Pressemitteilung | (VdAA) Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.

Milliardenbeitragsforderung der Deutschen Rentenversicherung Bund nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts über die mangelnde Tariffähigkeit der CGZP?

(Stuttgart) Am 14.12.2010 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine Rechtsbeschwerde des Arbeitgeberverbandes AMP, des BVDs und der Tarifgemeinschaft CGZP zurückgewiesen und damit endgültig festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und PersonalService-Agenturen (CGZP) nicht tariffähig ist.

Hieran, so der Hamburger Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht Lukas Weitbrecht, Leiter des Fachausschusses "Betriebliche Altersversorgung/ Vorruhestand/Altersteilzeit/Renten" des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, knüpft sich nach § 9 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz + dem "equal-pay-Prinzip" unter anderem die Frage, ob die betroffenen Arbeitnehmer in den Betrieben in der Lohnhöhe den nicht überlassenen Arbeitnehmern gleichgestellt werden müssen und zwar auch für die Vergangenheit und sich hieran sodann erhebliche nachträgliche Beitragsforderungen der gesetzlichen Rentenversicherung knüpfen.

Überschlägig muss mit Nachforderungen von rund einer halben Milliarde EUR pro betroffenem Kalenderjahr gerechnet werden. Die Nachforderungen stehen den Sozialversicherungsträgern grundsätzlich rückwirkend für vier Jahre zu. Die Ansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 SGB IV).

Die Durchsetzung der Lohnansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ist die eine, die Verwirklichung der Beitragsforderungen des Sozialversicherungsträgers die andere Seite des schwergewichtigen Problems. Auch ohne dass die Arbeitnehmer ihre Lohnansprüche geltend machen, können die Beitragsansprüche der Sozialversicherungsträger drohen, denn in der Sozialversicherung gilt grundsätzlich das Entstehungsprinzip, betont Weitbrecht.

Der Beitrag richtet sich nach dem Entgelt, das als Einnahme aus der Beschäftigung definiert ist. Die Beitragsforderung kann auch von einem höheren als dem tatsächlich zugeflossenen Entgelt erfolgen, wenn der Arbeitnehmer im Entstehungszeitraum zusätzliche Entgeltbezüge hätte beanspruchen können. Denn die Beitragsansprüche entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 SGB IV). Dabei genügt es, wenn der Anspruch auf das höhere Entgelt bestand. Ob es tatsächlich geflossen ist oder von den betroffenen Arbeitnehmern durchgesetzt worden ist, ist unerheblich. Das in der Sozialversicherung geltende Entstehungsprinzip bestimmt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch den Beitragsanspruch bei untertariflicher Bezahlung.

Bis heute herrscht allerdings noch keine völlige Klarheit, ob der Beschluss des BAG überhaupt in die Vergangenheit wirkt. Dazu wird auf die schriftliche Begründung des BAG-Beschlusses verwiesen, die noch nicht vorliege.

Allerdings könne schon jetzt angemerkt werden, so Weitbrecht, dass die Rechtsproblematik nicht neu ist. Bereits seit dem Abschluss der Tarifverträge kam der Verdacht auf, dass diese mangels Tariffähigkeit der Beteiligten nicht wirksam sein könnten. Die Frage, ob dann der Abschluss der Tarifverträge nicht hätte abgebrochen werden müssen und daher das weitere Vorgehen der betroffenen Verbände nicht bedingt vorsätzlich war, ist nicht so weit von der Hand zu weisen. Für diesen Fall könnte die Forderung bis zu 25 Jahre zurückverfolgt werden.

Durchaus erscheint es daher möglich, dass auch für die weitere Vergangenheit die Beitragsforderungen durch die Deutsche Rentenversicherung Bund verwirklicht werden könnten. Da die Entleihfirmen als selbstschuldnerische Bürgen jeweils in der Haftung stehen (§ 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV), können die möglicherweise nachzufordernden Beiträge auch von ihnen eingefordert werden, wenn der Verleiher seine Verpflichtung nicht erfüllt. Entleihfirmen können die Zahlung nur insoweit verweigern, wie die Beiträge nicht beim Verleiher unter Fristsetzung gemahnt wurden.

Bei den sich abzeichnenden Betriebsprüfungen wird zum einen darauf zu achten sein, ob die Höhe der behaupteten Beiträge nachvollziehbar behauptet wird. Ferner wird überlegt werden müssen, inwieweit die Deutsche Rentenversicherung Bund nicht ebenfalls Kenntnis von der Rechtslage hatte und insoweit Vertrauensschutz bestand. Dabei wird die Prüfpraxis der DRV Bund mit einzubeziehen sein (Vgl. LSG Nordrhein-Westphalen, Urteil v. 28.1.2003, Az. L 5 KR 197/01, auch zur Verwirkung).

Quelle und Kontaktadresse:
VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V. Pressestelle Theodor-Heuss-Str. 11, 70174 Stuttgart Telefon: (0711) 30589320, Telefax: (0711) 30589311

(aj)

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