Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Licht und Schatten beim neuen Bundespolizeigesetz

(Berlin) - Am heutigen Freitag berät der Bundestag in erster Lesung den Gesetzentwurf für eine Novelle des Bundespolizeigesetzes. Keinen Einzug in das Gesetz fanden die Online-Durchsuchung und die biometrische Gesichtserkennung. Für bestimmte Straftaten soll jedoch die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) zugelassen werden.

Folgend ein Statement von Rechtsanwältin Lea Voigt, Vorsitzende des Ausschusses Gefahrenabwehrrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Der DAV warnt:

"Die Quellen-TKÜ ermöglicht ein Abhören von verschlüsselten Telefonverbindungen sowie die Überwachung anderer Formen Ende-zu-Ende-verschlüsselter elektronischer Kommunikation, etwa Messenger-Dienste. Dazu wird ein Programm (Staatstrojaner) eingesetzt, das sich in den Übertragungsweg einschaltet und Daten abfängt, noch bevor sie verschlüsselt werden. Wegen des dafür erforderlichen heimlichen Vollzugriffs auf das Gerät liegt darin ein besonders erheblicher Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen.

Daneben ist die Quellen-TKÜ eine massive Gefahr für die IT-Sicherheit: Der Staat betätigt sich hierbei als Hacker und nutzt Sicherheitslücken, für deren Schließung er eigentlich sorgen sollte - und lässt damit sehenden Auges ein Einfallstor für Kriminelle offen.

Positiv hervorzuheben ist die Abkehr von der Online-Durchsuchung, also das heimliche Durchsuchen eines kompletten elektronischen Gerätes nach verdächtigen Daten. Je nach Beschaffenheit des hierfür eingesetzten Trojaners besteht sogar die Möglichkeit, eingebaute Mikrofone und Kameras zu aktivieren und so auch die Umgebung des Geräts zu überwachen. Eine umfassendere Überwachung einer Person ist kaum vorstellbar, weshalb der Gesetzgeber gut beraten ist, hier Zurückhaltung zu üben.

Auch die Nichtaufnahme der biometrischen Gesichtserkennung in den Kanon der bundespolizeilichen Maßnahmen ist zu begrüßen. Bereits zum umstrittenen Pilotprojekt am Bahnhof Berlin-Südkreuz hatte der DAV massive Kritik geäußert. Wenn massenhaft Gesichter von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern gescannt werden, liegt darin ein schwerer Grundrechtseingriff. Die Möglichkeit, sich anonym im öffentlichen Raum zu bewegen, wird grundlegend in Frage gestellt. Es ist zweifelhaft, ob überhaupt eine Rechtsgrundlage geschaffen werden könnte, die den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts an einen derart umfassenden Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung entspricht."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Pressestelle Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190

(sf)

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