Pressemitteilung | Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV OT)

Hilfsmittelversorgung: Verluste nicht ausgeglichen - 4. Betriebsbefragung des BIV-OT zu den Corona-Auswirkungen 2020

(Dortmund) - Für Sanitätshäuser und orthopädie-technische Betriebe ist die "neue Normalität" der Corona-Pandemie weiterhin von Umsatz- und Auftragsverlusten geprägt. Dies ergab die vierte und bislang letzte Betriebsbefragung des Bundesinnungsverbands für Orthopädie-Technik (BIV-OT) zu den "Corona-Auswirkungen 2020", an der vom 6. bis 18. Juli 211 Mitgliedsfirmen des BIV-OT teilnahmen. Insgesamt hat sich Lieferfähigkeit in der Hilfsmittelversorgung weitgehend stabilisiert. Nach wie vor bestehen jedoch Lücken bei zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln (PG 54) sowie ebenso bei Inhalations- und Atemtherapiegeräten (PG 14). Seit April hatte der BIV-OT monatlich untersucht, in welchen Bereichen seine Mitgliedsfirmen ihre Arbeitsfähigkeit und damit die Versorgung mit Hilfsmitteln in Zeiten von COVID-19 gefährdet sehen. Die Befragungsresultate haben die politische Diskussion über ein krisensichereres Gesundheitswesen wesentlich beeinflusst.

"Vor allem zu Beginn der Corona-Krise haben wir drastische Einschnitte in der Arbeitsfähigkeit unserer Betriebe sowie der Lieferfähigkeit etlicher Produktgruppen feststellen müssen. Die flächendeckende, qualitätsgesicherte Versorgung mit Hilfsmitteln geriet ernsthaft ins Wanken", unterstreicht BIV-OT-Präsident Alf Reuter. "Leider war nicht allen Verantwortlichen im Gesundheitssystem klar, wie wesentlich - ja systemrelevant - die Arbeit unserer Branche für ein funktionierendes Gesundheitssystem ist. So herrschte in unseren Betrieben ein gravierender Mangel an persönlicher Schutzausrüstung (PSA), der bis heute nicht komplett behoben ist. Das gefährdet unsere Patientinnen und Patienten, die oft zur COVID-19-Risikogruppe gehören." Von der zentralen Verteilung von PSA zum Beispiel über Bundesministerien seien Sanitätshäuser bislang ausgenommen, kritisiert Reuter. Auch ein Ausgleich für die teils deutlich überhöhten Beschaffungskosten finde nicht statt.

Weiterhin Umsatz- und Auftragsverluste
Zum vierten Mal in Folge gab die Mehrzahl der zu den "Corona-Auswirkungen 2020" vom BIV-OT befragten Betriebe an, dass sowohl Umsatz- als auch Auftragslage gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres eingebrochen sei: Bei 62,9 Prozent habe demnach der Umsatz im Juni 2020 im Vergleich zum Juni 2019 abgenommen bzw. stark abgenommen. Für die Auftragslage sagten dies 59,2 Prozent. "Auch wenn die Rückgänge nicht mehr ganz so drastisch ausfielen - die angehäuften Verluste werden die Unternehmen nicht ausgleichen können", so Reuter.

Getrübte Aussichten
Der Einfluss der Corona-Pandemie trübt den Blick in die Zukunft bei den Sanitätshäusern und orthopädie-technischen Betrieben, wie die Erhebung widerspiegelt. Zwar erwarteten mit 25,5 Prozent etwas mehr als ein Viertel der befragten Häuser für August 2020 einen zunehmenden oder stark zunehmenden Umsatz. Allerdings sahen demgegenüber 39,6 Prozent eine Abnahme oder starke Abnahme voraus. Ein ähnliches Bild bei der Auftragslage: Hier rechneten 24,7 Prozent mit einer Zunahme/starken Zunahme, jedoch 36,4 Prozent mit Abnahme/starker Abnahme. Die Patientinnen und Patienten seien noch immer verunsichert, erläutert Reuter: "Durch die Angst vor dem Virus SARS-CoV-2 und einer 2. Infektionswelle besteht weiterhin die Tendenz, wichtige Arztbesuche aufzuschieben und planbare Eingriffe hinauszuzögern. Das ist beunruhigend, denn es birgt die Gefahr von Folgeschäden."

Weniger Engpässe
Gute Werte attestierten die befragten Unternehmen der Arbeitsfähigkeit ihrer Unternehmensbereiche: So schätzten sich im Versorgungssegment Sanitätshaus 88 Prozent als "eher bzw. voll arbeitsfähig" ein. In der Orthopädie-Technik lag dieser Anteil bei 86,2 Prozent, in der Orthopädie-Schuhtechnik bei 82,1 Prozent, Reha: 84,1, Home Care: 81,3 und Medizintechnik: 87,6 Prozent. Gegenüber den vorhergehenden Befragungen hatte sich die Lieferfähigkeit weiterhin stabilisiert. Trotzdem bestehen vor allem bei zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln (PG 54), aber ebenso bei Inhalations- und Atemtherapiegeräten (PG 14) Lücken fort. Die Engpässe bei PSA betreffen beispielsweise Einweghandschuhe: 42,18 Prozent der teilnehmenden Betriebe benannten hier einen Mangel, der "aktuell oder innerhalb der nächsten Woche" zu Einschränkungen ihrer Lieferfähigkeit führt. Gefolgt von fehlendem Desinfektionsmittel (26,07 Prozent) und FFP2/3-Mundschutz (18,48 Prozent).

Politischen Prozess beschleunigen
Erfreulich sei, dass die Ergebnisse der Befragung in den politischen Prozess der letzten Monate eingeflossen seien, stellt Reuter fest. Allerdings sei dies noch nicht in ausreichendem Maße geschehen. "Durch das Engagement unserer Betriebe, die ihre Systemrelevanz täglich unter Beweis stellen, der Landesinnungen, der gesamten Branche und nicht zuletzt durch politische Initiativen wurde zwar eine Menge erreicht - unter anderem in der öffentlichen Wahrnehmung und durch zumindest einige empfohlene Verwaltungsvereinfachungen seitens des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)", konstatiert der BIV-OT-Präsident. So habe MdB Dr. Roy Kühne, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und zuständiger Berichterstatter für Hilfsmittel der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bereits im April ein 5-Punkte-Programm "Herausforderungen der Hilfsmittelbranche in Zeiten der Corona-Krise" vorgelegt, um die flächendeckende Hilfsmittelversorgung während der Pandemie und für die Zukunft zu gewährleisten. "Der BIV-OT unterstützt diesen 5-Punkte-Plan ausdrücklich. Allerdings warten darin genannte Maßnahmen wie die Einrichtung eines Schutzschirms für Hilfsmittelerbringer oder die explizite Benennung der Hilfsmittelleistungserbringer und Hersteller als systemrelevante Versorger nach wie vor auf Umsetzung durch die Bundesregierung."

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV) Kirsten Abel, Leiterin Verbandskommunikation Reinoldistr. 7-9, 44135 Dortmund Telefon: (0231) 5570500, Fax: (0231) 55705040

(ds)

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