Pressemitteilung | Bundesverband Musikindustrie e.V. (BVMI)

Jahreswirtschaftsbericht 2000 / Piraterie kostet Musikfirmen 140 Millionen / "COPY KILLS MUSIC": Schulhofpiraterie und private Vervielfätigung kostet Musikfirmen 140 Millionen / Branche fordert Kopierschutzrichtlinie

(Hamburg) - Der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V. veröffentlichte seinen Jahreswirtschaftsbericht 2000 und nahm Stellung zum Thema Musik und neue Medien:

Jahreswirtschaftsbericht 2000
In den Klassik-Charts waren 1999 Künstler besonders erfolgreich, die dem Crossover-Bereich zugeordnet werden. Elemente von Klassik, Pop, Jazz und Weltmusik verschmelzen hier zu neuartigen Ausdrucksformen. Zum Teil ist es aber auch die Art der Darbietung, die sich von traditionellen Aufführungen in Konzert- und Opernspielhäusern absetzt. André Rieu, Helmut Lotti sowie Jan Garbarek und sein Hilliard Ensemble führen die Klassik-Charts des Jahres 1999 an.

André Rieu wurde für seine Leistungen außerdem mit einem ECHO 2000 geehrt: Dem Sonderpreis der Deutschen Phono-Akademie. Die kreative Vielfalt und beständige Vitalität des Marktes für klassische Tonträger dokumentiert sich jedoch auch in eher traditionell geprägten Produktionen. Mit dem ECHO-Klassik 1999 wurden Edita Gruberova (Sängerin des Jahres), José Cura (Sänger des Jahres) und Lorin Maazel (Dirigent des Jahres) ausgezeichnet. Nur beispielhaft aus einer großen Zahl weiterer Künstler seien die ECHO-Klassik Nachwuchskünstler des Jahres 1999 genannt: Andreas Scholl (Gesang), Hilary Hahn (Instrument) und Daniel Harding (Dirigat). Die Repertoirevielfalt im deutschen Tonträgermarkt dokumentiert sich in den Statistiken über Neuveröffentlichungen und das Gesamtangebot.

TONTRÄGERKÄUFER
50,4 % der deutschen Bevölkerung haben 1999 Tonträger gekauft. Dies sind 0,9 Prozentpunkte weniger als im letzten Jahr. Mehr als 9 Tonträger im Jahr haben 6 % (- 0,2 %) gekauft, 4 bis 9 Tonträger kauften 13,4 % (1998: 13,5 %) und 1 bis 3 Tonträger 30,2 % (1998: 31,6 %) der Bevölkerung. Auf die sogenannten Intensivkäufer (mehr als 9 Tonträger im Jahr) entfallen damit 46,1 % des Tonträgerumsatzes (1998: 44,5 %), auf Durchschnittskäufer 31,6 % (1998: 32,0 %) und auf Extensivkäufer 22,2 % (1998: 23,4 %). Die Tonträgerindustrie hat dabei die schwierige Herausforderung anzunehmen, dass gerade die Kernzielgruppen der Musikindustrie auch von der benachbarten Entertainmentindustrie mit Computer-Hardware, Game-Konsolen und dazugehöriger Software sowie Spielen heftig umworben werden.

HANDELSMARKT
Der Handelsmarkt ist das Fundament des Tonträgermarktes. Mit 249,7 Mio. Singles, LPs, MCs und CDs wurden über ihn 1999 - 2,6 % Tonträger weniger abgesetzt als im letzten Jahr (1998: 256,3 Mio.). Die einzelnen Tonträgerkategorien entwickelten sich dabei unterschiedlich. Singles konnten von 52,5 Mio. auf 53,2 Mio. verkaufte Tonträger um plus 1,3 % zulegen. CD-Longplay erreichten mit 176,2 Mio. Stück (- 1,7 %) nicht ganz das Vorjahresniveau (179,2 Mio. Stück). Die MusiCassette folgt dem rückläufigen Trend der Vorjahre. Konnten 1998 noch 23,9 Mio. bespielte MusiCassetten verkauft werden, waren es 1999 nur noch 19,6 Mio. Stück (- 18,0 %). In einer Marktnische behauptet sich weiter tapfer die Vinyl-LP (0,6 Mio. Stück, +/- 0 %).

