Pressemitteilung | Genoverband e.V. - Verwaltungssitz Neu-Isenburg

EU-Agrarpolitik: Kürzung der Fördermittel zur Entscheidung vor EuGH

(Neu-Isenburg) - Diskriminierung landwirtschaftlicher Betriebe in Ostdeutschland: Verwaltungsgericht bezweifelt Rechtmäßigkeit der progressiven Kürzung der Betriebsprämien. Musterverfahren geht zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). Auswirkungen auf Diskussion zur GAP-Reform erwartet.

Der EuGH muss sich mit der Rechtmäßigkeit der seit 2009 umgesetzten progressiven Modulation auseinandersetzen, die im Rahmen des "Health Check" der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU beschlossen wurde.

Mehr als 900 Agrargenossenschaften und andere landwirtschaftliche Unternehmen haben sich seit 2009 gegen die gekürzten Fördermittelbescheide mit Widersprüchen und Klagen rechtlich zur Wehr gesetzt. Jetzt hat das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder durch Beschluss die Frage der progressiven Modulation dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Erstmals hat ein deutsches Verwaltungsgericht die berechtigten Zweifel an der Rechtmäßigkeit solcher Regelungen bestätigt.

"Die Vorlage der Klage einer unserer Agrargenossenschaften beim EuGH ist ein wichtiger Teilerfolg beim rechtlichen Vorgehen gegen die ungerechtfertigte Diskriminierung größerer landwirtschaftlicher Betriebe in Ostdeutschland. Das wird weiteichende Auswirkungen auf die aktuellen Reformvorschläge der EU-Kommission zur Kappung der Beihilfen haben müssen", betonte René Rothe, Vorstandsmitglied des Genossenschaftsverbandes e.V., heute in Hannover im Rahmen des Jahresgesprächs des Genossenschaftsverbandes mit Vertretern landwirtschaftlicher und genossenschaftlicher Verbände und Organisationen.

Trotz erheblichen Widerstandes des Deutschen Raiffeisenverbandes, des Deutschen Bauernverbandes, der Genossenschaftsverbände und der ostdeutschen Bauernverbände konnte 2009 eine Diskriminierung von Agrargenossenschaften und anderen größeren landwirtschaftlichen Betrieben politisch nicht vollständig verhindert werden. "Die Kritik richtet sich vor allem gegen eine einseitige Benachteiligung von Agrargenossenschaften als Mehrfamilien-betriebe. Gerade in strukturschwachen ländlichen Regionen sind Agrargenossenschaften oftmals die wichtigsten Arbeit- und Auftraggeber", so Rothe.

Der EuGH wird nun in den nächsten Wochen die Organe der Europäischen Union sowie die Regierungen sämtlicher Mitgliedstaaten zur Stellungnahme auffordern. Das rechtliche Vorgehen gegen die Diskriminierung von Agrargenossenschaften und anderen Mehrfamilienbetrieben als Kooperationsformen der bäuerlichen Landwirtschaft hat damit die Ebene der EU erreicht.

"Für den Genossenschaftsverband e.V. ist das Gerichtsverfahren in Luxemburg ein Musterverfahren, das auch vor dem Hintergrund der anstehenden Entscheidungen im Rahmen der GAP-Reform eine rechtliche Klarstellung bringen wird, die eine politische Diskriminierung von Agrargenossenschaften und anderen größeren Betrieben ein für alle Mal ausschließt", so Rothe.

Die Befassung des EuGH mit der Rechtmäßigkeit der progressiven Modulation hat unmittelbare Auswirkungen auf die Diskussion der aktuellen Vorschläge der Europäischen Kommission zur Ausgestaltung der GAP nach 2013:

Mit den Vorschlägen zur Kappung der Direktzahlungen bleibt die Kommission in der Logik der Argumentation des Health-Check und der progressiven Modulation. Damit ist auch die Frage der rechtlichen Zulässigkeit der im aktuellen Kommissionsvorschlag zur GAP-Reform vorgesehenen Kappung der Direktzahlungen aufgeworfen.

Die EU-Organe werden sich nun auch aus diesem Blickwinkel kritisch mit den Kappungsvorschlägen auseinandersetzen müssen. Die daraus resultierende Diskriminierung von Agrargenossenschaften und anderen größeren Betrieben, wie sie für die Landwirtschaft in Ostdeutschland typisch sind, steht jetzt auf dem rechtlichen Prüfstand des EuGH.

Quelle und Kontaktadresse:
Genossenschaftsverband e.V., Verwaltungssitz Neu-Isenburg Pressestelle Wilhelm-Haas-Platz 2, 63263 Neu-Isenburg Telefon: (069) 6978-0, Telefax: (069) 6978-111

(cl)

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