Pressemitteilung | Virchowbund - Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V.

Praxisaufkauf und schnelle Termine: Gesetzesvorhaben wirft große Widersprüche auf

(Berlin) - Auf "gelinde gesagt große Widersprüche", die mit dem Versorgungsstärkungsgesetz aufgeworfen würden, weist der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, Dr. Dirk Heinrich, hin: "Auf der einen Seite soll die Allgemeinmedizin gefördert werden, auf der anderen Seite sind durch den verpflichtenden Aufkauf von Arztpraxen bundesweit rund 2.200 Hausarztsitze in ihrer Existenz bedroht. Auch rund 15.000 Facharztsitze in Gebieten mit nummerischer Überversorgung stehen auf der Kippe, andererseits soll es schnellere Facharzttermine geben. Diese Widersprüche muss die Politik erklären", fordert Dr. Heinrich.

Heute schon bestehende Wartezeiten resultierten nicht daher, dass Praxisärzte zu wenige, sondern zu viele Patienten behandeln müssten. Durch einen verpflichtenden Aufkauf von Arztpraxen würde sich dieses Problem verschärfen: "Das Gesetz suggeriert, dass die 25.000 vom Aufkauf bedrohten Praxen nichts zu tun hätten und erklärt nicht, wer zukünftig deren Arbeit übernehmen soll. Auf der einen Seite zieht man uns im wahrsten Sinne des Wortes den Arztsitz unterm Hintern weg, auf der anderen Seite sollen wir über Servicestellen schnelle Facharzttermine organisieren, oder die Ärzteschaft wird kollektiv finanziell bestraft. Das ist - vorsichtig gesagt - offensichtlich nicht sehr durchdacht", erklärt Dr. Heinrich. Darüber hinaus waren die für die Bedarfsplanung zu Grunde liegenden reinen Verhältniszahlen noch nie zeitgemäß. "Sie wurden 1991 willkürlich mit einer Stichtagsregelung festgelegt und spiegeln weder den realen Behandlungsbedarf noch die kommende demografische Entwicklung wider", stellt Dr. Heinrich fest. "Auf einem solch wackligen Fundament den Aufkauf von Arztsitzen zu beschließen, erinnert an eine Geisterfahrt."

An vielen Stellen des Gesetzes wachse zudem der staatliche Einfluss auf das Gesundheitssystem: "So greift das Gesetz aus meiner Sicht verfassungswidrig in einen bestehenden Wahlkörper der Vertreterversammlungen ein und schafft mit der Brechstange eine Parität zwischen gewählten haus- und fachärztlichen Vertretern. Man stelle sich nur Mal vor, im Deutschen Bundestag werden im Zuge der Gleichberechtigung zukünftig die Stimmen zu gleichen Teilen nach Männern und Frauen gewichtet. Zu Themen, die Frauen beträfen, dürften nur noch weibliche Abgeordnete abstimmen. Es gäbe zu Recht einen Aufschrei und eine Ohrfeige vom Bundesverfassungsgericht", bemerkt Dr. Heinrich. "Ich kann den Kassenärztlichen Vereinigungen nur empfehlen, dieses Vorhaben schnellstmöglich verfassungsrechtlich überprüfen zu lassen", bemerkt der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes. Andernfalls werde sich der staatliche Eingriff in die Selbstverwaltung fortsetzen, die KV zur Behörde sowie die Servicestellen für Facharzttermine zum "staatlichen Amt für ambulante Arzttermine" gemacht.

Quelle und Kontaktadresse:
NAV-Virchow-Bund Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, Bundesgeschäftsstelle Berlin Pressestelle Chausseestr. 119b, 10115 Berlin Telefon: (030) 288774-0, Fax: (030) 288774-15

(sy)

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