CDs sind nicht nur im Gesamtmarkt, sondern auch im Handelsmarkt der eindeutig dominierende Tonträger. Allerdings ist auch sie es, die vom zunehmenden Einsatz von CD-Brennern zum privaten Klonen betroffen ist. Dies hat sich insbesondere auf den Absatz von Full-Price- und Mid-Price-CDs niedergeschlagen. Full-Price-CDs verloren - 3,3 % (von 75,2 Mio. auf 72,7 Mio. Stück) und Mid-Price-CDs - 15,8 % (von 29,8 auf 25,1 Mio. Stück). Zulegen konnten hingegen Low-Price-CDs mit plus 5,2 % auf 34,6 Mio. Stück (1998: 32,9 Mio. Stück). Erfreulich auch die Steigerung im Segment der Funk- und TV-beworbenen Compilations von 41,3 Mio. Stück auf 43,8 Mio. Stück (plus 6,1 %).

Insgesamt waren Klassik-Produkte von der leicht rückläufigen Tendenz im Handelsmarkt (- 2,6 %) überproportional betroffen. Sie verloren mit 16,3 Mio. Tonträgern nach 19,1 Mio. 1998 - 14,7 %. Pop-Produkte konnten sich mit 233,4 Mio. Stück (1998: 237,2 Mio. Stück) und - 1,6 % deutlich besser halten.

Der Handelsmarkt war auch 1999 durch einen harten Preis- und Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet. Der Verkauf von Tonträgern unter Einstandspreis als Lockvogelangebot bereitet der Tonträgerindustrie weiterhin Kopfzerbrechen. Ermöglicht wird diese Praxis durch eine Mischkalkulation bei Warenhäusern und Elektromärkten, die Tonträger-Facheinzelhändlern aufgrund ihrer Sortimentsstruktur verschlossen bleibt. Der traditionelle Facheinzelhandel versucht sich im Markt durch Kundenservice, Beratungsqualität und eine große Sortimentstiefe zu behaupten, was angesichts des harten Preiswettbewerbs allerdings immer schwieriger wird und im traditionellen Handel zu Geschäftsaufgaben führt. Dementsprechend konnten die Großbetriebsformen, zu denen Megastores, Warenhauskonzerne und Elektromärkte zählen, ihren Umsatzanteil am Gesamtmarkt von 38,2 % auf 40,9 % ausbauen. Der Umsatzanteil von Filialunternehmen, dem Facheinzelhandel und von Verbrauchermärkten war dagegen mit einem Umsatzanteil von 37,4 % nach 39,2 % im vergangenen Jahr rückläufig.

PREMIUMS UND CLUBS
Mit neuen Konzepten widmet die Tonträgerindustrie zunehmend Vertriebswegen Aufmerksamkeit, die traditionell keine Musik im Angebot haben oder hatten. Sogenannte Premiums – Produkte, die speziell für neue Vertriebswege außerhalb des traditionellen Fachhandels hergestellt werden – konnten 1999 10,7 Mio. mal verkauft werden. Premiums haben damit gegenüber 1998 (6,1 Mio. Stück) deutlich zugelegt. Der Clubmarkt setzt demgegenüber seine rückläufige Tendenz auch 1999 fort. Mit 12,2 Mio. Tonträgern und - 12,9 % (1998: 14,0 Mio.) liegt der Clubmarkt nur noch wenig über dem Absatz der Premiums, wenngleich er diese wertmäßig noch deutlich übertrifft. Der Clubmarkt leidet jedoch zunehmend an der Konkurrenz zu Mailorder-Unternehmen und Online-Retailern. Diesen Betriebsformen gelingt es offenbar immer besser den Bestellkäufer an sich zu binden. Der insgesamt erzielte Umsatzanteil über Direct-Mail-Geschäfte (inklusive Clubs) war indes mit 15,9 % (1998: 17,3 %) am Gesamtumsatzvolumen rückläufig.

