Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission: Anwaltschaft stärker berücksichtigt / Kommission greift Kritikpunkte des DAV auf
(Berlin/Brüssel) - Die EU-Kommission hat heute ihren zweiten Bericht zur Evaluierung der Lage der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten veröffentlicht. Die Lage in Deutschland wird dabei insgesamt als positiv bewertet. Erstmals ist auch die Unabhängigkeit von Rechtsanwaltsorganisationen und -kammern als ein Prüfpunkt im Bericht enthalten. Hierfür hatte sich der Deutsche Anwaltverein (DAV) in einem persönlichen Gespräch mit EU-Justizkommissar Didier Reynders eingesetzt.
Die Lage der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland sei insgesamt gut, so die EU-Kommission. Insbesondere begrüßt sie, dass die Besetzung von Stellen im Rahmen des Pakts für den Rechtsstaat voranschreitet. Gleichzeitig erwähnt werden aber die weiterhin bestehenden Nachwuchssorgen. Positiv vermerkt wird die Effizienzsteigerung bei der Fallbearbeitung der Verwaltungsgerichte.
In einigen Bereichen besteht aus Sicht der EU-Kommission noch Verbesserungsbedarf. In seinem Beitrag zum diesjährigen Rechtsstaatlichkeitsbericht hatte der DAV selbst mehrere Kritikpunkte in Bezug auf Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland aufgeworfen und die Bundesregierung aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. "Dass die EU-Kommission nun einige unserer Erwägungen im Rechtsstaatlichkeitsbericht 2021 aufgegriffen hat, verleiht diesen Forderungen noch mehr Gewicht", betont DAV-Hauptgeschäftsführerin Dr. Sylvia Ruge.
So nimmt die Kommission etwa die Kritik des DAV an der von der Bundesregierung geplanten Abschaffung der Weisungsbefugnis für die Staatsanwaltschaft in Fällen des europäischen Haftbefehls auf. Gerügt wird auch die zunehmende Verkürzung der Dauer von Gesetzgebungsverfahren, die zwangsläufig zu unrealistisch kurzen Fristen für Stellungnahmen von Drittbeteiligten führt: Interessenvertreter und Verbände werden dadurch in der Möglichkeit einer Teilnahme an Gesetzvorhaben beschränkt - im Rahmen eines demokratischen Gesetzgebungsprozesses ist dies jedoch unabdingbar.
Der nun zweite jährliche Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission ist Teil des sogenannten EU-Rechtsstaatlichkeitsmechanismus. Dieser soll einen Dialog auf nationaler und europäischer Ebene zu grundlegenden demokratischen Werten ermöglichen. Der Bericht stellt die Grundlage für diese Diskussionen dar und liefert eine Einschätzung der Lage der Rechtsstaatlichkeit in den einzelnen Mitgliedstaaten. Hierfür liefern die Mitgliedstaaten Informationen zu mehreren Indikatoren, die eine Bewertung der Rechtsstaatlichkeit ermöglichen. In den Bericht fließen überdies Konsultationen verschiedener Interessenvertreter und das jährliche EU-Justizbarometer ein.
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