die Vorratsdatenspeicherung auf die Aufklärungsquote in den EU-Mitgliedsstaaten "praktisch" keine Auswirkungen habe. Auch die kriminologische Abteilung des Max-Planck-Institutes für ausländisches und internationales Strafrecht hat im Juli 2011 festgestellt, dass die Vorratsdatenspeicherung der Telekommunikation nur in einer sehr kleinen Zahl von Verfahren notwendig ist. "Daher stellt sich die Frage: Warum dann der Angriff auf die Privatsphäre von Bürgerinnen und Bürgern?", so Ewer weiter.

"Anlasslos wird die anlasslose Speicherung der Verkehrsdaten beschlossen", so Ewer. Es sei fraglich, warum die Bundesregierung hier national vorpresche und nicht im europäischen Rahmen eine Abstimmung vornehme. Der Gesetzgeber verkenne, dass gerade die Skandale der Datenüberwachung in der jüngeren Zeit die Akzeptanz weiterer Überwachungsmaßnahmen bei der Bevölkerung auf null habe schwinden lassen. Daher müsse die Überwachung die absolute Ausnahme sein.

Der unzureichende Schutz der Berufsgeheimnisträger sei auch vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestage festgestellt worden.

Unzureichender Schutz von Berufsgeheimnisträgern

Der DAV bemängelt auch, dass die Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte und Ärzte nur unzureichend geschützt werden. Ein effektiver Schutz eines engen Kreises von auf besondere Vertraulichkeit angewiesenen Berufsgeheimnisträgern müsse bereits bei der Datenerhebung beginnen. Dies ist auch bei anderen Überwachungsmaßnahmen der Fall. "Zwar sollen laut den Plänen die Daten nicht ohne weiteres "abgerufen werden dürfen". Richtig ist es aber, sie erst gar nicht zu erheben", so Ewer weiter.

Datenhehlerei - strafbar, aber nicht für alle

Der Gesetzentwurf legalisiert auch den Ankauf der sogenannten Steuer-DVDs durch die Finanzbehörden mit illegal erhobenen Daten. Dies ist ein fragwürdiges Ziel.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Swen Walentowski, Pressesprecher Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190

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