Pressemitteilung | Milchindustrie-Verband e.V. (MIV)

Milchindustrie 2000: Qualitatives und quantitatives Wachstum begleitet von erheblichen Kostensteigerungen

(Berlin) - Die deutsche Milchindustrie steigerte den Umsatz im Jahr 2000 um 3,8 Prozent auf 39,1 Mrd. DM und lag damit über dem Durchschnitt der deutschen Ernährungsindustrie. Diese positive Bilanz zog Dr. Manfred W. Tag, Vorsitzender des Milchindustrie-Verbands e.V., Bonn, am 6. März 2001 anlässlich eines Pressegesprächs in Berlin. "Das Jahr 2000 war ein Jahr des qualitativen und quantitativen Wachstums für die Milchindustrie, aber auch ein Jahr erheblicher Kostensteigerungen", so Tag. Nachdem die Preise für Käse, Butter und Milchpulver die Talsohle verlassen hätten, meldeten nun auch die Hersteller von H-Milch und Frischprodukten des weißen Molkereisortiments dringend Nachholbedarf an, um im Wettbewerb um den Rohstoff Milch bestehen zu können. Neben hohen Milchpreisforderungen der Landwirte müssten auch Preissteigerungen der Verpackungslieferanten und deutliche Kostensteigerungen des Transportgewerbes weitergegeben werden. Die Branche sei allerdings optimistisch, im Jahr 2001 die Weichen richtig stellen zu können, um darüber hinaus zu einer adäquaten Ertragslage der Unternehmen zu kommen.

Überlieferungen unvermeidbar
Einen Überblick über die Marktentwicklung im Einzelnen gab Eberhard Hetzner, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbands. Im Jahr 2000 hätten die deutschen Milcherzeuger 27,21 Mio. t Milch zur Verarbeitung an die Molkereien geliefert. Dies seien 0,9 Prozent mehr gewesen als im Jahr zuvor. Im ersten Quartal 2001 stehe allerdings deutlich mehr Rohstoff zur Verfügung, da die Landwirte bedingt durch die BSE-Krise ihre Altkühe nicht mehr vermarkten könnten. Deshalb werde eine fettkorrigierte Quotenausnutzung für die Bundesrepublik Deutschland von 100,7 Prozent erwartet, das entspreche einer Überlieferung von bis zu 300.000 t.

Mit Superabgaben in Größenordnungen von 50 Pf/kg überlieferter Milch und mehr sei somit zu rechnen. "Wir unterstützen deshalb mit Nachdruck die Forderungen des Deutschen Bauernverbandes an die EU-Kommission, die Superabgaben zu reduzieren, um das Risiko der Abgabenbelastung als Folge der BSE-Krise zu minimieren", sagte Hetzner.

Käse und Milchfrischprodukte erfreuen sich weiter wachsender Beliebtheit
Die private Nachfrage nach Milch und Milcherzeugnissen sei weiterhin positiv. Lediglich für Konsummilch und Butter gehe der Absatz zurück. Erfreuliche Steigerungen seien nach wie vor bei Joghurt, Quark und Käse festzustellen.

Konsummilch
5,45 Mio. t Konsummilch seien im Jahr 2000 produziert worden. Während Frischmilch mit 1,1 Prozent noch zulegen konnte, habe H-Milch nur das Vorjahresergebnis halten können. H-Milch mache aber 63 Prozent des Gesamtmarktes aus. Deutliche Verschiebungen hätten sich bei den Verpackungsarten ergeben. Der Markteinteil des Getränkekartons, dessen ökologische Gleichwertigkeit mit der Milch-Mehrwegflasche und dem Polyethylen-Schlauchbeutel durch die Ökobilanz-Studie UBA II des Umweltbundesamtes bestätigt worden sei, habe sich nach vorläufigen Angaben des CMA-GFK-Panels von 64 Prozent auf 74 Prozent erhöht, während der Anteil des Polyethylen-Schlauchbeutels von 21 Prozent auf 12 Prozent gesunken sei. Mehrwegflaschen zeigten wieder eine leicht positive Entwicklung und hätten 12 Prozent erreicht. Andere - nach UBA-Definition eventuell ökologisch nachteilige - Verpackungsarten spielten kaum eine Rolle. Im Rahmen der Novelle der Verpackungs-Verordnung wolle die Bundesregierung daher die Quote für Frischmilch völlig streichen. "Wir begrüßen dieses Vorhaben, denn es folgt einer langjährigen Forderung des Milchindustrie-Verbands", unterstrich Hetzner.