MUSIKVIDEOS
Musikvideos haben sich bereits lange als eigene Kunstform etabliert. Ihre in erster Linie auf die Musik-TV-Sender zugeschnittenen Ausdrucksmittel erfreuen sich bei einer über die Jahre wachsenden Klientel auch als Kaufvideo zunehmender Beliebtheit. Der Markt wird ergänzt um Mittschnitte von Live-Konzerten. Das Marktvolumen für Musikvideos ist dabei in der Regel abhängig von den zur Verfügung stehenden TOP-Veröffentlichungen. Bemerkenswert ist, dass Musikvideos im vergangenen Jahr zunehmend auf DVDs veröffentlicht wurden. Die Musikindustrie nutzt das mit diesem neuen Bild-/Tonträger erschließbare Gestaltungspotential ideenreich und kreativ. Mit großer Aufmerksamkeit wird daher auch die für das Jahr 2000 geplante Einführung der DVD-Audio erwartet.

NEUE TECHNOLOGIEN: CHANCEN UND RISIKEN
Innovative Vertriebswege und moderne Instrumente für Marketing und Promotion kennzeichnen den strukturellen Wandel, an dem die Musikindustrie aktiv mitwirkt. Die neuen Medien werden von Schallplattenfirmen gezielt und erfolgreich als neue Instrumente zur Kundengewinnung und –bindung eingesetzt. Hierzu zählen neben aufwendigen Webauftritten fast aller Schallplattenfirmen auch gemeinschaftliche Projekte. Das Gemeinschaftsunternehmen PhonoNet, dass den Bestellverkehr zwischen Industrie und Handel elektronisch unterstützt, hat eine umfangreiche Produktinformationsdatenbank aufgebaut, die Artikel, Tracks, Cover und Soundbeispiele umfaßt.

Sie wird stationären Tonträgerhändlern für POS-Informationssysteme und Online-Retailern zur Unterstützung ihres Webauftrittes zur Verfügung gestellt. Mit der MID (Music Info Disc), einer CD-ROM, die 1999 in erster und zweiter Auflage erschienen ist, wird diese Produktinformationsdatenbank auch Endverbrauchern zur Verfügung gestellt. Über sie hat der Konsument online Zugriff auf nahezu 1 Mio. Soundfiles. Insgesamt wächst die Bedeutung des Internet für Marketing und Promotion von Musik kontinuierlich und sorgt auch für Kaufimpulse im stationären Tonträgerhandel. Internet-Mailorder ist mit einem Umsatzanteil von 1,3 % ein noch vergleichsweise kleiner Absatzkanal. Seine Bedeutung nimmt jedoch zu.

Die digitale Lieferung von Musik steckt im Vergleich zur Nutzung neuer Marketing- und Promotioninstrumente dagegen noch in den Anfängen. Die heute zur Verfügung stehenden Übertragungstechniken und Bandbreiten, aber auch die PC- und Internet-Ausstattung in vielen Haushalten, vor allem aber fehlende rechtliche Rahmenbedingungen lassen noch kein Geschäft von signifikanter Größenordnung zu. Die Musikindustrie bereitet dieses Geschäftsfeld jedoch sorgfältig und mit großem Nachdruck vor. Die in Deutschland ansässige Musikbranche war 1997 weltweit die erste, die in Kooperation mit der Deutschen Telekom ein "Music-On-Demand"-Angebot geschaffen hat. Seitdem werden von und in Zusammenarbeit mit der Musikindustrie Übertragungs-, Verschlüsselungs- und Abrechnungssysteme weiterentwickelt und neue Vermarktungsformen für Musik erprobt und vorbereitet. Das mit der Telekom entwickelte Konzept ist international zu einem Modell geworden, das die Strukturen für "Music-On-Demand"-Angebote vorgezeichnet hat. Für die volle Nutzung der neuen technologischen Möglichkeiten braucht die Musikindustrie dringend wirksame rechtliche Rahmenbedingungen, die die Ertragsfähigkeit von Musik dauerhaft sichern. Hierzu gehört die Durchsetzung der von der WIPO (World Intellectual Property Organisation) bereits angelegten Basisrechte für "On-Demand"-Angebote in der EU ebenso wie die Kontrolle privater Vervielfältigungen, die heute perfekte Klone des Originals sind und der Schutz gegen illegale Nutzungen im Netz.

