Pressemitteilung | Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V. (DStGB)

Kommunale Spitzenverbände sprechen mit der Umweltministerkonferenz der Bundesländer

(Berlin) - Am 04. November 2005 fand in Rostock ein Gespräch der kommunalen Spitzenverbände mit den Umweltministern/-senatoren der Bundesländer sowie dem Bundesumweltminister (vertreten durch Herrn Staatssekretär Dr. Barke) statt. Teilnehmer der kommunalen Spitzenverbände waren neben dem Vizepräsidenten des Deutschen Landkreistages, Herrn Schröter, die Beigeordneten Lattmann (DST), Dr. Bleicher (DLT) sowie Portz (DStGB). In dem gut zweistündigen Gespräch wurden folgende Themen behandelt:

1. Flächenhaushaltspolitik – Inwertsetzung von Brachflächen
2. Feinstaubproblematik
3. EU-Umgebungslärmrichtlinie
4. Zukunft der Verpackungsentsorgung in Deutschland
5. Erhalt der kommunalen Entsorgungszuständigkeit.

TOP 1: Flächenhaushaltspolitik – Inwertsetzung von Brachflächen
Hinsichtlich dieser Thematik mahnte insbesondere der DStGB eine Versachlichung der Diskussion an. So sei es irreführend, wenn in die Statistik der in Anspruch genommenen Flächen auch Ausgleichs- und Ersatzflächen mit eingerechnet würden. Weiter komme es bei der Flächenstatistik primär darauf an, nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Aspekte einzustellen. So könne ein ökologisch genutzter Garten eines Einfamilienhauses, der in die „Flächeninanspruchnahme“ eingerechnet würde, umweltgerechter sein als ein als Freifläche intensiv genutztes landwirtschaftliches Grundstück.

Insgesamt sprach sich der DStGB gegen Überlegungen nach landesplanerischen Vorgaben (Obergrenzen) für eine Flächeninanspruchnahme gegenüber den Kommunen aus. Hierin sei eine Einschränkung kommunaler Entwicklungsmöglichkeiten zu sehen, die speziell der Vielgestaltigkeit der Problemfälle (Wachstums- und Schrumpfungsregionen) nicht gerecht werde. Stattdessen sollte der kommunalen Ebene ein pragmatisches Vorgehen angezeigt werden, wonach mit Unterstützung der Länder (Bsp.: Bayern und Baden-Württemberg) auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme eine zielgerichtete Flächenhaushaltspolitik und eine Inwertsetzung von Brachflächen betrieben wird.


TOP 2: Feinstaubproblematik
Zur Feinstaubproblematik waren sich die Länder, der Bund sowie die kommunalen Spitzenverbände darin einig, dass schnellstmöglich auf Bundesebene – auch im Rahmen der Koalitionsvereinbarungen – eine steuerliche Regelung zum Einbau von Russfiltern in Dieselfahrzeuge gefunden werden müsse. Auch bestand Einigkeit darin, dass neben den von vielen Städten und Gemeinden bereits gegangenen Wege zur Verminderung des Feinstaubs (Restriktionen für den Kfz-Verkehr, umweltverträgliche Gestaltung des Kfz-Verkehrs, Förderung des Umweltverbundes etc.) das Problem an der Quelle beseitigt werden müsse. Hierzu gehöre insbesondere, dass die Bundesländer ihre rein punktuelle Betrachtung der „Problemzonen“ in den Städten und Gemeinden zur Verminderung des Feinstaubs beenden. Aus kommunaler Sicht ist es wenig hilfreich, lediglich für einzelne stark belastete Straßenabschnitte Luftreinehaltepläne zu erarbeiten.

Im Hinblick auf die vorgesehene Verschärfung der „Feinstaubregelung“ ab dem Jahre 2010 (maximale Feinstaubüberschreitung nur noch an sieben Tagen) wiesen die kommunalen Spitzenverbände darauf hin, dass die Vorgaben aus der EU-Richtlinie immer weniger vor Ort umzusetzen seien und sich daher als praxisfremd erwiesen. Insofern seien auch Bund und Bundesländer aufgefordert, den Sachverstand der kommunalen Spitzenverbände im Rahmen ihrer Beratungen der Richtlinien wesentlich frühzeitiger und verstärkter einzubringen. Nur so könne verhindert werden, dass zunehmend EU Richtlinien erlassen würden, die vor Ort nicht umgesetzt werden können.