Milchfrischprodukte
Recht erfreulich sei das Jahr 2000 für die Hersteller von Milchfrischprodukten verlaufen, obwohl das Absatzwachstum früherer Jahre nicht mehr erreicht worden sei. Es seien 2,73 Mio. t Joghurt, Desserts und Milchmischerzeugnisse und damit 2,3 Prozent mehr als im Vorjahr produziert worden.

Den stärksten Zuwachs zeigten mit 4,3 Prozent immer noch die Desserts und andere Milchmischerzeugnisse, während Joghurts noch um 3 Prozent zugelegt hätten. Kakao und Milchmischgetränke hätten ihr Vorjahreswachstum hingegen wieder einbüßen müssen (-4,2 Prozent).

Sahne und Butter
Der Sahne- und Fettmarkt zeige kaum Veränderungen. Die Butterproduktion habe sich mit 427.000 t auf Vorjahresniveau bewegt. Bedauerlicherweise stagniere der Pro-Kopf-Verbrauch von Butter seit einigen Jahren, er liege bei 6,7 kg. Die Entwicklung der Butterpreise sei erfreulich verlaufen. Am Jahresende 2000 seien fast 7,00 DM/kg erreicht worden. Allerdings habe das saisonbedingte Absatzloch in den ersten zwei Monaten dieses Jahres wieder zu deutlichen Preisabschlägen geführt. "Hier wünschen wir uns, ähnlich wie in den Nachbarländern, mehr Kontinuität im Markt. Dazu gehört aber auch, dass der Handel nicht jede kurzfristige Marktschwäche dazu nutzt, Butter als preisaggressiven Lockartikel einzusetzen", meinte Hetzner. Sahneabsatz und -verbrauch hätten in den letzten Jahren ein kleines, aber solides Plus verzeichnet, so auch im Jahr 2000 (+ 0,5 Prozent).

Käse
Sehr gut entwickele sich nach wie vor der Käsemarkt. Die Produktion sei um 5,8 Prozent auf 1,69 Mio. t gesteigert worden, dies bei voll ausgelasteten Kapazitäten der Käsereien. Die Drittlandsnachfrage habe oftmals nicht befriedigt werden können. Es fehle vor allem an Rohstoff. Der Preisentwicklung beim Käse habe dies gut getan. So sei die Durchschnittsverwertung im Laufe des Jahres 2000 um rund 1,00 DM auf knapp 7,00 DM/kg gestiegen. Innerhalb der einzelnen Käsegruppen habe Hart-, Schnitt- und Weichkäse mit 10,1 Prozent am meisten zugelegt, Spitzenreiter sei der Schnittkäse gewesen. Der Weichkäsemarkt habe eine deutlich schwächere Tendenz gezeigt; der Frischkäseabsatz sei um 1,5 Prozent auf 759.300 t gestiegen. Schmelzkäse habe nach einigen Jahren ohne Produktionszuwächse um 6,3 Prozent auf 170.700 t zugelegt. Gemäß GFK-Haushaltspanel sei die Nachfrage der deutschen Haushalte nach Käse im Dezember 2000 um 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat auf 58.600 t gestiegen. Da sich die Käseproduktion im Januar 2001 um 16 Prozent über dem Vorjahresniveau bewegt habe, könne man davon ausgehen, dass sich der BSE-Effekt - Substitution von Wurst durch Käse - im Januar und Februar noch verstärkt habe.

Dauermilcherzeugnisse
Bei den Dauermilcherzeugnissen habe es einige Veränderungen gegeben, obwohl die Preisentwicklung bei Eiweißerzeugnissen hervorragende Ergebnisse erzielt habe. Dennoch sei aufgrund der fehlenden Rohstoffverfügbarkeit die Produktion von Magermilchpulver um 2,6 Prozent zurück gegangen, die von Vollmilchpulver um 7,4 Prozent. Molkenpulver habe hingegen, nicht zuletzt aufgrund des höheren Molkeanfalls durch gesteigerte Käseproduktion, deutlich zugelegt (+16,1 Prozent). Inzwischen habe die BSE-Krise bei Magermilch- und Molkenpulver Auswirkungen gezeigt. Da die Futtermittelindustrie weniger Ware abnehme, seien die Preise rückläufig. Da die Kalbfleischerzeugung in den nächsten Monaten jedoch langsam wieder anlaufen werde, sei eine Beruhigung im Pulversektor zu erwarten. Der Eiweißmarkt werde sich nicht zuletzt in Folge der guten Geschäfte im Käsebereich wieder stabilisieren.