TONTRÄGERPIRATERIE
Der technologische Umbruch birgt deshalb auch Schattenseiten. Die Online-Piraterie, also die illegale Verbreitung von urheber- und leistungsschutzrechtlich geschützten Musikaufnahmen im Internet, hat 1999 zu Lizenzausfällen in Höhe von 140 Mio. DM geführt. Allein in Deutschland wurden im vergangenen Jahr auf Veranlassung der Verbände der Tonträgerhersteller 800 Websites mit illegalen Musikangeboten geschlossen. Die Online-Piraterie hat damit bereits 1999 den durch traditionelle Tonträgerpiraterie in Höhe von 95 Mio. DM entstandenen Schaden übertroffen. Schwerer noch als diese bereits alarmierenden Zahlen wiegt jedoch die rasante Dynamik, mit der sich die Online-Piraterie im Zuge der weiteren Entwicklung des Internets auszuweiten droht. Neben rechtlichen Rahmenbedingungen benötigt die Musikindustrie daher auch technische Instrumentarien, die die illegale Nutzung von Musik im Netz unterbinden helfen.

RIGHTS PROTECTION SYSTEM (RPS)
Eines der hierfür geeigneten Instrumente ist das von der Musikindustrie entwickelte Rights Protection System (RPS). RPS ist ein technisches System zum Schutz vor Internet-Missbrauch. Es unterbindet gezielt den Zugriff auf einzelne Internet-Sites (sogen. URLs (Unique Resource Location), also z.B. einzelne MP3-Songs) mit unerlaubt angebotenen Inhalten. Dieses Schutzsystem ließe sich in Deutschland bereits heute umsetzen, da hier die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen im wesentlichen vorliegen (TDG und UrhG) und die Netzinfrastruktur für diesen technischen Ansatz vorhanden ist. Es wird das Modell der elektronischen Grenzbeschlagnahme verfolgt, dabei setzt das RPS konsequenterweise bei den Internet-Service-Providern (ISPs) mit einer Auslandsverbindung an. Die vorgeschlagene Lösung des RPS ist für den ISP sowohl technisch möglich als auch wirtschaftlich zumutbar. Kleineren ISPs entsteht kein Nachteil, da diese in der Regel Auslandsverbindungen über große Anbieter anmieten. Sie müssen also nicht selbst die Technologie bei sich einführen.

Das System wird gegenwärtig getestet. Es ist der Beleg dafür, dass etwas technisch möglich ist, dessen technische Realisierbarkeit jahrelang bestritten wurde: Territorial beschränktes URL-Blocking.

"COPY KILLS MUSIC": SCHULHOFPIRATERIE UND PRIVATE VERVIELFÄLTIGUNG
Für die Musikbranche ebenso bedrohlich wie Tonträgerpiraterie: Die rasante Marktentwicklung von CD-Brennern hat nach einer Studie von GfK 1999 zu 60 Mio. mit Musik bespielten CD-Rohlingen geführt. Angesichts eines Gesamtabsatzes von vorbespielten CDs in Höhe von 198 Mio. Stück ist diese Relation mehr als alarmierend. Die Musikschaffenden haben hierauf im Rahmen ihrer Gemeinschaftsinitiative "Das Ende vom Lied: copy kills music" aufmerksam gemacht. Allein die Schulhofpiraterie, hierunter versteht man die unrechtmäßige Verbreitung illegal hergestellter Tonträger zumeist an Schulen aber teilweise auch an Universitäten, hat der Musikindustrie 1999 Umsatzverluste in Höhe von 220 Mio. DM zugefügt. Darüber hinaus entstanden den Musikschaffenden aber auch erhebliche Lizenzverluste durch die gesetzlich zulässige Vervielfältigung von Tonträgern zum privaten Gebrauch. Verursacht durch die rasant voranschreitende Marktpenetration von CD-Brennern in privaten Haushalten werden die Lizenzverluste für 1999 auf DM 400 Mio. geschätzt.

Die von GfK im ersten Halbjahr 1999 durchgeführte Studie belegt, dass Musik durch die zunehmende Nutzung von CD-Brennern am stärksten betroffen ist. Dabei konnten zu diesem Zeitpunkt erst 2,2 % der deutschen Bevölkerung in ihrem Haushalt auf einen CD-Brenner oder CD-Audio-Recorder zurückgreifen. Schon auf Basis dieser noch vergleichsweise geringen Haushaltsausstattung, besagt die Studie, dass von 1,6 Mio. Personen, die im ersten Halbjahr 1999 CD-Rohlinge selbst bespielt haben oder bespielt haben lassen, 1,3 Mio. Personen Musik aufgenommen haben. Mit deutlichem Abstand folgen Daten und PC-/Playstationspiele, die von jeweils 700.000 Personen aufgenommen wurden. Auch die absoluten Stückzahlen der im ersten Halbjahr 1999 von Privatpersonen bespielten CD-Rohlinge zeigen, dass Musik der begehrteste Content ist. Von 37,6 Mio. CD-Rohlingen wurden 19,5 Mio. Stück, das sind 52 %, mit Musik bespielt. Wieder mit großen Abstand folgen PC-/Playstationspiele mit 9,1 Mio. Stück (24 %) und Daten mit 5,1 Mio. Stück (14 %). Der Siegeszug der CD-Brenner durch die privaten Haushalte dokumentiert sich auch darin, wo die kopierten Musik-CDs erstellt wurden: 71 % zuhause auf dem eigenen Brenner, 14 % in der Firma, 14 % auf dem Brenner eines Bekannten oder Verwandten und 1 % in Uni, Schule oder Copy-Shop.

Alle von GfK ermittelten Ergebnisse beziehen sich, wie gesagt, auf das erste Halbjahr 1999 und müssen entsprechend hochgerechnet werden.
Angesichts sinkender Preise ist mit einer weiter schnell anwachsenden Haushalts-Penetration mit CD-Brennern zu rechnen. Urheberrechtliche Rahmenbedingungen, die die Privatkopie verbieten und den Urhebern dort einen angemessenen Vergütungsanspruch einräumen, wo digitale Kopien nicht verhindert werden können, sind daher dringend erforderlich. Zwischenzeitlich arbeitet die Tonträgerindustrie mit Nachdruck an Kopierschutzsystemen für CDs, die Anfang des Jahres 2000 in Pilotprojekten bereits erprobt wurden.

MUSIK UND MEDIEN
Bei aller Euphorie um die neuen Medien sind Hörfunk und Fernsehen weiterhin wichtige Instanzen, um Musik bekannt zu machen. Es ist dabei zu beobachten, dass Musik im Fernsehen im letzten Jahr wieder eine größere Bedeutung erlangt hat. Musik wird zunehmend als Programmbestandteil von Shows, Unterhaltungssendungen, Filmen und Serien genutzt, aber auch musikspezifische Sendeformate finden ihren Platz in den Programmen der Fernsehanstalten. Fernsehsender und Tonträgerhersteller haben dabei erkannt, dass sie zwar in verschiedenen Märkten arbeiten und unterschiedliche wirtschaftliche Ziele verfolgen, es jedoch Kooperationsmöglichkeiten gibt, die beiden Seiten nützen. Wichtige Plattformen für die Präsentation von Musik im Fernsehen sind natürlich vor allem die Musiksender VIVA, VIVA 2, MTV und VH1. Die Interessenlagen dieser Sender und der Tonträgerindustrie liegen naturgemäß näher beieinander. Dies ändert allerdings nichts daran, dass hinsichtlich Kreativität und Mut bei den ausgestrahlten Formaten auch Wünsche offen bleiben.