TOP 3: EU-Umgebungslärmrichtlinie
Zu dieser Thematik ergab sich eine längere Diskussion zwischen den kommunalen Spitzenverbände und den Umweltministern über die Kostentragung. Die kommunalen Spitzenverbände wiesen darauf hin, dass der Aufstellung von Lärmminderungsplänen und Lärmaktionsplänen durch die zuständigen Behörden immer auch konkrete und kostenintensive Maßnahmen folgen würden. Insofern seien aber die Länder nach dem in allen Bundesländern geregelten Konnexitätsprinzip bei einer entsprechenden Zuständigkeitsverlagerung auf die Gemeinden – die bundesrechtliche Vorgabe in § 47e Abs. 1 BImSchG, wonach auch die Gemeinden als zuständige Behörden zur Lärmminderungsplanung erklärt worden sind, wurde vom DStGB als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen (Der Bund ist nur ausnahmsweise zur Zuständigkeitsübertragung auf die Gemeinden berechtigt) – verpflichtet, den Gemeinden die durch die erforderlichen Lärmminderungsmaßnahmen verursachten Kosten zu erstatten. Demgegenüber vertrat insbesondere Nordrhein-Westfalen die Auffassung, dass eine derartige Kostenerstattung (Konnexitätsprinzip) bei einer Vorgabe, die auf EU-Recht beruhe, nicht gegeben sei.

TOP 4: Zukunft der Verpackungsentsorgung in Deutschland
Zu diesem Themenkreis waren sich die kommunalen Spitzenverbände und die Umweltminister des Bundes und der Länder einig, dass es angesichts der vermehrt zugelassenen Systeme (DSD AG, Interseroh, Landbell etc.) auch mit den Kommunen immer mehr Abstimmungsprobleme gebe. Hinzu komme, das nicht gelöste Problem der „Trittbrettfahrer“ sowie das Problem der so genannten Selbstentsorger, das dazu führe, dass die ökonomische Basis der Systembetreiber immer mehr erodiere.

Die kommunalen Spitzenverbände forderten vor diesem Hintergrund nicht nur eine stärkere Vollzugskontrolle der ordnungsgemäßen Verpackungsentsorgung bei den Systembetreibern sowie den „Trittbrettfahrern“, sondern auch eine für die Kommunen erleichterte Abstimmung. Vorstellbar sei auch, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern – ähnlich wie in Frankreich – die Zuständigkeit für das Sammeln der Verpackungsabfälle gegen ausreichende Erstattung der Kosten aus Mitteln der Lizenzabgaben zu übertragen.

TOP 5: Erhalt der kommunalen Entsorgungszuständigkeit
Zu diesem Punkt wiesen die kommunalen Spitzenverbände darauf hin, dass insbesondere die auslegungsbedürftige Regelung des § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 KrW-/AbfG, in der geregelt wird, dass die Überlassungspflicht an die Kommune nicht für Abfälle besteht, „die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit dies den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nachgewiesen wird und nicht überwiegend öffentlichen Interessen entgegenstehen“, dazu führe, dass die kommunale Entsorgungsverantwortung zunehmend ausgehöhlt werde (Bsp.: „Gelbe Tonne Plus“ in Berlin).

Auch machten die kommunalen Spitzenverbände deutlich, dass angesichts jüngerer Urteile (OLG Naumburg vom 03. November 2005) es den Kommunen immer häufiger untersagt werde, im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit ihre Entsorgungszuständigkeit auf andere Kommunen (Kreis zu Kreis) ohne Anwendung des Vergaberechts zu übertragen. Damit würde die kommunale Organisationshoheit ausgehöhlt und das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen verletzt. Insoweit baten die kommunalen Spitzenverbände die Umweltminister, sich ebenfalls gegenüber der EU-Kommission für eine vergaberechtsfreie Durchführung interkommunaler Zusammenarbeit, speziell im Entsorgungsbereich einzusetzen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB) Franz-Reinhard Habbel, Leiter, Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit Marienstr. 6, 12207 Berlin Telefon: (030) 773070, Telefax: (030) 77307200

(sk)

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