Hohe Nachfrage nach Bio-Produkten
Deutliche Umsatzsteigerungen hätten die Molkereien, die Bio-Produkte anbieten, vermeldet. Das Verbraucherinteresse insbesondere an Frischmilch, Joghurt und Käse aus Bio-Milch sei sprunghaft gestiegen. "Bio-Milchspezialitäten aus garantierter Herkunft liegen immer mehr im Trend", so Hetzner. Dem könnten die meisten Anbieter bisher recht gut nachkommen, da in der Vergangenheit nicht die gesamte erzeugte Bio-Milch auch als Bio-Produkte Absatz gefunden habe. Darüber hinaus werde davon ausgegangen, dass in der Umstellung befindliche Betriebe nun zügig ihr Ziel erreichen könnten. Ob Ökomilch-Produkte langfristig erfolgreich sein werden, hänge auch vom Engagement des Lebensmittel-Einzelhandels ab. Entscheidend sei, dass sich die erheblich höheren Kosten der Produktion, der Milcherfassung und der Logistik auch in den Produktpreisen wiederfänden. Da die Produkte in Qualität und Charakter in der Regel keine Abweichungen zu konventionellen Erzeugnissen aufwiesen, bleibe fraglich, ob die Verbraucher langfristig bereit seien, höhere Preise zu akzeptieren.

Aufschwung im Außenhandel
Die Außenhandelsergebnisse der deutschen Milchindustrie und des Handels im Jahr 2000 bewertete Hetzner in fast allen Produktbereichen als zufriedenstellend. Insbesondere Käse- und Joghurtausfuhren hätten deutlich zugenommen. Die Schwäche des EURO habe dem Außenhandel neuen Schwung gegeben und beflügele die Exporte. Darüber hinaus hätten die traditionellen Abnehmerländer wie Italien, Holland und Spanien mehr Produkte aus Deutschland abgenommen. Ca. 20 Prozent der Lieferung gingen inzwischen in Drittländer. An der Spitze rangiere der Käsexport nach Russland, aber auch Milchpulverlieferungen nach Südamerika und Südostasien gäben dem Markt wertvolle Impulse.

Mit 7,12 Mrd. DM habe das Außenhandelsergebnis allerdings nur um 1,1 Prozent über dem Vorjahresergebnis gelegen. Zum einen fehle es einfach an Rohstoff, zum anderen werde nach wie vor ein Nachholbedarf bei Preisanhebungen im Außenhandel gesehen. Auch für das Jahr 2001 erwartet Hetzner ein gutes Außenhandelsergebnis. Vor allem die positive wirtschaftliche Entwicklung in den Beitrittstaaten lasse auf zusätzliches Geschäft hoffen. Darüber hinaus erleichtere das Ende der Wirtschaftskrise in Südostasien den dortigen Absatz von Milch und Milcherzeugnissen. Höhere Einnahmen durch Ölverkäufe verstärkten darüber hinaus die Kaufkraft im Mittleren und Nahen Osten. Allerdings seien die europäischen Milchprodukte durch die deutliche Abschwächung des Dollars um 10 Prozent teurer geworden. Dies habe deutliche Auswirkungen auf den Export. Änderungen bei den Erstattungen würden wenig helfen, da die GATT-Grenzen bei allen Produktgruppen, außer bei Butter, ausgeschöpft seien.

Diffuse Handelsbeschränkungen
Obwohl es keinerlei Gefährdung durch Milch und Milchprodukte gebe, nutzten einige Drittländer die BSE-Krise in Deutschland als Handelshemmnis und erschwerten den Import deutscher Milcherzeugnisse. So seien Mischladungen von Milch und Fleischerzeugnissen nicht mehr möglich. Im Bescheinigungswesen überträfen sich die Drittländer mit ihren Forderungen nach exotischen Bescheinigungen, die zu langen Wartezeiten für die Lkws führten. Dennoch schaffe es die deutsche Milchindustrie, die Exporte abzuwickeln, was letztendlich zeige, wie vordergründig diese Handelsbeschränkungen seien.

"In der Summe hat die BSE-Krise die Wertschöpfung der Branche nicht verbessert, denn sie schlägt sich kaum in den Preisen nieder. Absatzsteigerungen in den Bereichen Käse und Milchfrischprodukte stehen Absatzschwierigkeiten im Milch- und Molkenpulverbereich aufgrund des weggefallenen Absatzes an die Futtermittelindustrie und der Restriktionen im Export entgegen", schloss Hetzner seine Ausführungen.

Quelle und Kontaktadresse:
Milchindustrie-Verband e.V. (MIV) Winfried Meier Adenauerallee 148 53113 Bonn Telefon: 0228/959690 Telefax: 0228/371535 Milch & Markt Informationsbüro der deutschen Milchindustrie Kerstin Krohn Willy-Brandt-Allee 20 53113 Bonn Telefon: 0228/7227-50 Telefax: 0228/7227-10

NEWS TEILEN: