Gesetzentwurf zur elektronischen Form: innovationshemmend und verbraucherfeindlich
(Bonn) - In einer am 22. August veröffentlichten Erklärung fordern die Bundesnotarkammer und die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) die Bundesregierung auf, den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts an den elektronischen Geschäftsverkehr in wesentlichen Punkten nachzubessern. In der jetzigen Form sei der Entwurf innovationshemmend und verbraucherfeindlich.
In einem gemeinsamen Positionspapier begrüßen Verbraucherschützer und Notare prinzipiell die vom Justizministerium vorgeschlagene Einführung einer elektronischen Form. Durch eine entsprechende Vorschrift sollen der Papierurkunde in einer Vielzahl von Fällen ein papierloses, elektronisches Dokument gleichgestellt werden, sofern es mit einer besonderen "qualifizierten" elektronischen Signatur versehen ist. Die genauen technischen Anforderungen an die Signatur werden in dem Signaturgesetz geregelt.
Als entbehrlich und schädlich wird jedoch die Einführung einer so genannten "Textform" neben der elektronischen Form gewertet. Denn anders als bei der elektronischen Form soll für die Textform schon der Versand einer völlig ungesicherten E-Mail ausreichen. E-Mails, so die Kritik, sind aber von jedermann spurenfrei manipulierbar, so dass ihnen keinerlei Sicherheitswert zukomme. Außerdem fehle elektronischen Mitteilungen die Signalfunktion, die ein herkömmliches Schreiben hat. So sei beispielsweise, anders als bei einem Brief, nicht davon auszugehen, dass eine E-Mail, mit der ein Vermieter eine Mieterhöhung durchsetzen will, rechtzeitig vom Mieter wahrgenommen und in ihrer Bedeutung erkannt werde. Reagiere der Mieter aber nicht fristgerecht, könne er sich gegen die Mieterhöhung nicht mehr wirksam wehren.
Kritik üben die AgV und die Bundesnotarkammer außerdem daran, dass der Gesetzentwurf elektronischen Signaturen unabhängig von ihrer technischen Zuverlässigkeit einen im Prozess kaum mehr umstoßbahren hohen Beweiswert zuweisen will. Technische bzw. organisatorische Defizite, die den faktischen Beweiswert solcher Signaturen einschränken, dürften nicht durch rechtliche Fiktionen übergangen werden. Dies gelte insbesondere dort, wo Signaturverfahren und Zertifizierungsstellen keiner behördlichen Vorabkontrolle unterliegen. Mangels praktischer Erfahrungen mit elektronischen Signaturen gebe es für eine gesetzliche Beweisvermutungsregel keine belastbare Grundlage. Es sollte daher bei dem zivilprozessualen Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung bleiben.
Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AGV)
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