Pressemitteilung | Deutscher Mieterbund e.V. (DMB)

Mut zu neuen Wegen in der Wohnungspolitik

(Köln) - "Das Wohngeld ist Anfang des Jahres erhöht worden, erstmalig wurde ein Heizkostenzuschuss an einkommensschwache Haushalte gezahlt, die Mietrechtsvereinfachung ist beschlossen und wird am 1. September in Kraft treten, die Reform des sozialen Wohnungsbaus steht kurz vor der Verabschiedung - die Bundesregierung hat die wichtigen miet- und wohnungspolitischen Fragen aufgegriffen und den jahrelangen Reformstau aufgelöst", erklärte Anke Fuchs, die Präsidentin des Deutschen Mieterbundes (DMB) vor der Bundespressekonferenz in Berlin.

"Trotzdem stehen noch viele Forderungen des Deutschen Mieterbundes offen. Es gibt weiteren und zusätzlichen Handlungsbedarf. Die Probleme auf den Wohnungsmärkten werden vielfältiger und werfen zum Teil neue Fragen auf. Wir brauchen jetzt Mut zu neuen Wegen in der Wohnungspolitik", erklärte Anke Fuchs.


Investitionen in den Wohnungsbestand stärker fördern

In diesem Jahr werden in Deutschland voraussichtlich nur noch 115.000 Wohnungen in Mehr-Familienhäusern gebaut. Das sind noch einmal 15 Prozent weniger als im Vorjahr und damit die niedrigste Fertigstellungszahl seit Ende der 80er Jahre. Auch die Baugenehmigungszahlen signalisieren keine Änderung. Im Jahr 2001 werden noch schätzungsweise 98.000 Wohnungen in Mehr-Familienhäusern genehmigt, das sind 4 Prozent weniger als im Vorjahr und 27 Prozent weniger als 1999. "Folge dieser ungebremsten Talfahrt der Baukonjunktur sind rund 325.000 arbeitslose Bauarbeiter, viele davon in Ostdeutschland", sagte Mieterbund-Präsidentin Anke Fuchs. "Die Chancen für neue und zusätzliche Investitionen müssen im Wohnungsbestand gesucht werden." Hier liegen die Investitionen seit 1996 bei mehr als 150 Milliarden DM jährlich. Sie übertreffen seit 1999 die Investitionen in den Neubau, und für das Jahr 2001 rechnet man mit Investitionen in den Wohnungsbestand von 158 Milliarden DM. "Diese Entwicklung ist zu unterstützen, indem sinnvolle Investitionen in den Wohnungsbestand verstärkt gefördert werden. Modernisierung, Sanierung, Energieeinsparung usw. sind hier entscheidende Stichworte.


Wohnungsmärkte: Von Leerstand bis Wohnungsnot - Förderinstrumente auf dem Prüfstand und innovativ neu gestalten

"Es gibt keinen einheitlichen Wohnungsmarkt in Deutschland", sagte Anke Fuchs. Während in Ostdeutschland rund eine Million Wohnungen leer stehen und überall vom Abriss gesprochen wird, droht beispielsweise in München eine neue Wohnungsnot. Auf vielen Teilmärkten, insbesondere in strukturschwachen Regionen, sind genügend Wohnungen vorhanden, auf anderen Teilmärkten sind Wohnungen knapp, und in wirtschaftsstarken Ballungszentren wird es für "Normalverdiener" immer schwieriger, eine geeignete und bezahlbare Wohnung zu finden. "Bei strukturellem Wohnungsleerstand wie in Ostdeutschland, darf natürlich der Abriss von Wohnungen kein Tabuthema sein", sagte die Mieterbund-Präsidentin. "Notwendig ist immer ein kommunales Handlungskonzept und Klarheit darüber, dass die Kosten letztlich von Bund, Länder und Kommunen gemeinsam getragen werden müssen."

"Notwendig", so Anke Fuchs weiter, "ist aber auch, dass die bisherigen Förderinstrumente und Abschreibungsmöglichkeiten auf den Prüfstand gestellt werden. Ziel muss es sein, da zu fördern und da einzugreifen, wo es sinnvoll und notwendig ist." Die Förderung nach dem Gießkannenprinzip, bei der in der Stadt und auf dem Land, in Ballungsgebieten und in strukturschwachen Regionen gleichzeitig und gleichermaßen gefördert wird, ist falsch, wie auch die gleichzeitige Förderung des Abrisses und des Neubaus von Wohnungen in ein und derselben Region oder Gemeinde.


Wohngeld: Zukünftige Erhöhungen jetzt einplanen

"Wir sind froh, dass mit Inkrafttreten der Wohngeldreform am 1. Januar diesen Jahres ein über zehn Jahre lang dauernder Reformstau aufgelöst wurde", sagte Mieterbund-Präsidentin Anke Fuchs. Wohngeldempfänger erhalten durchschnittlich 80 DM mehr im Monat, und der Kreis der Berechtigten wurde um etwa 400.000 Haushalte erweitert. Diese Wohngelderhöhungen reichen allerdings nicht aus, um den seit 1990 entstandenen Nachholbedarf auszugleichen.

