Pressemitteilung | Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA)

Erfolgreiche Transformation braucht wettbewerbsfähigen Standort Europa

(Frankfurt am Main) - Drei von vier Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau (77 Prozent) sind der Auffassung, dass sich die Standortattraktivität in Deutschland in den vergangenen Jahren verschlechtert hat. Eine ähnlich unerfreuliche Entwicklung (75 Prozent) schreiben die Mitglieder des VDMA nur noch dem Vereinigten Königreich zu. Aber auch ein zuvor in der Standortwahl weit oben angesiedeltes Land kommt nicht ungeschoren davon: Mehr als jeder zweite Unternehmer (55 Prozent) meldet zurück, dass sich die Standortattraktivität in China verschlechtert hat. Dies geht aus aktuellen Zahlen der jüngsten Blitzumfrage des VDMA hervor, an der 667 Mitgliedsunternehmen vom 20. bis 23. Juni 2023 teilnahmen.

Der zunehmend kritische Blick auf Deutschland und andere europäische Standorte steht im auffälligen Gegensatz zur Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. Die Firmen im Maschinen- und Anlagenbau sehen in der Transformation - besonders bei der Digitalisierung und Automatisierung - überwiegend mehr Chancen als Risiken. "Der Maschinenbau sieht sich gut aufgestellt, mittels Innovation und Flexibilität zentrale Herausforderungen wie den Klimawandel zu bewältigen. Doch zusätzlich zur technologischen Wettbewerbsfähigkeit bedarf es guter Rahmenbedingungen, damit unsere Unternehmen auch in Zukunft Maschinen und Anlagen am Standort Deutschland und in Europa entwickeln und herstellen - und nicht in anderen Teilen der Welt. Politische Versäumnisse können wir, wenn überhaupt, nur begrenzt ausgleichen. Kontraproduktive, den Standort schädigende Entscheidungen werfen uns weiter zurück", sagt VDMA-Präsident Karl Haeusgen.

Niederlande, Schweiz und Österreich positiv bewertet

Nur 20 Prozent der Unternehmen bewerten die aktuellen Standortbedingungen in Deutschland als gut oder sehr gut, rund 40 Prozent attestieren ein lediglich befriedigendes Zeugnis. Dass es selbst in Europa besser gehen kann, zeigen die Niederlande, die Schweiz und Österreich, die eine deutlich bessere Beurteilung erhalten. Im außereuropäischen Umfeld ragen die Standorte USA, Indien und die ASEAN-Staaten heraus. "Die amerikanische Regierung hat mit dem Inflation Reduction Act ein Programm auf den Weg gebracht, von dem die Industrie in den nächsten Jahren stark profitieren wird. In Deutschland vermisse ich diese Aufbruchsstimmung. Zu oft wird auf neue Regulierungen gesetzt, statt auf die Innovationskraft des Markts und der mittelständischen Unternehmen zu vertrauen. Selbst beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz traut sich die Bundesregierung nicht, wirklich mutige Weichenstellungen vorzunehmen", sagt Haeusgen.

Dabei ist und bleibt Europa der wichtigste Markt für den Maschinen- und Anlagenbau. In den kommenden fünf Jahren planen rund ein Drittel der Unternehmen (34 Prozent) den Aufbau neuer Produktionskapazitäten in Europa. Ein weiteres knappes Zehntel (9 Prozent) verlagert seine Produktion innerhalb Europas, 8 Prozent der Befragten verfolgen hier beide Ziele, also Neuaufbau und Verlagerung. Das entspricht weitgehen dem Status Quo der letzten drei Jahre. Mehr Investitionen als bisher gehen dagegen nach Übersee. Etwa jedes fünfte Unternehmen plant Produktionsneugründungen oder -erweiterungen in den USA, jedes sechste in Indien. In den Überlegungen spielen insbesondere Marktgröße, Marktwachstum, Nähe zum Kunden sowie Kostenvorteile eine entscheidende Rolle.

Entspannung in Lieferketten setzt sich fort

Zugleich hat sich die Entspannung in den Lieferketten weiter fortgesetzt. Zwar melden noch immer 42 Prozent der Unternehmen merkliche oder gravierende Engpässe in ihrer Versorgungssituation. Die Knappheiten liegen nun jedoch vorrangig bei den Elektronikkomponenten. "Rund zwei Drittel der Unternehmen haben noch Schwierigkeiten, genügend Elektronikteile zu erhalten. Doch nahezu alle Unternehmen sind zuversichtlich, dass die verbesserte Versorgungssituation in den nächsten Monaten anhält oder sich sogar weiter entspannt", erläutert Haeusgen. "In den letzten drei Monaten konnten auf diese Weise 57 Prozent der Unternehmen ihre teils üppigen Auftragsbestände reduzieren.” Dennoch sind in vielen Unternehmen die Orderbücher noch gut gefüllt. In 71 Prozent der Unternehmen liegen die Auftragsbestände mindestens auf dem Niveau des langjährigen Durchschnitts. In einem Viertel der Unternehmen sind die Bestände sogar um mindestens drei Monate erhöht.

Arbeitskräftemangel wird zum zentralen Engpassfaktor

Kehrseite der Medaille: Der ohnehin schon deutlich spürbare Arbeitskräftemangel wird zum dominierenden Engpassfaktor. 98 Prozent der Unternehmen geben an, dass ihnen Personal fehlt. Knapp 40 Prozent erwarten sogar eine weitere Verschärfung der angespannten Lage. "Zwar haben sich die Einstellungsabsichten im laufenden Jahr aufgrund der konjunkturellen Eintrübung etwas abgeschwächt. Doch etwa die Hälfte der Unternehmen möchte die Stammbelegschaft im laufenden Jahr ausbauen, gerade weil man um die demografische Entwicklung weiß. Die Personalsuche wird auf Jahre eine, wenn nicht die zentrale Herausforderung", resümiert Haeusgen.

Doch auch durch die tatsächlichen und absehbaren Belastungen in einem ohnehin schon schwierigen wirtschaftlichen und (geo-)politischen Umfeld lassen sich die Maschinen- und Anlagenbauer ihre Zuversicht nicht nehmen. Knapp 40 Prozent der Unternehmer blickt optimistisch auf die zweite Jahreshälfte, 61 Prozent erwarten für das Gesamtjahr 2023 ein nominales Umsatzwachstum, jeder Zweite (52 Prozent) plant eine Ausweitung der nominalen Investitionen.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) Holger Paul, Leiter Kommunikation Lyoner Str. 18, 60528 Frankfurt am Main Telefon: (069) 66030, Fax: (069) 66031511

(mw)

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