Die Situation von Musik im Hörfunk hat sich dagegen unter dem Strich nicht zum Positiven verändert. Die große Mehrzahl der privaten und öffentlich-rechtlichen Radiostationen nutzt die Vielfalt des qualitativ hochwertigen Repertoires auf Tonträgern kaum. Stattdessen werden, durch fragwürdige Marktforschung abgestützt, häufig nur Titel eingesetzt, die in die streng formatierte Musikfarbe eines Senders passen oder die durch Plazierungen in den Charts ihre Akzeptanz beim Verbraucher bereits unter Beweis gestellt haben. Die Bedeutung des Hörfunks als Präsentationsplattform für die Musikindustrie hat daher dramatisch nachgelassen. Musik im Hörfunk wird heute überwiegend als hochwertiger Hauptprogrammbestandteil genutzt, um Werbereichweiten zu maximieren. Die Zeiten, in denen ambitionierte Redakteure Hits gemacht haben, sind längst vorbei. Die den Rechtsinhabern per Gesetz zustehenden Vergütungen sind daher nicht mehr zeitgemäß. Die Tonträgerindustrie hält eine Neubewertung des Senderechts für dringend erforderlich.

Allerdings haben Gespräche zwischen dem Verband der privaten Rundfunkanstalten (VPRT) und dem Bundesverband Phono dazu geführt, gemeinsame Interessen auch gemeinsam weiter zu entwickeln. Es beginnt sich auch hier die gemeinsame Erkenntnis durchzusetzen, dass ein Wirken in unterschiedlichen Märkten sinnvolle Kooperationen keineswegs ausschließt. VPRT und Bundesverband Phono haben daher unter dem Titel "Act 2000" eine Kooperation vereinbart, die jungen Künstlern und neuen Produkten ein zusätzliches Forum im privaten Rundfunk schaffen soll. Da das Projekt erst Anfang des Jahres 2000 begonnen hat, ist eine abschließende Bewertung zum heutigen Zeitpunkt allerdings noch nicht möglich. Das Modell könnte jedoch eine Grundlage für angestrebte Gespräche mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden.

MUSIKINDUSTRIE IM STRUKTURELLEN WANDEL
Die Musikindustrie wird sich den vor ihr stehenden Chancen und Risiken, die sich hinter Schlagworten wie Online-Vertrieb, Internet-Marketing, Internet-Piraterie, MP3 oder Privatkopie verbergen mit großer Eigeninitiative stellen. Sie sieht der weiteren Entwicklung zuversichtlich entgegen. Die Ergänzung des traditionellen Marktes durch neue Offline-, vor allem aber Oinline-Medien und damit einhergehende Vermarktungschancen eröffnen erfreuliche Wachstumspotentiale. Hierfür muß allerdings ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, der die Ertragsfähigkeit von Musik sichert.

Die Verbände der Musikindustrie haben die politischen Entscheidungsträger aller Ebenen aufgerufen, die Ertragsfähigkeit einer zentralen Urheberrechtsindustrie im digitalen Zeitalter zu wahren. Eine richtungsweisende Rede der Bundesjustizministerin, Frau Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin auf der PopKomm 1999 hat hierfür viel Verständnis erkennen lassen. Im Mittelpunkt werden für die Musikindustrie dabei auch in einem neuen medialen Umfeld ihre zentralen Kernkompetenzen stehen: Attraktives Repertoire und eine hohe Vermarktungskompetenz.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V

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