"Bund und Länder müssen für zukünftige Haushaltsplanungen schon jetzt weitere Wohngelderhöhungen vorsehen", forderte Anke Fuchs. "Die Serie von Ankündigungen und immer wieder gebrochenen Versprechungen, wie in den 90er Jahren, darf sich nicht wiederholen, sie hat das Vertrauen vieler Mieter in die Zuverlässigkeit des Wohngeldes nachhaltig beschädigt." Wohngeld muss die steigende Wohnkostenbelastung für einkommensschwächere Haushalte dauerhaft und sicher ausgleichen. "Ich plädiere deshalb nachdrücklich für eine Erhöhung des Wohngeldes auf ein angemessenes Niveau, verbunden mit regelmäßigen Anpassungen.


Mietrecht: Moderner, einfacher und gerechter

"Die Mietrechtsreform ist ein wichtiger Schritt zu einem modernen, einfacheren und gerechten Mietrecht", sagte Mieterbund-Präsidentin Anke Fuchs. Sie stellt aber noch nicht den endgültigen Schlussstrich unter die seit Jahren geführte Diskussion um ein neues Mietrecht dar."

"Der Deutsche Mieterbund begrüßt ausdrücklich, dass das neue Mietrecht, das am 1. September in Kraft treten wird, den gesetzlichen Kündigungsschutz nicht in Frage stellt und den bewährten Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien nicht zu Lasten der Mieter verschiebt."

Positiv, so die Mieterbund-Präsidentin, sind auch die Ansätze zur Vereinfachung, das heißt, die Zusammenfassung der mietrechtlichen Vorschriften chronologisch geordnet in einem Gesetz und die sprachliche Überarbeitung der einzelnen Vorschriften.

"Eine Reihe von inhaltlichen Änderungen macht das neue Mietrecht gerechter und in vielen Bereichen
auch zeitgemäß. Das gilt zum Beispiel für die Neuregelung der Kündigungsfristen für Mieter, für die Einführung fester Abrechnungsfristen bei den Betriebskosten, für die Senkung der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen und die Aufwertung der qualifizierten Mietspiegel, für die Verbesserung der Rechte von Lebensgemeinschaften oder die Verbesserung der Rechte behinderter Mieter", erklärte Anke Fuchs.

Als Erfolg wertet die Mieterorganisation auch, dass noch während des Gesetzgebungsverfahrens Veränderungen zu Lasten der Mieter verhindert werden konnten. So wird es weder eine verschuldensunabhängige Zerrüttungskündigung oder ein Sonderkündigungsrecht für ostdeutsche Vermieter geben, noch wird der Kündigungsschutz für Mieter nach Umwandlung ihrer Miet- in eine Eigentumswohnung aufgeweicht.

"Aber", so Anke Fuchs, "die Mietrechtsreform bringt auch Nachteile für Mieter mit sich, wie zum Beispiel die Abschaffung des einfachen Zeitmietvertrages, vor allem lässt sie eine Reihe von Problemen ungelöst. Fragen rund um die Mietenstruktur nach einer Modernisierung oder Themen wie Inklusivmiete und Contracting stehen weiter auf der Tagesordnung und müssen gelöst werden."


Neuordnung des sozialen Wohnungsbaus: Notwendig, aber verbesserungsbedürftig

"Die vom Bundeskabinett beschlossene Reform des sozialen Wohnungsbaus, die voraussichtlich noch im Juni im Bundestag verabschiedet wird, ist überfällig und notwendig. Auch wenn die Richtung des Reformgesetzes stimmt, Nachbesserungen sind erforderlich, das betrifft in erster Linie die völlig unzureichende finanzielle Mindestausstattung", sagte die Mieterbund-Präsidentin.

Für den sozialen Wohnungsbestand ändert sich durch die Reform des Wohnungsbaurechts wenig. Es bleibt bei der heutigen Mietstruktur. Die Wohnungen werden nicht in das Vergleichsmietensystem überführt, so dass hier nicht die Gefahr von drastischen Mietsteigerungen besteht.

Richtig ist aus Sicht des Deutschen Mieterbundes, dass die Reform unterschiedliche Förderwege und -instrumente zulässt sowohl für den Neubau als auch für Maßnahmen im Wohnungsbestand. Die Effizienz der Förderung wird verbessert, und der flexible und bedarfsgerechte Einsatz von Förderinstrumenten und Mitteln wird ermöglicht werden.

Zukünftig wird sich die soziale Wohnraumförderung auf die Haushalte konzentrieren, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind. "Unter dem Gesichtspunkt der sozialen Treffsicherheit unterstützt der Deutsche Mieterbund diese neue Zielgruppendefinition. Sie darf aber nicht als Alibi dafür herhalten, die öffentliche Förderung weiter zu kürzen bzw. auf Niedrigstniveau festzuschreiben. Sozialer Wohnungsbau darf nicht zum Synonym für "Arme-Leute-Wohnungsbau" werden", forderte Anke Fuchs. Auch deshalb ist die vorgesehene finanzielle Mindestausstattung von 230 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung unzureichend.

Trotz des Bekenntnisses des Bundes zur Fortsetzung der Objektförderung kommt die Festsetzung einer Finanzausstattung in dieser Höhe faktisch dem Ausstieg aus dem sozialen Wohnungsbau gleich. Der Deutsche Mieterbund fordert deshalb die Aufstockung der Mittel auf wenigstens eine Milliarde Euro, zumal mit der Reform des sozialen Wohnungsbaus auch neue Reformziele und neue Fördergegenstände formuliert werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Mieterbund e.V. (DMB) Aachener Str. 313 50931 Köln Telefon: 0221/940770 Telefax: 0221/9407722

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