Probiotische Milchprodukte: Was ist drin, was ist dran?
(Bonn) - Marktcheck der Verbraucherverbände deckt Kennzeichnungsmängel auf Probiotische Jogurts oder Quarkspeisen sind mehr als bloß gesunde Lebensmittel. Das jedenfalls ist der Anschein, den Verpackung, Aufmachung und Werbung für solche Milchprodukte häufig erwecken. Spezielle Milchsäurebakterien, die Probiotika, wirken positiv auf die Gesundheit, behaupten die Hersteller. Ob Quark oder Jogurts mit probiotischen Bakterien wirklich gesünder sind als herkömmliche Produkte oder sogar als Heilmittel gegen bestimmte Krankheiten taugen, darüber streiten derzeit noch die Experten.
Die Verbraucher-Zentralen und die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) haben jetzt 60 probiotische Milchprodukte (35 Jogurts, 11 Milchmischerzeugnisse, 7 Quarkprodukte und 7 weitere Produkte, z. B. fermentierte Getränke) unter die Lupe genommen. Das Ziel der Untersuchung: Man wollte herausfinden, ob solche angeblich gesundheitsfördernden Produkte sachgemäß und für die Verbraucher verständlich und nachvollziehbar gekennzeichnet werden und die Werbeaussagen genauer unter die Lupe nehmen.
Fazit der Untersuchung: Statt konkreter Informationen werden Verbraucher fast durchweg mit vagen Versprechungen abgespeist. Die Kennzeichnung muss transparenter werden, damit Konsumenten beurteilen können, ob die zumeist teureren probiotischen Milchprodukte auch ihren Preis wert sind, fordern die Verbraucherschützer.
Im Einzelnen deckte der Marktcheck folgendes auf:
-Die Werbeaussagen zu allen erfassten probiotischen Milchprodukten waren subtil und vage gehalten. Wissenschaftlich waren die Informationen unpräzise und für Verbraucher kaum nachvollziehbar. Am häufigsten fanden die Verbraucherschützer Behauptungen wie "Einfluss auf die Darmflora" und "Einfluss auf Immunsystem und Abwehrkräfte".
-Die Kennzeichnung der verwendeten probiotischen Milchsäurebakterien wurde sehr unterschiedlich gehandhabt. Es fanden sich bei 55 der 60 Milchprodukte auf der Verpackung, zumeist in der Zutatenliste, über 20 verschiedene Bakteriennamen.
- Gleichzeitig fehlen auf vielen Verpackungen klare Informationen zum eingesetzten Milchsäurebakterien-Stamm. Genau die aber sind notwendig, um eventuelle Wirkungen der eingesetzten Bakterien beurteilen zu können. Denn die verschiedenen Probiotika-Stämme haben durchaus spezifische Eigenschaften und unterscheiden sich voneinander.
- Häufig fanden sich lediglich allgemeine Angaben wie die Gattung oder die Art oder auch die "Gruppe" der Milchsäurebakterien auf den Verpackungen. Hier bleibt unklar, ob es sich überhaupt um probiotische Milchsäurebakterien handelt. Bei fünf Produkten wurden gar keine speziellen Angaben zu den eingesetzten Bakterien gemacht; hier müssen sich Verbraucher mit Bezeichnungen wie "aus probiotischem Jogurt" oder "mit probiotischen Kulturen" zufrieden geben.
Gesetzgeber, Wissenschaft, Hersteller und die Lebensmittelüberwachung sollten aus der jetzigen unbefriedigenden Situation Konsequenzen ziehen, verlangen die Verbraucherverbände. Ihre Forderungen:
- Einheitliche europäische Rechtssetzung für probiotische Lebensmittel.
- Eindeutige Vorschriften für die Kennzeichnung von Probiotika-Stämmen in der Zutatenliste.
- Festlegung von wissenschaftlichen Voraussetzungen zur Überprüfung von Werbeaussagen.
-Gesundheitliche Versprechen müssen sowohl für die eingesetzten Stämme als auch für das jeweilige Produkt wissenschaftlich belegt sein.
- Als probiotisch beworbene Milchprodukte müssen auch tatsächlich probiotische Bakterienstämme enthalten.
-Überprüfung der von den Herstellern eingesetzten Bakterien-Stämme, der Mindestkeimzahlen und der Werbeaussagen durch die Lebensmittelüberwachung.
Den Konsumenten geben die Verbraucherverbände das neue Faltblatt "Sind probiotische Milchprodukte wirklich gesünder?" an die Hand. Es stellt klar, dass probiotische Milchprodukte keine Wundermittel sind und dass Sauermilchprodukte - sei es mit oder ohne Probiotika - allesamt einen wertvollen Beitrag zur Gesundheit geben. Das Faltblatt ist in jeder Verbraucher-Zentrale für eine D-Mark erhältlich. Der Untersuchungsbericht kostet zehn DM zuzüglich Porto und Versandkosten.
Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AGV)
Heilsbachstr. 20, 53123 Bonn, Telefon: 0228/64890, Telefax: 0228/644258